Wie macht man dieses Flirten? (5)

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„Oh. Schaut mal." Keighley starrte trübe zur Zimmerdecke und schaffte es trotzdem zu klingen, als würde sie in komplettem Desinteresse Textzeilen von einem Blatt vorlesen. „Ist das nicht dieser neue Junge. Ich finde ihn... doof." Katherine, die gerade noch so tat, als würde sie am anderen Ende des ungefähr vier Quadratmeter großen Schulhofes in ihrem Ranzen wühlen, verdrehte die Augen. Es konnte doch nun wirklich nicht so schwer sein, zumindest einen Hauch Initiative zu zeigen! Besonders, wenn Keighley den Text eigentlich sehr gut improvisieren können sollte, so oft, wie sie Anya irgendwelche Lästereien nachschnatterte.

„Wen zur Hölle interessierts", brummte Devon neben ihr mit demselben Enthusiasmus und tippte auf seinem Handy. Katherine hoffte stark, dass er es gerade nur als Requisite nutzte.

„Sicher, dass das n' Kerl ist?", wusste Nero beizusteuern, der die linke Ecke ihres Halbkreises abschloss. „Ich will ja nichts sagen, aber der hat jetzt schon ziemlich gebärfreudige Hüften..."

„Ist das der Grund, warum du ihm so auf den Arsch schaust?" Katherine, der im selben Moment bewusst wurde, dass das hier nicht die Drama-AG war und dass ihren Klassenkameraden jeglicher Anstand von vornerein verlorenging, schnellte in die Höhe, zerrte noch einmal an ihrer Bluse herum und drehte sich mit verengten Augen um.

„Hey. Warum starrst du mich so an?", knurrte sie, während sie verzweifelt überlegte, wie man das Stück aufs Thema hinsteuern konnte. Als Perfektionistin, die es gewohnt war, sich normalerweise eine zehnseitige Hintergrundgeschichte zu jeder Rolle zu spinnen, fühlte sie sich von spontaner Improvisation immer überfordert... und noch mehr, wenn sie mit Leuten zusammenarbeiten musste, die gar nicht darauf aus waren, sie zu unterstützen. Nero zog den Mund zur Seite.

„Okay, die Seite ist weniger spannend. Eh, Neuer, kannste dich nochmal umdrehen?" Katherine, die dank ihrer Statur normalerweise die letzte war, die sich mit sexistischen Anmachen herumschlagen musste, fühlte sich überfordert. Sie wollte ihrer Empörung gerade Ausdruck verleihen, als Keighley beisteuerte: „Das klingt jetzt aber schon irgendwie schwul." Nero sog Luft durch die Zähne ein.

„Guter Einwand. Eh Neuer, kannst du dich nochmal umdrehen – no Homo?" Katherine hörte aufkommendes Gekicher unter den Zuschauern und zwang sich, es zu ignorieren. Stattdessen reckte sie das Kinn hoch und verschränkte die Arme.

„Habt ihr was gegen Schwule?"

„Nichts, was hilft." Nero, natürlich. Jetzt gluckste auch Devon neben ihm und ließ das Handy kurz sinken, von dem Katherine immer mehr überzeugt war, dass es keinesfalls nur Requisite war. Sie spürte sich dünnlippig lächeln.

„Oh klar, genau, lach ruhig. Mach deine ach so witzigen homophoben Kommentare. Ist dir klar, wie oft eine übertriebene Abneigung gegen Homosexuelle nur daher rührt, dass du selbst nicht ganz hetero bist?!" Eigentlich war das eine Anmerkung, die sie sich schon länger mal für Ethan zurechtgelegt hatte, aber Nero war ein genauso passender Adressat. Er verengte die Augen.

„Pass auf, was du sagst."

Katherine wollte beinahe schadenfroh grinsen, und das nicht nur, weil ihrem Charakter danach war. „Ach ja? Sonst was?"

Der Junge lehnte sich zurück und drückte eine imaginäre Zigarette auf dem Boden aus, erhob sich gemächlich und richtete sich vor Katherine auf. Das Lächeln, dass gerade noch so sicher auf ihren Mundwinkeln gesessen hatte, wollte nun plötzlich daran herabsacken. Nur mit Mühe konnte sie ihre Miene undurchschaubar halten. Okay, große Kerle waren gruselig, selbst in Theater-Kontexten. Sie glaubte, dass sie begann zu verstehen, wie sich Ace gegenüber diesem Riesenarschloch fühlen musste, und Neros Gesichtsausdruck trug nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now