Chapter 115

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(Bild: Lily)

James Potter P.o.V.:

Erst denke ich, es sind die Sonnenstrahlen, die durch mein Fenster scheinen und mich an der Schulter und am Hals kitzeln. Als ich allerdings im schwachen Licht der Morgendämmerung die Augen öffne, erblicke ich jemanden mit ausgebreitetem langem rotem Haar vor mir, den ich absolut nicht in meinem Bett erwartet hätte. Oder in meinen Armen. Oder nur in Marlborough. Lily Evans liegt, das Gesicht mir zugewandt und mit chaotischem rotem Haar, in meinem Bett, tief schlafend und mit so friedlichen Gesichtszügen, dass ich mich frage, ob ich mir die gestrige Nacht nur eingebildet habe. Doch dann wandert mein Blick von ihren geschlossen Augenliedern zu ihren Wangen, auf denen über den Sommersprossen ganz leicht getrocknete Tränenspuren zu sehen sind. Keine Einbildung.
Ich hebe den Arm, der um ihre Taille lag, und streiche Lily die Haarsträhne, die sie auch gestern schon genervt hat, aus den Augen. Sie bewegt sich im Schlaf - Ich halte die Luft an - sie legt eine Hand schräg über ihrem Kopf ab, nur knapp neben meiner. Einen Zentimeter weiter und sie hätten sich berührt.
Ihr blumiger Duft hat sich in meinem Zimmer ausgebreitet und nimmt mein ganzes Bewusstsein ein. Ohne dass ich es tatsächlich wahrnehme, habe ich die Hand gehoben, um sie an Lilys Wange zu legen. Sanft streiche ich an der Stelle entlang, über die noch vor wenigen Stunden Tränen geflossen sind.
Ihre Lider zucken, bevor sie sie zögerlich aufschlägt. Einen Moment lang erwidert sie meinen Blick, genauso verschlafen wie ich mich fühle. Noch immer die Ruhe selbst. Dann weiten sich ihre Augen und sie setzt sich ruckartig auf. Meine Hand fällt von ihrer Wange.

Lilys große emeraldgrüne Augen blicken entsetzt auf mich herab. Die Bettdecke ist zur Hälfte von ihr gerutscht und wenn ich den Blick senken würde - das ist mir aus unerfindlichen Gründen sonnenklar - könnte ich in meiner derzeitigen Position ihre Oberschenkel sehen, die unter ihrem verrutschten Sommerkleid hervorlugen.
Ich weiß nicht wieso, aber ich bin mir sicher, dass ich jetzt besser verschlafen und auch ein Stück weit verletzlich bleibe, anstatt mich zu einem Spruch aufzuraffen und den Coolen zu spielen.
Also schließe ich die Augenlider und sage:"Ich hoffe, ich hab nicht geschnarcht. Oder im Schlaf geredet. Mir wurde gesagt, dass ich das manchmal tue."
Einen Moment lang ist Lilys Atem das Einzige, das ich höre. Dann ein Rascheln, als sie sich zögerlich wieder neben mich legt. Ich spähe vorsichtig zu ihr hinüber. Ein Arm ist unter ihrem Kopf angewinkelt, den anderen sieht sie etwas ratlos an. Schließlich ordnet sie damit ihr Haar und fasst es locker zusammen.
"Ich höre soetwas nicht.", meint sie mit heiserer Morgenstimme. "Dafür schlafe ich zu tief."
Sie sieht zur Bettdecke, die nur noch unsere Beine zudeckt. Doch anstatt sie wieder hochzuziehen, zieht sie die Schultern hoch, als wäre ihr kalt.
Dass ich das noch einmal erlebe. Lily Evans kann schüchtern sein.
Mit einer langsamen Bewegung, die von Lily ganz genau beobachtet wird, greife ich nach der Decke und ziehe sie bis zu Lily Kinn.

Für einen Sekundenbruchteil sieht Lily zu mir, mit verlegenen, roten Wangen, dann wendet sie rasch den Blick wieder ab. Plötzlich runzelt sie die Stirn und zieht ein Buch hinter sich hervor. Es ist das Märchenbuch, aus dem ich ihr die halbe Nacht vorgelesen habe.
"Wie viele Märchen hast du gelesen?"
"Sieben.", antworte ich nachdem ich mich an all die Titel erinnert habe. "Dann sind mir die Augen zugefallen."
Jetzt sieht Lily doch wieder zu mir. Sie lächelt leicht. "Danke, James."
Ich hebe ebenfalls meine Mundwinkel. "Kein Ding. Tut mir Leid, dass ich nicht auf dem Sofa geschlafen habe wie versprochen."
Lily zuckt die Schultern. "Schon gut. Es ist immerhin dein Bett. Und ich bin die, die unangemeldet hier aufgetaucht ist. Total ramponiert und unzurechnungsfähig" Je wacher sie ist, desto gesprächiger wird sie. Doch mit zunehmender Wachheit nehmen auch ihre Erinnerungen zu. Die Traurigkeit ist in ihr ganzes Auftreten zurückgekehrt. Ihre Augen scheinen den hellen Funken verloren zu haben, den ich immer bewundert habe. Ihre Schultern sind wieder eingesunken und die freie Hand presst sie an sich.
"Hast du es noch nicht mitbekommen? Das ist das Auffanghaus für verletzte und auch traurige Hexen und Zauberer.", sage ich sanft und entlocke damit Lily sogar ein schiefes Lächeln. Dadurch mutig geworden lege ich die Hand, die über Nacht um ihre Taille lag, zwischen uns.
Sie bewegt ihre Beine und verlagert ihr Gewicht. Im nächsten Moment hat sie sich auf den Rücken gedreht und schaut hoch zu dem Sternenhimmel, der über mein Bett gespannt ist und der mir plötzlich peinlich ist.
Für den Moment betrachte ich ihr Profil von der Seite, dann drehe ich mich und sehe ebenfalls nach oben.

𝐁𝐥𝐚𝐜𝐤 𝐓𝐰𝐢𝐧𝐬 (ʰᵃʳʳʸ ᵖᵒᵗᵗᵉʳ/ʳᵘᵐᵗʳᵉⁱᵇᵉʳ ᶠᶠ)Where stories live. Discover now