Notbremse

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Alle Augenpaare weiteten sich, einige zogen Scharf die Luft ein, pressten erschrocken ihre Lippen aufeinander oder starrten mich mit offenem Mund an.

„Was?!" sagte Miro, völlig entsetzt, als erster. Die anderen mussten sich von diesem Schock zuerst noch erholen, „das kannst du doch nicht machen Cierra!"

„Doch, ich kann und ich werde," sagte ich entschlossen und sah kurz zu Boden, da mir diese flehenden Blicke etwas zu viel waren. Ich mochte die Red Moons, wirklich sehr sogar, sie waren für mich in den letzten Wochen zu so einer Art Familie geworden, zu einem Ort, an dem ich mich sicher fühlte. Aber ich konnte nicht mehr länger bei ihnen bleiben, es ging einfach nicht mehr. 

„Das ist doch nicht dein Ernst! Du bist eine von uns!" warf Candice mir vor und ich sah sie bittend an, wenn sie alle noch lange auf mich einredeten, hatte ich Angst, dass ich meine Meinung wieder ändern würde.

„Leute," antwortete ich leise, „es liegt nicht an euch, ich mag euch alle. Aber ich kann nicht mehr länger ein Teil dieser ganzen Gang Szene sein – das bin nicht ich." 

„Aber du könntest es sein," schlug Ashton vor und lächelte mich an, was ich nicht entgegnen konnte. Ich wollte seine Hoffnungen nicht zerstören, musste es aber tun. 

„Nein, bitte seit nicht wütend auf mich, aber es ist die richtige Entscheidung," erklärte ich und sah zu Fynn, der noch gar nichts zu der Sache gesagt hatte. Er sah mich bloss mit einem leeren Gesichtsausdruck an, was mir Sorgen bereitete. War er sauer oder traurig? Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen, er war wie immer ein einziges, grosses Rätsel. 

„Lasst mich alleine mit Cierra sprechen," hörte ich den Anführer neben mir sagen. Seine Worten hallten mit so einem Unterdruck durch den Raum, dass es keiner wagte, seinem Befehl nicht Folge zu leisten. Fynn konnte wirklich angsteinflössend sein, und zwar noch mehr, wenn ich diejenige war, die ihn wütend machte. 

Oh oh, ich wollte nicht mit ihm alleine sein, das würde sicherlich Ärger geben, den ich zu gerne vermieden hätte, um ehrlich zu sein. Ich hatte mir noch zu wenig gute Argumente überlegt, um den Anführer in einer Diskussion schlagen und überzeugen zu können. 

„Wann hattest du vor, es mir zu sagen?" wollte Fynn genervt wissen, als auch der letzte der Red Moons die Küche verlassen hatte und wir alleine waren. Ich wich seinem Blick aus und antwortete:

„Ich wusste es bis vorhin selbst noch nicht, aber meine Mutter hat gesagt, ich habe von meinem Vater eine Menge Geld geerbt, ich-ich könnte studieren gehen, Fynn."

„Aber du gehörst zu uns," sagte er befehlend und ich zuckte zusammen.

„Nein, nicht offiziell, Fynn, bitte mach es nicht schwerer, als es sein muss," flehte ich und sah ihn zum ersten Mal, seit wir alleine waren, an. Er war wütend, das wusste ich sofort, als ich seinen Gesichtsausdruck sah. 

„Doch, das werde ich!" schrie er, „verdammt Cierra! Warum machst du alles immer so kompliziert?! Ich dachte, es wäre alles gut!"

„Alles gut?!" schrie ich zurück und sprang von entsetzt von meinem Stuhl auf, „Fynn, klär mich bitte auf! Was ist denn deine Interpretation von alles ist gut?! Ich habe heute auf einen Menschen geschossen, auf einen Menschen, der eine Familie hat, Freunde, vielleicht eine Freundin! Ich habe auf ihn geschossen, für dich! Was ist denn daran gut?!" 

„Dass du es für mich getan hast Prinzessin, zwischen uns – da ist irgendetwas. Ich weiss nicht, was es ist, aber da ist nicht nichts."

„Ich weiss," gab ich zu und seufzte, um mich etwas zu beruhigen, „aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich auf einen Menschen geschossen habe! Ich bin nicht so ein Mensch und ich will mit Sicherheit keiner werden! Das-das macht mich fertig Fynn, siehst du das denn nicht?! Ich kann nicht mehr, das hat das Fass zum Überlaufen gebracht."

Gangs - Taken Innocence Where stories live. Discover now