Kapitel 2

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Taeyong Pov
Es dauerte nicht mehr als eine Minute, ehe Taeyong die atemlose Stimme des Fremden hörte und sich zu diesem umdrehte. Zwischen ihnen waren vielleicht acht oder neun Meter, doch auch aus der Entfernung konnte Taeyong sich ein gutes Bild des Fremden machen, der aussah, als würde er jeden Moment umkippen. Der junge Mann hatte wohl keiner Gruppierung Anschluss gefunden, lief also eher verloren und unbewaffnet von Ort zu Ort, um sich entweder zu verstecken oder zu flüchten. Er wirkte nicht wie ein Kämpfer, wie es Taeyong von der Miliz gewöhnt war. Auch schien es nicht, als hätte er reichlich Proviant oder ein bleibendes Versteck, in dem er stetig unterkommen könnte. Eher im Gegensatz; der Schwarzhaarige wirkte eher mager, trug dreckige Kleidung und war vom Rennen geschwitzt, als wäre er geradewegs ins Wasser gefallen.

Taeyong, der nun seine laute, impulsive Seite aufsitzen hatte, konnte bei dem Anblick nur Schmunzeln. Er fühlte sich neben Jooheon erbärmlich, doch genau bei solchen Leuten wurde ihm erst wieder klar, welche Position er besaß.
Mit langsamen Schritten lief auf er den anderen zu, diesen weiterhin von oben bis unten musternd. Natürlich wich der andere zurück, doch Taeyong machte keinen Stopp, bis der anderen mit dem Rücken gegen den nächsten Baum stoßen würde. Sackgasse, könnte man glatt sagen, denn Taeyong hatte bereits ein Messer in der Hand und schubste ihn das letzte Stück gegen die Eiche, nur um ihn dann mit einem Messer am Hals gegen die grobe Rinde zu drücken.

Die scharfe Klinge saß an dem Hals des anderen, Taeyong nutzte derweil die Möglichkeit den hübschen, jungen Mann zu mustern. "Ein Grund, warum ich dich leben lassen sollte oder ich verfütter' deine Gedärme an die Beißer.", knurrte er bedrohlich. Er konnte niemanden trauen, der andere könnte mögliche Waffen besitzen, die Taeyong gebrauchen könnte - oder womöglich Schreibmaterialien für seine Tagebücher. Natürlich konnte er diese Information über sich allerdings schlecht rausgeben, da es seltsam wirken würde. Stattdessen wartete der Hitzkopf ab, wie der andere reagieren würde, der geschwächt und atemlos hinter seiner Klinge in der Falle saß.
Wahrlich, Taeyong traute keiner Seele mehr. Jeder konnte, wie er selbst, zwei Seiten tragen. Zumindest dachte er das, wusste doch nicht, dass er bloß krank war.

Ten Pov
Allzu Schlimmes ahnte er nicht, bis dieser Typ ihm näher kam. Natürlich wich er ihm aus. Er war bewaffnet. Die Angst stieg weiterhin in ihm und das erst richtig, als er mit dem Rücken gegen etwas hartes stieß. Keuchend ließ er den Kopf hängen, bevor er im Augenwinkel noch mitbekam, wie sich ihm eines dieser Messer näherte.

Scharf die Luft einziehend schielte er zur Klinge herab, bevor er in das Gesicht des Größeren sah und mit zusammengezogenen Brauen anfing zu überlegen. Jedoch fiel ihm so schnell kein Grund ein. Nervös zuckten seine Pupillen hin und her und er wechselte den Blick von einem seiner Augen zum anderen.
„Ich-... ich...."
Es fiel ihm schwer in solch einer Situation zu überlegen. Und sterben wollte er auch noch nicht. Vielleicht wäre bald wieder alles vorbei und er würde es miterleben können.
Gestresst versuchte er seine schnelle Atmung zu regulieren und legte den Kopf so gut es ging etwas in den Nacken. Doch funktionierte seine ‚Atemübung' nicht so wie geplant. Luftschnappend griff er nach dem Handgelenk des Fremden, in welcher Hand auch das Messer lag, ehe er die Augenlider schloss und allmählich in sich zusammensackte. Vor seinen Augen wurde es ohnehin schon schwarz und somit verlor er die Kontrolle über seinen Körper.
Wahrscheinlich sah dies ziemlich bescheuert aus, wie er mit einer Klinge am Hals zusammenbrach - ohne zu wissen, was der Mordlustige nun mit ihm anstellen würde.

Taeyong Pov
Wie sollte er damit gerechnet haben?
Taeyong interessierte sich kaum noch für das Wohl anderer, weil es ihm selbst so scheiße ging, zumindest seelisch. Wie sollte er mit jemanden gut umgehen sollen, dem Fremden Hilfe bieten, wenn er selbst nie Hilfe angeboten bekommen hatte? Befehle, er bekam nur Befehle und wenn es sich ergab, dann gab er selbst Befehle. Aber Fragen? Hilfe? Sorge? Wann hatte er all das das letzte Mal gespürt? Am Anfang der Apokalypse vielleicht, als er versuchte seine Familie noch zu erreichen? Ja, das musste es sein. Seitdem war er mehr oder weniger auf sich selbst gestellt.

Dass der andere also mit Angst erfüllten Augen und schneller werdender Atmung den Rosahaarigen anblickte, erfüllte diesen mit einem Gefühl von Macht und Kraft, wie er es selten in Jooheon's Schatten bekam. Er begann sogar schon ein wenig zu grinsen, doch genauso schnell verlor er wieder diesen Ausdruck, als sich die Augen des anderen verdrehten und dieser bewusstlos wurde. Schnell ging Taeyong zwei Schritte zurück und beobachtete, wie der dünne Kerl vor ihm nieder ging.

Nun war er es, der nervös wurde. Was sollte er tun? Alles in ihm schrie danach ihn zu töten, das Messer in Kopf, Hals und Brust zu rammen und von Freiheit und Macht der Oberhand erfüllt zu werden.

Aber Taeyong war nicht mehr alleine in seinem Kopf.
Kurz schloss er die Augen ein paar Sekunden länger, bevor er als der Neue aufwachte, der Zweitere in ihm, der dafür sorgte, dass Taeyong keine schwerwiegenden Entscheidungen in dieser Welt treffen musste, da Taeyong immer voreilig war.
Das Messer steckte er also weg, bückte sich zu dem bewusstlosen Körper. Ein seltsamer Gedanke kam in ihm auf; bring ihn an einen sichereren Ort, als hier. Würdest du dort liegen, würdest du dasselbe erhoffen. Seufzend raufte er sich die Haare, doch es hatte keinen Sinn, so sehr Taeyong auch versuchte seinen eigentlichen Willen durchzusetzen - der Zweitere siegte. Also hob er das Federgewicht hoch, im Brautstil. Er wusste bereits wohin sie gehen würden, denn ins Hauptquartier der Miliz konnte er ihn unmöglich bringen.



940 Wörter

❛ Infected love ❜  - TaetenWhere stories live. Discover now