Kapitel 21: "F"

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Doch auch nach dieser Geschichte muss das Leben weiter gehen. Der Alltag war der gleiche wie immer, als wäre nie was gewesen. Wir taten so als wäre alles beim Alten, er kam mich hin und wieder besuchen, um sich vor seinen Eltern zu verstecken und die restliche Zeit verbrachte er damit, Papier Kram zu erledigen. Auch wenn ich nie verstehen konnte, wie er sein Land so wenig kennen konnte und sich doch mit der Politik auseinandersetzten musste. Auch wurde das Thema mit Karlos totgeschwiegen. Weder verloren ich oder James ein Wort über ihn, noch kam vom König etwas über das Thema. Es schien ebbend wirklich so, als wären wir nie weg gewesen. Doch der Gedanke, dass Karlos nun hier im Schloss ist, ließ mich die ersten Nächte nicht schlafen.

Für mich wurde es aber langsam Zeit meine Bewerbungen an einige Universitäten zu schicken. Ich hatte mich für den Studiengang in Medizin beworben. Meine Noten würden für ein gewöhnliches Studium reichen, aber da ich mir dann noch eine Wohnung leisten müsste, würde ich es ohne ein Stipendium nicht schaffen über die Runden zu kommen. Ich hatte mich dazu entschieden mich einfach für so viele Studiengänge wie möglich zu bewerben und wenn dies nicht reichen sollte, würde ich es nächstes Jahr nochmal versuchen. Nachdem ich die Bewerbungen fertig hatte, legte ich den Laptop bei Seite und mir stich aus dem nichts das Päckchen von Papa wieder ins Auge. Ich hatte es immer noch nicht geöffnet.

Wie lange will ich mich noch davor drücken? Ich schnappte es mir und öffnete es, ohne noch lang drüber nachzudenken und es mir auszureden. Als ich es öffnete, war bloß eine Kette drin. Und das habe ich jetzt so lange rausgezögert? Eine Gewöhnliche Kette mit einem Stein in der Mitte drin, aber als ich mir diesen genauer anschaue sehe ich den Stein den Buchstaben 'F' an der Mitte eingraviert. Auch ein Zettel liegt in dem Päckchen darin den ich, ohne noch lange zu zögern öffne. „Dein Schicksal liegt nicht hier. Find raus, wer du bist und wer deine Eltern sind."
Mein ganzer Körper wurde von einem komischen Gefühl überströmt. Ich fühlte mich unwohl, etwas in mir wollte nicht auf das Geschriebene hören. Es war nicht Papas Schrift, was mich noch stutziger machte. Ein Klopfen an der Tür ließ mich aufschrecken. Ich packte alles wieder schnell in den Karton, als jemand ohne meine Erlaubnis reinkam. „Hast du aus der ganzen Sache nicht gelernt die Tür abzuschließen?", hörte ich eine Stimme sagen, Gänsehaut machte sich auf meinem ganzen Körper breit und mein Herz fing schneller an zu schlagen. Als ich dann im nächsten Moment jedoch das Gesicht desjenigen sah, war ich schnell wieder beruhigt. Es war nur James „Du bist es nur.", kam es erleichtert von mir.
„Alles gut?", fragte er als er mein Gesicht sah. „Du siehst besorgt aus.", fügt er hinzu. Ohne etwas weiter zu erklären, holte ich die Kette und den Brief raus und drücke es ihm in die Hand. „Das ist nicht die Handschrift meines Vaters.", erläuterte ich, als er sich den Brief ansah.
„Wer hat dir das gegeben?", kommt es irritiert von ihm. „Ich habe das von einer ehemaligen Schülerin meines Vaters. Vielleicht kennst du sie, ihr Name ist Iris. Sie meinte, Papa hätte es ihr gegeben, für den Fall, dass er verstirbt." Er nickt, sagt jedoch nichts weiter und überlegt. „Ich würde vielleicht nochmal hinterfragen, ob es denn wirklich von deinem Vater kommt. Momentan kann man niemanden im Schloss vertrauen." Sein Blick war auf die Kette fokussiert. „Aber die Kette kommt mir bekannt vor.", nuschelt er leise vor sich hin, so, dass ich es gerade noch so verstehe. „Was hältst du davon, dass wir wirklich mal versuchen herauszufinden, wer deine Eltern sind?", schlägt mir James vor, bekommt von mir jedoch ein Kopfschütteln als Antwort. „Ich habe nicht einmal eine richtige Geburtsurkunde. Das Waisenhaus, aus dem ich komme, hat nicht wirklich irgendwelche Informationen zu meiner Herkunft. Ich wurde einfach bloß vor deren Tür wie ein verlorenes Kätzchen rausgesetzt.", erkläre ich ihm und lege mich mit dem Blick nach oben gerichtet auf dem Boden hin. Er seufzt. „Wie alt warst du?", auch auf die Frage bekommt er keine richtige Antwort. „Sie gingen von etwa drei vier Jahren aus. Ich mein es ernst, herauszufinden woher ich komme, ist sinnlos. Mein Vater hat es schon versucht.", erklärte ich ihm und er hörte auf weiter nachzufragen.

