Ace ist grundsätzlich überfordert (1)

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AN: Eigentlich hättet ihr das schon viel früher bekommen sollen, aber WP weigerte sich, die Formatierung vom Word auf meinem Handy zu übernehmen. Musste leider warten, bis ich meinen Laptop wieder in den Händen hielt - das alles von Hand zu markieren war mir zuviel Arbeit :c



Ace saß zuhause und strich Tage in seinem Notizkalender durch.

Es war ein hübscher Notizkalender – einer von der Sorte, der kreativen Menschen sofort ins Auge fiel und unumstößliches Besitz-Bedürfnis weckte. Auf blauschwarzem Grund erstreckten sich in Kupfer eingestanzte Sternbilder über die Kalenderoberfläche, und Ace hatte seine Mutter damals angebettelt, ihn zu holen, nur um ihn zuhause auf seine Sammlung ähnlich hübscher Notizbücher zu werfen, wo er fortan unbeachtet vor sich hingammeln durfte.

Beim Aufräumen war er Ace zufällig wieder in die Hände gefallen. Aus einem Impuls heraus hatte er den Kalenderteil hinten aufgeschlagen und begonnen, die Wochen bis zum Para-Treffen farblich zu markieren. Inzwischen kreuzte er jeden einzelnen vergangenen Tag fleißig ab, als könnte das das Flattern in seinem Magen besänftigen. Am Ende der zweiwöchigen Spanne hatte er einen Zombie-Ace-Smiley mit darüber aufsteigenden Herzchen gemalt – Zombie, weil er immer noch nicht ganz überzeugt war, dass ihn die Anspannung bis dahin nicht doch umbringen würde - und je näher seine Kreuze an sein Zombie-Ich heranrückten, desto mehr lagen seine Nerven blank.

Dabei ist es doch noch mehr als eine Woche, schimpfte er mit seinem klopfendem Herzen und zog das Kreuz über Mittwoch noch einmal nach. Reg dich ab! Ist ja peinlich, was du hier veranstaltest. Er starrte Zombie-Ace an, der zurückgestarrt hätte, wenn seine Augen nicht tot wären, und blätterte schließlich seufzend wieder zurück zum Anfang des Büchleins. Halbfertige Skizzen sprangen ihm entgegen. Mit Zeichnen konnte er sich ein wenig ablenken, aber im Moment kam Ace nicht über ein halbes Motiv hinaus. Sobald er an einem Punkt war, an dem es um die Feinheiten ging und er seinen Kopf gebrauchen wollte, meldete der sich mit ‚Hey, hey, Ace, weißt du, was in zwei Wochen ist-?'... Unnötig zu sagen, dass das seiner Konzentration nicht weiterhalf.

Das wird so schiefgehen, jammerte der pessimistische Teil von ihm. Ace drückte ihn mit Gewalt beiseite. Nichts würde schiefgehen. Gar nichts. Para mochte ihn dafür, dass er war, wie er war, oder? Mit dem Gesicht würde er schon irgendwie klarkommen. Und dem Körper. Und all den Dingen, die damit einhergingen, dass sie reale, echte Menschen waren und nicht einfach Figuren in einem Spiel... Und die Tatsache, dass er bereits jetzt jedes Mal hyperventilieren wollte, wenn Para ihm nur als Pixelfigur zu nahe kam, war etwas, um das man drumherumarbeiten konnte, oder?

Es war noch nicht einmal ein nennenswertes Zu-nahe-kommen. Sie alberten höchstens mit ihren Figuren rum... aber nun waren sie an einem Punkt, an dem Ace nur spüren musste, wie Para hinter ihm auftauchte und ihm ganz beiläufig plaudernd die Arme auf den Schultern ablegte, und sein Herz setzte einen Moment aus. Außerdem konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Para ihn öfter berührte als sonst. Es waren jedes Mal nur kleine Momente – ein An-der-Hand-führen, wenn Ace energisch in die falsche Richtung laufen wollte, ein durchs-Haar-wuscheln, kurz bevor man ihn in die Richtung des nächsten anstrengenden Bossmonsters schubste, oder ein grinsender Engel, der Ace an seine Brust zerrte, ehe er mit seinem Charakter blind plaudernd in den nächsten Abgrund wanderte – und für die anderen Spieler waren sie vermutlich relativ unscheinbar, doch Ace starb jedes Mal ein kleines bisschen. Gleichzeitig würde er lieber hundertmal sterben, als zu riskieren, dass Para damit aufhörte.

Wenn es nach Ace ginge, dann würden sie schon jetzt Tag und Nacht aneinanderkleben. Er wollte Para so gerne umarmen, sich auf dem Schoß seines Lieblingsengels zusammenrollen, wenn sie wieder bis spät in die Nacht Unsinn redeten, und seine Hand am liebsten nie wieder loslassen, aber gleichzeitig war es für ihn schwer einzuschätzen, ob sowas überhaupt erlaubt war. Schließlich verhielt sich auch Para trotz allem noch zurückhaltend, da konnte Ace nicht einfach antanzen und ihm um den Hals fallen, oder? Und fragen war auch doof. Sag mal, kann ich dich eigentlich umarmen war doch keine ernstzunehmende Frage! Normale Leute wussten von selbst, ob sowas okay war, und holten sich nicht erst fünffach unterschriebene Erlaubnis ein, ehe sie sich anderen Menschen annäherten! Und Ace wollte wirklich, wirklich gerne den Eindruck erwecken, dass er wie normale andere Menschen war...

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now