Oben in den Boonies (3)

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Zusammen mit der zerknautschten Jacke und dem Rucksackriemen, der so positioniert war, dass er Ärmel, Haar und Shirt in jeweils drei verschiedene Richtungen zu zerren drohte, sah Ace aus, als hätte er sein Leben nicht im geringsten unter Kontrolle... aber auch niedlich, irgendwie. Und wenn das sein komisches Online-Date nicht erkannte, würde es ein anderer Kerl sehen. Überhaupt war sie sich sicher, dass Ace, sobald er erstmal Kalispell und dessen eingeschränkten Angebot an homosexuellen Kerlen entkommen war, rasch genug jemanden finden würde, der ihn wirklich zu schätzen wusste. Wenn er nur ein wenig aus sich herauskommen würde...


Nach der ersten ‚Wir sind noch unterwegs, alles ist gut, und wir werden sicherlich planmäßig eintreffen'-SMS begann die Stille an ihren Nerven zu zerren. Katherine zerbrach sich den Kopf über Gesprächsthemen, die keine versteckten Fallen borgen. Sie überlegte noch, ob sie Ace wohl für Improvisationstheater begeistern konnte, als seine Stimme zu ihr klang. "Andere Frage ...Hast du was dagegen, wenn ich mal ganz kurz ins Unterholz verschwinde?"

"Hm?" Es brauchte einen Moment, bis Katherine klar wurde, was er meinte. "Ja- eh, ich meine, nein. Natürlich. Geh ruhig, ich warte solange." Sie drehte sich demonstrativ zur Seite, lauschte dem Rascheln und den Schritten, die sich entfernten, summte in ihrem Kopf ihr aktuelles Lieblingslied der Londoner Indieband, die sie auf Youtube gefunden hatte, und versuchte sich zu erzählen, dass das Blätterrauschen um sie herum ihr keine Angst machen musste.

"GAhhhh!" Mitten in Insektenzirpen, Summen und Geraschel hinein tönte ein Schrei. Ihr Herz setzte aus. "Fuck!" Das klang verletzt. Katherine fuhr herum und wollte schon in den Wald stürmen, als ihr klar wurde, dass sie Ace von hier aus nicht sehen konnte. Kurz wog sie ab, dann ließ sie ihren Rucksack von den Schultern gleiten und stellte ihn ab. Knallgelb auf plattgetretenem Weg, das würden sie nicht übersehen, wenn sie umherirrten. Im nächsten Moment hastete sie los.

"Ace? Ace, wo steckst du?" Einen Moment lang hatte sie die Befürchtung, dass ihre Rufe ungehört bleiben würden, bis ein "Hier drüben!" erklang. Hastig stolperte sie in die Richtung der Stimme, und ihr Herz klopfte erleichtert, als sie den silbernen Schopf zwischen ein paar Bäumen aufblitzen sah. Glücklicherweise saßen alle Kleidungsstücke an Ace, wo sie hingehörten, aber sein Gesicht war verzerrt, und sein Bein stand in unbequemen Winkel ab. Als sie näherjoggte, sah sie, dass sein linker Fuß sich irgendwo verfangen zu haben schien.

Bei ihm angekommen, ließ sie sich auf die Knie sinken und beobachtete nervös, wie der Junge versuchte, sein Bein durch eine Wurzel zu drücken, die sich zwischen dem dünneren Geflecht im Erdboden verborgen hatte. Ace sah nicht einmal zu ihr, sondern hatte seinen Fuß mit beiden Händen umgriffen und versuchte ihn mit Gegendruck wieder aus dem Wurzelgeflecht zu schieben. Als sie sein angestrengtes Zischen hörte, sah Katherine erschrocken auf. „Tut es weh?" Das letzte, was sie gebrauchen konnten, war, sich den Rest des Weges mit einer Fußverletzung entlangschleppen zu müssen.

„Geht schon." Ace holte noch einmal Luft. Als er sie ausstieß, machte er sich daran, seinen Fuß mit kräftigerem Ruck in die Höhe zu zerren. Katherine hörte Schaben und Reißen und betete, dass es nur die Wurzeln waren. Sobald der Fuß draußen war, ließ er sich nach hinten fallen. Sein Atem flog in hastigen Zügen, aber die Haut schien unter dem Dreck unversehrt.

„Glaubst du, es ist was Ernstes?", erkundigte sie sich sanft und zückte ihr Handy, für den Fall, dass sie doch noch gleich Hilfe anfragen musste.

„Warte..." Ace schloss die Augen noch einmal. Dann setzte er sich auf und stellte seinen Fuß zaghaft ab. Im ersten Moment wollte sich sein Gesicht verkrampfen, doch kurz darauf hatte sich sein Ausdruck gemäßigt. „Wird schon gehen, glaube ich." Katherine atmete befreit aus. Sie war sich ehrlich nicht im Klaren darüber, wie sie den Jungen sonst rechtzeitig zum nächsten Sammelpunkt hätte bekommen sollen. Beide nutzten die Pause zum Luftholen, dann erhob sie sich und half Ace beim Aufstehen. Das letzte, was sie wollte, war, länger als nötig im Wald zu verweilen.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now