Geheimnisse und Versprechen

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„Cierra, du sagst dass nur, weil du seinen Tod nicht verkraf-" fing Fynn an zu reden, doch ich unterbrach ihn: „Nein, ich sage das, weil es stimmt. Tristan ist nicht tot, du hast mir doch von dem Einbruch der Black Devils erzählt, oder? Naja, ich bin mir sicher, dass sie Tristan mitgenommen haben! Versuch gar nicht, es abzustreiten! Wieso sollten sie sonst hier gewesen sein?!"

Fynn starrte mich längere Zeit völlig baff an und überlegte angestrengt, was er sagen sollte, bevor er schliesslich seufzte. „Es- ok ja, Tristan ist nicht tot....Ich hab dich angelogen."

„Wissen die anderen davon, ich meine Miro und so? Wissen sie, wo Tristan wirklich ist?"

„Nein," gab der Anführer zu und schüttelte den Kopf, „sie denken, er ist tot. Aber Cierra, sag ihnen nichts. Sie dürfen nicht wissen, dass er geflohen ist."

„Wieso nicht?" wollte ich überrascht wissen und schaute ihn an. Fynn log nicht nur mich, sondern auch seine eigene Gang an, was ich nicht glauben konnte. Welcher Anführer log schon seine eigenen Leute an? Was ergab das für einen Sinn? 

„Es-Sie- Ich....ich bitte dich einfach, sag nichts," stotterte Fynn und ich riss meine Augen weit auf. Hatte er gerade wirklich bitte gesagt?! 

„Und wieso nicht? Was hast du davon, deine Gang anzulügen?"

„Versteh doch Prinzessin, ich-ich muss mich hier behaupten! Ich kann nicht schwach wirken, ich bin noch nicht so lange Anführer, ich muss das Zepter in der Hand halten! Wenn die wüssten, dass die Black Devils hier einfach reinspazieren und Tristan befreien konnten, wüssten sie genau, dass mir die Sache über den Kopf wächst! Das kann ich nicht zu lassen, die würden mich sofort fertig machen! Bitte, versteh das doch!"

Der Anführer hatte einen Blick drauf, der mir durch Mark und Bein fuhr. Aber nicht so, wie ihr jetzt denkt. Dieser Blick machte mir keine Angst, er liess mich...mitfühlen. Ich sah Fynn an, dass er wohl die letzten Tage nicht genug geschlafen hatte und dass er sich grosse Sorgen zu machen schien, um was auch immer. Er schien nicht mehr so stark zu sein, wie zuvor. Und genau das veranlasste mich dazu, meine folgenden Worte auszusprechen: 

„Ok-ok ich sag nichts, versprochen," Fynn atmete hörbar auf und schenkte mir ein kurzes Lächeln, „unter zwei Bedingungen."

„Cierra, ich kann dich nicht nach Hause lassen," antwortete mir das Gangoberhaupt erschöpft und fuhr sich verzweifelt durch die Haare. Ich seufzte und begegnete seinem Blick erneut. 

„Dann habe ich eben zwei andere Wünsche, die du mir erfüllen musst, sonst steht der Deal nicht."

Ich hatte beschlossen, jetzt knallhart zu verhandeln und verschränkte die Arme vor meiner Brust und ging einen Schritt zurück, um etwas Abstand zwischen mich und den Typen vor mir zu bringen. Ich setzte ein Pokerface auf und lächelte ein wenig. Ich hatte die Karten in der Hand, ich und Fynn wussten das beide. Ich stand am längeren Hebel und das gab mir Sicherheit. 

„Was willst du?" fragte er nach und ballte seine Hände nervös zu Fäusten. Er atmete schwerer und beobachtete mich genauestens, als ob er dachte, er könnte in mir etwas lesen. 

„Erstens, will ich meine Mutter besuchen und anrufen können, wann immer ich will, zu jeder Zeit. Das heisst, du kannst mir nicht mehr vorschreiben, wann wie und wo. Verstanden?"

„Ok," sagte Fynn, „das kann ich einrichten. Es gefällt mir zwar nicht, aber gut..."

„Es geht auch nicht darum, ob es dir gefällt, oder nicht. Und zweitens will ich, dass du mich nie wieder, und ich meine nie wieder, anlügst. Wenn ich schon hier bleiben muss, will ich auch genau wissen, in was ich hier reingeraten bin. Wenn ich also eine Frage habe, wirst du sie mir ehrlich beantworten und nichts auslassen oder ausschmücken. Ich will die 100% Wahrheit hören. Das sind meine Bedingungen, wenn du dich auch nur einmal nicht daran hältst, werde ich den anderen sofort sagen, dass Tristan entkommen ist. Und....was sagst du? Einverstanden?" 

Fynn überlegte nicht lange und nahm meine Hand, die ich ihm entgegen streckte an, und schüttelte sie kräftig, bevor wir beide erleichtert aufatmeten. 

Ich war glücklich, diese Hölle hier war für mich gerade um einiges erträglicher geworden. Ich durfte bald meine Mutter wiedersehen, so oft und wann auch immer ich wollte. Es würde besser für mich werden.

***

Die Unterhaltung mit Fynn war seit wenigen Minuten vorbei, und nach einem kurzen Abstecher in die Küche machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Die Arbeit hatte ich beendet und um ehrlich zu sein, wollte ich mich nur noch verkriechen und vielleicht meine Mutter nochmals anrufen, nur, weil ich es jetzt konnte. Schliesslich musste ich meine neu gewonnene Freiheit ausnutzen. 

Ich öffnete die Tür und hoffte inständig, das Candice nicht da sein würde, denn die ging mir schon nach diesen wenigen Tagen, seit denen ich hier war, gewaltig auf die Nerven. Die Frau hatte nichts Besseres zu tun, als sich um ihr Aussehen Sorgen zu machen, als ob es mich interessieren würde, wie sie sich schminkt und welche Schuhe sie anziehen soll.  

Candice war zum Glück nicht da, aber auf meinem Bett lag ein ziemlich müde aussehender Miro, der mir mit einem weinerlichen Blick entgegen sah. 

„Cie-Cierra," hörte ich ihn murmeln und rannte sofort auf ihn zu, um ihn in meine Arme zu schliessen. Ich strich ihm beruhigend mit meiner Hand über den Rücken und drückte ihn fest an mich, während er schniefte und sich an mich klammerte. 

„Es-Es ist schrecklich Cierra, Fynn- Fynn hat Tristan getötet," redete mein Schulfreund weiter und ich erstarrte. 

Oh. 

Mein bester Freund, oder sowas in der Art war Miro jedenfalls, weinte um einen Typen, der gar nicht tot war. Und ich, ich musste mich nun entscheiden, ob ich ihm die Wahrheit sagen oder mich an den Deal halten wollte...

***

Und, wie fandet ihr es? <3 :)

Gangs - Taken Innocence Where stories live. Discover now