Sommerspaß mit Freunden

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Ich hätte umziehen sollen. Ich hätte meine Eltern anbetteln sollen umzuziehen, gleich nach dem Schul-Sommercamp, gleich nach der ganzen Angelegenheit mit Zack, und mir wären all diese Jahre erspart geblieben. Eigentlich bin ich doch selbst Schuld an der Scheiße.

Ace zerrte fluchend an seinem Ärmel. Der Stoff seiner Jacke hatte sich an irgendwas verfangen – vielleicht ein Splitter, vielleicht ein loser Nagel, der aus dem breiten Fensterrahmen ragte - und weigerte sich jetzt nachzugeben.

Er hatte sich irgendwann aufgerappelt und war nun dabei, sich durch das verlassene Industriegebäude hin zum Dach zu schleichen. Viel andere Wahl blieb ihm nicht, denn wenn es irgendwo eine Feuerleiter gab, dann hatte er sie in seiner ersten Umrundung übersehen.

Grimmig biss er die Zähne aufeinander, versuchte seinen Körper auszubalancieren und sachte an seinem Ärmel zu rütteln, bis sich der Stoff ratschend vom Fensterrahmen löste. Ace seufzte in sich hinein, ehe er auch den zweiten Arm auf dem Metallgerüst abstützte, dass neben dem Fenster hing. Es kostete ihn mehr Zeit als Kraft, und noch ein wenig mehr Gefluche, aber schließlich hatte er es geschafft, den Rest seines Körpers hinaufzuzerren. Er richtete sich auf und wollte den Staub von seiner Kleidung klopfen, aber das schien ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen.

Oder hätte ich gar nicht erst ins Camp gehen sollen? Ich wollte da doch sowieso nicht hin. ‚Uhh, Ace, jetzt sei doch nicht so, da kommen Klassenkameraden von dir mit und du wirst dich freuen, die alle mal näher kennenlernen zu können..." Von wegen.

Und selbst wenn... selbst wenn sie ihn anfangs noch irgendwie akzeptierten, selbst wenn Hoffnung bestand, dass er sich in der Gruppe einfinden würde, hatte sich die Angelegenheit wahrscheinlich erledigt, als er mit Zack in eine Hütte gesteckt wurde.

Tatsächlich hatte ihm das im ersten Moment noch gefallen. Immerhin war Zack cool, nicht wahr? Sicher, er war nicht immer nett zu Ace, aber auch nicht wirklich fies. Und Ace, der ihn ein ganzes Schuljahr lang immer wieder mal verstohlen beim Training der Middle-School-Football-League beobachtet hatte, war sich sicher, dass Zack es eigentlich auch gar nicht so meinte.

Der Gedanke, Zack – und mit ihm alle coolen Jungs - näher kennenzulernen und vielleicht einmal von ihnen akzeptiert zu werden, war mehr als nur ein bisschen verlockend. Außerdem war Zack hübsch. Er sah unglaublich gut aus, auf eine Art und Weise, die sich sehr seltsam anfühlte für den damals dreizehnjährigen Ace, dem man eingeprägt hatte, dass Jungen eigentlich nur Mädchen hübsch finden sollten. Aber selbstverständlich fand er Mädchen auch viel, viel hübscher als Zack. Zumindest versuchte er verzweifelt, sich das einzureden. Seine Faszination für Zack rührte nur daher, dass er gerne sein würde wie er. Das und nichts anderes.

Verglichen mit Ace schien es Zack gar nicht zu gefallen, seine Hütte mit diesem komischen, unsportlichen Jungen mit Sommersprossen und ausbrechender Akne teilen zu müssen.

Als jemand, der eine Klasse hatte wiederholen müssen, war Zack mindestens ein Jahr älter als die meisten in seiner Gruppe, aber konnte dank der Klasseneinteilung auch nicht mit den ‚großen' Jungen rumhängen. Seine besten Freunde – unter anderem Devon – waren alle richtig verreist und wurden von ihren Eltern nicht zu Schulsommercamps gezwungen, und alles, was ihm blieb, war, sich mit Klassenkameraden zu arrangieren, deren Interessen noch weit kindlicher waren als die seinen. Sowas hätte doch jeden verärgert, nicht wahr?

Ace balancierte mit den Zehen auf der Metallumrandung des eisernen Geländers, während seine Fingerspitzen sich nach dem Henkel seiner Tasche streckten, die nicht weit von ihm auf dem Dach lag. Er grunzte unwillkürlich vor Anstrengung, bis er sie endlich zu fassen bekam und zu sich zerrte. Erleichterung blühte in ihm auf.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now