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So unauffällig wie möglich reihte sich Ace bei den ausströmenden Schülern ein, während er gemischten Gefühlen nachhing. Das Pfeifen einmal beiseite, war inzwischen eine Viertelstunde Schuljahr vergangen, und noch immer hatte ihn keiner Loser, Fickfresse oder Spast genannt und gefragt, ob er sich denn bald mal umbringen würde. Sollte es so weitergehen, könnte Ace tatsächlich mit seinem Schulalltag leben.

Er bewegte sich durch das Getümmel in den zweiten Stock, in dem er laut Plan Literatur haben sollte. Ace beschloss das als sein zweites gutes Omen für dieses Schuljahr zu betrachten. Literatur gehörte mit Abstand zu seinen Lieblingsfächern.

Vielleicht würde ja diesmal wirklich alles besser werden. Hatten ihn nicht unzählige Highschool-Filme gelehrt, dass ein bisschen Sommerpause genügte, um die ganze Welt weniger fremd und feindselig erscheinen zu lassen? Vielleicht hatte Ace sich ja wirklich irgendwo geändert, und es noch nicht einmal gemerkt, oder der Rest seiner Mitschüler hatte entschlossen, dass sie irgendwann zu alt für diesen Dreck wurden. Neues Jahr, neues Ich und so.

 Dann öffnete er die Tür und wäre am liebsten wieder umgekehrt.

„Hä? Also, nee das war jetzt höchstens freundschaftliche Neckerei. So rede ich immer mit meinen allerbesten Freunden Hosenpisser, The Waddling Death und..." Sean schnippte mit den Fingern, die Stirn in breite Falten gelegt. Im nächsten Moment richteten sich seine Augen auf Ace, aber bevor er etwas sagen konnte, ergänzte der dunkelhaarige Kerl neben ihm: „Fuckface?"

„Fuckface, genau! ...Acer, mein Junge, wie geht's?" Sean gröhlte, als wäre das die Spitze niveauvollen und gut konstruierten Humors, und Ace senkte den Blick. Er schluckte und versuchte, sich zusammenzureißen. Trotzdem hatte er das spontane Bedürfnis, vielleicht doch einfach auf ein halbes Jahr Literatur-Credits zu verzichten.

Die hintere Reihe war mit den zwei Leuten belegt, die es vor allen anderen liebten, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Eigentlich hatte er gehofft, er könnte solche Begegnungen dieses Jahr mit einem sorgfältig ausgesuchten Stundenplan umgehen. Soviel zu seiner Hoffnung. Zwischen ihnen stand Sean, der von einem zum anderen strahlte, als würde er darauf warten, dass ihm einer den Kopf tätschelte und ihm bestätigte, dass er ein braver Schoßhund sei, so verlässlich, wie er die Schüler biss, die eh keiner leiden konnte.

Rechts von ihm hockte Devon Bronwick, der eine schwarze Baseballjacke mit ihrem Schulemblem trug. Es gab Tage, an denen er in normalen Klamotten herumlief, aber sie waren selten. Immerhin wäre es doch auch schrecklich, würde man ihn nicht auf den ersten Blick als den bedeutsamen Quarterback erkennen, der er war.

Breitschultrig, muskulös und mit kurzgeschorenem blonden Haar wirkte Devon wie ein sehr konservativer Posterjunge für Amerikas vielversprechende Jugend. Zusätzlich sah er verglichen mit den meisten anderen Jungen an ihrer Schule auch noch verdammt gut aus, ohne die tumbe, stierhafte Note, die Ace mit vielen Gesichtern verband. Seine Augen waren dunkelgrün, tief und schienen wach zu leuchten, und der Eindruck so lange an, bis der Kerl den Mund aufmachte und über nichts anderes reden konnte als Sport, Fressen, Saufen, Ficken, Autos und Kleinstadtschulendrama. Selbst sein hundert-Watt-Lächeln konnte nicht retten, was er an Persönlichkeit missen ließ.

Links von Sean saß Nero in seinem Stuhl gefläzt und überragte die anderen beiden Jungen um einen halben Kopf. Letztes Jahr war Nero West noch ein aggressives, überhebliches, stämmiges Kraftbündel im Kleinformat gewesen, doch dann hatte ihn die Pubertät einholen können, und nun war er ein aggressives, überhebliches, sehniges Kraftbündel von nicht ganz zwei Metern. Er konnte – neben seinem Talent, sadistisches Arschloch zu sein - charmant lächeln. In Verbindung mit wuscheligen braunen Haaren, hohen Wangenknochen und dichten Brauen sorgte das für einen Gesamteindruck, der entschieden zu viele Mädchen dahinschmelzen und vergessen ließ, was für ein unglaublicher Scheißkerl er war. Was immer Neros Problem war, er ließ es nicht nur an Ace aus. Schon seit Middle-School-Tagen war er berüchtigt für eine kurze Zündschnur und gelegentliche Wutanfälle. Sein Blick schien Ace zu folgen und brannte geradezu auf seinem Hinterkopf, und Ace hatte das abschätzige Grinsen vor Augen, ohne hinsehen zu müssen.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now