Kapitel 39: Gefühlschaos

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Es verging nicht einmal eine weitere Woche, als meine Sachen nach Sirius gebracht wurden. Ich konnte mich an Sirius kaum noch erinnern. An das Schloss schon, aber an die Menschen und die Städter, fehlte mir jegliche Erinnerung.

„Ich hoffe du hast fertig gepackt.", fragt mich meine Mutter mit einem Lächeln. „Immerhin musst du noch vieles nach holen.", fügt sie hinzu und schaut in meine Schränke durch, ob nicht doch etwas vergessen wurde. Viel zu packen, gab es nicht, wenn ich es noch nicht einmal geschafft hatte auszupacken. „Aber die Erde wird trotz meines Geburtsortes immer meine Heimat bleiben", kommt es mit einem Seufzer von mir.

„Fiona, irgendwann wirst du eine Königin sein und mit diesem Ort nur noch Erinnerungen verbinden. Vertrau mir. Dein Vater hat dasselbe durchlebt.", versucht sie mich zu vertrösten. „Was meinst du damit?", hinterfrage ich es. „Dein Vater ist auf der Erde geboren und aufgewachsen. Bevor ich ihn traf, war er ein gewöhnlicher Bürger auf der Erde.", erklärte sie mir mit einem verliebten lächeln. Die Liebe, die die beiden zueinander empfanden, konnte ich mit keiner anderen vergleichen. Nie wurde mir von zwei Menschen eine solche Bindung vorgelebt. „Wie habt ihr euch dann bitte getroffen?", kommt es verwirrt von mir. „Meine Eltern haben mich auf eine Universität auf die Erde geschickt, als noch keiner der Gewöhnlichen Bürger von den verschiedenen Dimensionen wusste. Dein Vater wusste nicht, worauf er sich einließ, als er sich in mich verliebte.", kommt es mit einem unschuldigen Lächeln von ihr.
Ich dachte kurz darüber nach und verstand meine Situation jetzt erst richtig. Sie zieht mich zu der Couch und wir setzten uns hin. „Wieso durftest du aus Liebe heiraten, aber mich hab ihr schon klein auf jemanden versprochen?" Sie schaut mich schuldig an. „Zu meiner Zeit war es nicht nötig aus Politischen Gründen zu heiraten. Erst nach eurer Geburt hat es sich so ergeben.", erklärt sie. „Willst du mir erzählen, wie es dazu kam, dass du mit ihm den Ball eröffnet hast?", fügt sie mit einem Lächeln hinzu. Ich seufze und lege mich auf dem Sofa zurück. „Mein Adoptiv Vater war die Leibwache des Königs, bevor er vor drei Jahren verstarb.", beginne ich ihr die Geschichte zu erzählen, wie alles mit James begann. Sie hörte mir aufmerksam und neugierig zu. Ohne irgendwas zu hinterfragen oder zu urteilen. Dieses Gefühl von Wärme hatte ich schon lange Zeit nicht mehr verspürt.

„Könntest du ihn an deiner Seite vorstellen.", ist die einzige Frage, die sie mir nach meiner Erzählung stellt. Ich zögere mit der Antwort, denn ich habe auf diese Frage noch keine. „Aber fühl dich jetzt nicht aus politischen Gründen gezwungen zu heiraten. Niemand braucht eine unglückliche Königin auf dem Thron.", fügt sie hinzu, ich stehe auf und fange an im Kreis zu laufen.

„Ich hatte von Anfang an versucht nichts in ihm zu sehen. Im Endeffekt hatten wir uns doch gegenseitig verletzt und jetzt auf einmal haben wir eine zweite Chance bekommen.", murmle ich vor mich hin. „Und trotz allem, jedes Mal, wenn ich ihn sehe oder mit ihm Rede beginnt kann ich nicht anders als zu lächeln. Es macht mich so glücklich, dass es mich schon fast fertig macht.", und nachdem ich das gesagt habe, wurde mir alles klar.
„Ich glaube ich kann ihn wieder lieben."
Mama kommt auf mich zu und schaut mich bloß an. „Ihr beide kennt euch nicht mehr, so wie ihr es vor drei Jahren tat. Aber ihr könnt euch wieder aufs Neue kennenlernen. Auf eine andere Art, mit vielleicht sogar etwas mehr Hoffnung."

Ich wusste nicht, wann ich James das nächste Mal sehen werde, also riss ich mich zusammen und wollte mich zumindest vor meine Abreise bei ihm verabschieden. Auf dem Weg zu den Gemächern treffe ich Iris an. Ihr Blick ist noch ernster als sonst. Sie schaut müde und kaputt aus, so als hätte sie seit Tagen kein Auge zu bekommen. Auch ihre Haltung schien anders als sonst. Sie sah sich durchgehend um und schien mir fast paranoid. „Du hast damit ein Fehler gemacht Prinzessin.", höre ich sie sagen, als sie an mir vorbeigelaufen war. Als ich mich umdrehe steht sie da und schaut mich an. „Dein Vater wusste was er tat, als er sich vor den König warf. Du hingegen bist ahnungslos, wem du dich eigentlich zum Fraß hinwirfst.", fügt sie hinzu. Angst stieg in mir auf. Ich konnte nicht verstehen, was in sie gefahren ist. Wieso sie sowas sagte, geschweige denn, was sie meinte. „Kehr zurück nach Hause, aber wunder dich nicht, wenn dieses dir nicht erhalten bleibt." Mein Herz begann zu rasen. Ich ging auf sie zu und wollte sie am Arm packen, doch sie war wie in Luft aufgelöst. Meine Hand griff durch Luft. Sie war weg. Ich ging einige Schritte langsam zurück, bis ich anfing zu rennen. Überstürzt klopfte ich an James Gemächern und stürze rein. Doch bereute es direkt. Ich hatte mich noch vom vorherigen Schock nicht beruhigt, und bekam zu Gesicht, wie er und Hina sich küssten. Ich schlug die Tür wieder direkt zu und
blieb ein kurzen Moment stehen, um wieder Luft zu bekommen. Keine Sekunde darauf bemerkte ich erst, dass die Wachen fehlten. Sollte ich jemanden warnen? Hatte ich es mir eingebildet? Ich wusste nicht, was ich tun konnte. Als er nicht rauskam, gab ich es auf. Er folgte mir nicht.

Ich versuchte wirklich mich wirklich zusammen zu reißen, doch trotzdem liefen mir die Tränen die Wange weiter runter. Vor Sekunden war alles noch in Ordnung. Ich hatte Mama bei mir. War auf dem Weg zurück nach Hause kehren. Ich war mir sicher, dass das mit James was werden konnte. Doch alles zerbrach unter meinen Füßen. Ich verließ das Schloss und stand draußen im Garten. Es regnete in Strömen, Donner war zu hören und Blitze zu sehen. Und ich, ich schaute einfach nur nach oben und weinte. Es war einfach der Moment, in dem mir alles zu viel wurde. An dem ich wieder nicht wusste was aus mir wird. Was aus den Menschen um mich rum wird.

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