Die Lüge

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Ich hatte das Essen in weniger, als einer halben Stunde, fertig zubereitet. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir wirklich Mühe gegeben, auch wenn es beinahe nichts Brauchbares da gehabt hatte. Schlussendlich musste ich Spagetti mit Tomatensauce kochen, aber dafür konnte ich nichts, wenn niemand von diesen Gangstern einkaufen gehen wollte, war das schliesslich nicht meine Schuld.

Wir sassen alle am grossen Tisch und ich verteilte gerade die Teller, als Narbengesicht den ersten Bissen des Essens abbekam und ich ihn aus den Augenwinkeln nervös betrachtete.

Was, wenn es nicht gut war? Würde er mir dann wehtun?

Ich hielt den Atem an, als ich gerade einem etwa 25 jährigem Typen seinen Teller gab und betete innerlich, dass die Spagetti akzeptabel waren und Tom, so war sein Name, sie lecker finden würde. Zu meinem Glück tat er das tatsächlich, denn er sagte unter Schmatzern: „Die-die sind echt le-lecker."

„Echt?" wollte ein anderer wissen und füllte seinen Teller grosszügig, „lass mal sehn."

Wenige Minuten später hatten alle etwas bekommen und lustiger Weise versicherten mir alle, dass sie schon seit Monaten kein so gutes Essen mehr gehabt hatten, aber seien wir ehrlich, das Dosenessen, was sie sonst immer hatten, war auch nicht wirklich eine starke Konkurrenz für mich, vom Fast Food mal ganz abgesehen. 

Die Einzige, die nicht so glücklich über mein Gericht zu sein schien, war Candice, die es mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete und die Nase rümpfte: „Das kann ich nicht essen, das hat total viele Kohlenhydrate, ich muss meine gute Figur schliesslich halten."

„Pah," sagte Fynn, „das wirst du schon, motz nicht immer so rum, Püppchen."

„Genau," stimmte ihm Narbengesicht zu und lächelte mich überraschenderweise an, bevor er seinen Kopf zur Brünetten drehte, „ausserdem könntest du ein wenig Arsch vertragen, du bist schon beinahe Flachland."

Das brachte alle dazu, laut zu lachen, und Candice stand empört auf, um danach die Küche zu verlassen und mich als einzige Frau diesen Typen zu überlassen.  Aber in diesem Moment gerade fühlte ich mich das erste Mal, seit ich hier angekommen war, nicht völlig bedroht. Ich hatte echt das Gefühl, ich war gerade sicher, aber vielleicht lag das auch nur daran, weil Miro unter dem Tisch meine Hand hielt und mir somit versicherte, dass alles ok war. 

Ich sass zwischen ihm und Fynn, der mich seit seinem Kommentar von vorhin völlig ignorierte, was mir aber egal war. Sollte er das doch tun, ich wollte sowieso nicht mit ihm reden. 

Das Essen und die gemeinsame Zeitmit den, auf einmal ziemlich netten, Jungs war leider viel zu schnell vorbei und der Abwasch erledigt,  also wollte ich wieder in mein Zimmer zurück gehen, um mich zu verkriechen und mich selbst zu bemitleiden, was anderes hatte ich sowieso nicht zu tun, als ich eine Hand an meiner Schulter spürte: „Ich muss mit dir reden."

Es war Fynn, der da zu mir gesprochen hatte, eindeutig, und mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Was wollte er mir so dringendes sagen? Hatte ich irgendetwas falsch gemacht? Würde er mir etwas tun? Wo war Miro, wenn ich ihn brauchte?! 

„O-Ok," stotterte ich und lief ihm hinterher, bis zu einem Raum, der sich offensichtlich als sein Schlafzimmer/Büro herausstellte, denn es befand sich ein grosses Bett und ein Schreibtisch darin, alles war total unordentlich und es stank nach Rauch und Bier, was mich nicht überraschte. Ich rümpfte die Nase und verschränkte die Arme vor meiner Brust, während ich ein Pokerface aufsetzte. Fynn sollte ja nicht gleich wissen, dass ich mir fast in die Hosen machte. 

Der Anführer der Red Moons erwiderte meinen Blick und schaute an mir herunter, bevor er die Tür hinter uns Schloss, so dass wir alleine in dem Raum waren und ich fand, die Temperatur stieg plötzlich um ein vielfaches. Ich war nervös und bekam feuchte Hände. 

Gangs - Taken Innocence Where stories live. Discover now