„Ich habe mich an Universitäten eingeschrieben.", wechselte ich das Thema und James wurde direkt hellhörig.

„Du lässt mich hier allein?", fragte er etwas überrascht. Ich hatte vermutlich nie mit ihm drüber gesprochen, dass ich vor habe einen anderen Beruf nachzugehen.

„Ja, ich will nicht weiter mein Leben für jemanden riskieren, so wie es Papa tat. Ich will etwas Studieren, etwas anderes finden was ich so gut kann, wie das hier. Zumindest, wenn ich ein Stipendium bekomme.", erklärte ich ihm. Sein Blick war deprimiert und doch zufrieden zu gleich. Er konnte meine Entscheidung verstehen, dass konnte ich ihm ansehen. Aber mir war klar, dass er mich vermissen wird. Nach Paris hatte ich viel darüber nachgedacht, was er mir gesagt hat und wir beide wussten, dass sobald ich aus dem Schloss raus bin, wir uns womöglich nicht mehr sehen können. Auch mir fiel es zu dem Zeitpunkt schwer diese Entscheidung zu treffen, doch hier musste ich ebbend nur an mich und meine Zukunft denken. Und James sah ich nicht in dieser.

„Steht dein Entschluss endgültig fest?", hinterfragte er nochmal, was ich ihm mit einem Nicken bestätigte. Er atmete tief aus und legt sich auf der Couch so hin, dass er bloß auf die Decke schaute. „Wenn du dich endgültig entschieden hast, geh mit mir aus." Ich setzte mich direkt wieder hoch und sah zu ihm. Mein irritierter Blick hätte Antwort genug sein können, doch er ließ nicht nach.
„Wenn wir uns, nachdem du gehst, nicht mehr sehen sollten, möchte ich zumindest, dass du dich an mich erinnerst.", erklärt er, auch wenn ihm genau klar sein sollte, dass ich ihn niemals vergessen würde. Sogar wenn ich es wollen würde. Er ist immerhin der Kronprinz und der Junge, der sich in mich verliebt hatte. Wie könnte ich ihn vergessen?
„James du weißt doch selbst, wie sinnlos es wäre, wenn wir miteinander ausgehen würden. Deine Zukunft in Stein gemeißelt und weder dir noch mir würde es guttun." Er setzte sich auf und sah zu mir. „Meine Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt. Ich bin immer noch selbst dafür verantwortlich, welcher Mensch ich in fünf Jahren bin, wen ich Liebe und für wen ich Kämpfe. Das betrifft auch dich."

„James, dann lieb doch bitte wen anders und nicht mich.", bitte ich ihn mit einer ruhigen Stimme, die er gerade so noch hören kann. Er schweigt, sieht mich enttäuscht an. Und dann lächelt er doch.

„Wenn du dich dazu entscheidest mich nicht zu lieben, begleite mich doch bloß ein letzten Abend Maddyson. Ein letzter Abend mit dir und mir. Danach werde ich dich nie wieder um so etwas bitte. Helf mir damit abzuschließen, um mehr bitte ich dich nicht.", war seine letzte Bitte, die er hatte. Doch ich zögerte. Was ist, wenn ich das Stipendium doch bekomme? Dann war es nicht das Ende unserer Geschichte. Was wenn es erst der Anfang ist? Ich hatte Angst davor, dass das alles dazu führt, dass ich Gefühle für ihn entwickelte. Angst davor, doch mein Leben für ihn zu vernachlässigen. Ich liebte seine Nähe, die Wärme, die er mit sich brachte. Aber ich hatte Angst, dass das mehr wird. Angst ihn zu verletzen, auch wenn das nun schon zu spät war.

Er sah mich an, doch ich konnte ihm keine Antwort geben, weil ich keine hatte. „Wenn ich mein Stipendium bekomme, werde ich mich drauf einlassen.", entschloss ich mich am Ende. Ich würde es nicht wirklich als ein Date oder eine Verabredung sehen, sondern eher als ein Abschied. Ich hatte die Hoffnung, dass das mir vielleicht leichter fallen würde.

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