Chapter 125

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(Bild: Alec und Sela)

James Potter P.o.V.:

Wieso vertraue ich ihr? Ich weiß, dass sie mir vorhin nicht die Wahrheit gesagt hat, dass sie sich komisch verhalten hat - und trotzdem bin ich mir vollkommen sicher, dass ich ihr mein Leben und das von meiner Familie anvertrauen kann. 
Es gab nie auch nur einen klitzekleinen Anlass, ihr zu vertrauen. Sie ist Sels Freundin seit ich sie kenne, und ich kennt sie seit Jahren. Sieben Stunden länger als ich Hogwarts kenne.
Doch mein schon seit Anfang an bestehendes Vertrauen ist mir schleierhaft. 

Heute ist viel passiert; beinahe schon zu viel als gut für unsere zerbrechliche Freundschaft wäre. Da ist ihr eigentümliches Verhalten verständlich. 
Aber sie hat mich angelogen. Direkt ins Gesicht. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und ich vermute, dass sie weiß, dass ich es weiß.
Dennoch hat sie sich nicht erklärt.

Jetzt liegt sie ihn meinem Bett und ich bin so feige, dass ich mich im Badezimmer verstecken muss. 
Ich hatte ihr vor einer Stunde versprochen, sie nicht aus Mitleid bei mir schlafen zu lassen. Als ich mich im Spiegel ansehe, und den eisigen Wassertropfen dabei zusehen, wie sie über meine Haut rinnen und auf dem weißen Keramikwaschbecken aufschlagen, weiß ich, dass ich ebenfalls ein Lügner bin.

Ich greife nach meinem Handtuch und wische die Wassertropfen ab, die ich mir eben noch selbst ins Gesicht gespritzt habe. 
Lily wird morgen auf die Beerdigung ihrer Eltern gehen. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, sie zur Rede zu stellen.

Im ersten Moment scheint Lily schon zu schlafen, als ich mein Zimmer betrete. Erst als ich die Decke anhebe und mich in einiger Entfernung neben sie lege, dreht sie sich auf die andere Seite, sodass wir uns gegenüberliegen und uns anschauen können. 
Sie sagt kein Wort. Ich auch nicht. 
Eine Schwere schwebt zwischen uns. Unausgesprochen, aber greifbar.

"Ich kann das morgen nicht.", flüstert Lily kaum hörbar. "Ich kann keine Blumen auf ihre-", sie schnappt nach Luft und es kostet sie einiges an Überwindung, weiterzusprechen, "-Särge werfen. Ich schaff das nicht.", ihre Stimme ist nur ein schwaches Abbild von der, die ich kenne. 
"Ich wünschte, du müsstest da nicht durch, Lily. Ich wünschte, dir würde das alles erspart bleiben.", flüstere ich zurück. "Aber ich weiß auch, dass du das schaffst." Ich rücke etwas näher, doch noch immer ist ein deutlicher Abstand zwischen uns. "Jetzt mag es sich vielleicht unmöglich anfühlen, aber du wirst das überstehen, Lily. Du bist stark."
Ich lasse meine Worte wirken, ehe ich fortfahre:"Ich werde dich morgen begleiten und dafür sorgen, dass du dich auf deine Weise verabschieden kannst. Wenn du weinen willst, werde ich dich halten, wenn du weg von dort willst, bring ich dich dorthin, wo auch immer du hin willst, wenn du schreien willst, bring ich dich auf irgendeinen Berg und schrei mit dir die Welt an."

"Versprichst du mir was?"
"Klar.", raune ich zurück.
"Sei nicht wütend auf meine Schwester. Sie ist nicht ... böse, sondern nur traurig."
"Versprochen."
"Danke. Für alles."
"Immer, Lady Lily." Ihre Mundwinkel heben sich leicht. Im nächsten Moment hat sie die restliche Distanz zwischen uns überwunden und ich ziehe sie in meine Arme. 
Ich atme tief den Geruch ihres Haares ein. Ich weiß gar nicht, wie ich nach den letzten Tagen ohne sie schlafen soll, sollte sie morgen wirklich bei ihrer Schwester bleiben.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist der Platz neben mir leer. Das einzige Geräusch im Raum ist flacher Atem aus Richtung des Spiegels, der neben meiner Kommode an der Wand hängt. 
Durch verschleierte, müde Augen erkenne ich Lily davorstehen, die sich dutzende von Haarspangen in ihre hochgebundenen Haare steckt. 
Sie scheint schon eine Weile wach zu sein. Neben den frisch gewaschenen Haaren verrät auch ihr dezent geschminktes Gesicht, dass sie nicht viel Schlaf abbekommen hat. 
Obwohl sie hübsch aussieht, ist mir klar, dass sie hauptsächlich ihre blasse Haut und Augenringe überschminkt hat. Ihr Gesichtsausdruck und ihre leeren Augen verraten sie. 
Die Hochsteckfrisur passt nicht wirklich zu ihr. Vielleicht zu der braven Lily, die sie der Welt zeigt. Doch der echten, die, die Streiche mitmacht und insgeheim auf Verbotenes steht, der steht eher offenes feuerrotes Haar, das nicht mit Klammern zurechtgesteckt wurde.

𝐁𝐥𝐚𝐜𝐤 𝐓𝐰𝐢𝐧𝐬 (ʰᵃʳʳʸ ᵖᵒᵗᵗᵉʳ/ʳᵘᵐᵗʳᵉⁱᵇᵉʳ ᶠᶠ)Where stories live. Discover now