Kapitel 44

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Faszination: bezaubernder, fesselnder oder anlockender Effekt

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Die Woche verging ohne weitere Vorkommnisse, sodass es auf einmal Samstagmorgen um 6:00 Uhr war. Ich hasste diese Uhrzeit.

Schlaf trunken saß ich im Auto, um meinen Hals hingen meine Kopfhörer und ich war eingekuschelt in meinen Teampullover.

Luke fuhr mich zur Schule, wo der Bus schon auf uns wartete. Nachdem ich meine Sporttasche und mein Equipment in den Bus geladen hatte, lief ich noch einmal zu Luke.

„Gib dein Bestes und hol den Sieg" grinste Luke mich an, bevor er mich in eine Umarmung zog.

„Ich werde dich vermissen, pass gut auf dich auf" flüsterte er in mein Ohr. Wir lösten uns aus der Umarmung und er griff in seine Hosentasche. „Das ist für dich" sagte er und platzierte eine Packung Kondome in meiner Hand, die ich schnell in die Tasche meines Pullovers schob.

„Spinnst du?" fragte ich ihn geschockt mit weit aufgerissenen Augen. „Nur für den Fall der Fälle" zuckte er mit den Schultern. Meine Wangen hatten einen kräftigen Rotton angenommen.

Er zog mich nochmal in eine Umarmung, „Du musst sie nicht benutzen, aber falls es dazu kommen sollte, dann hast du sie" flüsterte er mir ins Ohr.

Ich konnte Luke einfach nicht fassen! Wenn er mir schon Kondome zu schieben musste, dann doch nicht auf dem Parkplatz der Schule, wo in wenig Abstand alle Spieler standen!

Ich drückte Luke von mir weg. „Ich muss gehen" sagte ich und lief zum Bus. „Mach's gut" rief mir Luke hinter her.

Im Bus angekommen, suchte ich nach einer freien Reihe und breitete mich dort aus. Während alle Spieler nach und nach einstiegen, sah ich noch wie Luke zu Eva und David lief, die beiden umarmte und noch etwas zu ihnen sagte.

„Kann ich mich zu dir setzen" fragte Jay und zeigte neben mich. „Ich brauche den Platz für mich, such' dir eine andere Reihe" sagte ich genervt, während Jay seine Augen verdrehte, aber dennoch leicht schmunzelte und sich dann neben Liam setzte.

Nach einer guten Stunde waren wir in Seattle angekommen. Für uns ging es zuerst auf das Spielfeld.

„Wir spielen heute in der Startaufstellung" rief der Coach, nachdem wir uns umgezogen hatten. Der Coach zog eine Liste hervor und begann vorzulesen:

„Offense: Hemmingway, Walsh, Hamilton, Parker, Bennett, Warren, Thompson, Connor, Eliot, Franklin" was war mit mir? Dauernd sagte der Coach, dass Jay und ich uns zusammenreißen sollten und dann dürften wir auch spielen.

Was sollte das also? „Und Sullivan" er blickte auf und mein verwirrtes und enttäuschtes Gesicht wurde durch eines mit Vorfreude ersetzt.

Nachdem der Coach auch die Spieler für die Defense genannt hatte, stellten wir uns auf das Feld und spielten. Nach vier Stunden konnten wir endlich die befreiende Dusche neben, nach der wir uns gesehnt hatten.

Anschließend ging es für uns ins Hotel zum Mittagessen. Liam und ich stellten uns als eine der ersten an dem Salatbüffet an.

Kurz bevor ich dran war, wurde ich zurückgedrängt und Jay stellte sich vor mich. „Entschuldigung!" sagte ich im gereizten Ton. „Kein Problem" wank Jay ab.

„Du kannst dich gerne hinten anstellen" sagte ich kein bisschen freundlicher. Ich hasste es einfach, lange auf Essen warten zu müssen, wenn man riesigen Hunger hatte.

Jay drehte sich mit einem süffisanten Grinsen um. Bei dieser Drehung schob er einen Zettel in die Tasche meines Hoodies.

„Vielen Dank, aber ich drängle mich lieber vor. Das ist einfacher" ich verdrehte die Augen, nahm mir dann aber doch endlich einen Teller und konnte mich bedienen.

„Und was hast du nachher vor?" fragte Liam, als wir endlich mit Essen an unserem Platz saßen. „Vielleicht geh ich noch ein bisschen spazieren oder ich entspanne einfach nur in meinem Zimmer" überlegte ich. Oder zumindest wären das meine Überlegungen, wenn ich kein Date mit dem heißesten Typen der Schule hätte.

„Kommst du nicht mit bei diese Stadtbesichtigung von der Noah vorhin gesprochen hatte?" fragte Liam und ich schüttelte meinen Kopf.

Ich lehnte mich ein wenig über den Tisch, „Die Stadtbesichtigung könnte man wohl eher Kneipentour nennen. Aber das soll der Coach natürlich nicht erfahren, er würde durchdrehen".

Erklärte ich Liam zuerst, „Die Sache ist, dass ich nicht so viel trinken kann, die Tour ewig dauert und ich keine Lust habe, zwanzig besoffene Jungs nachts zurück in ein Hotel zu schleppen" zuckte ich mit den Schultern.

„Aber die Jungs haben immer ihren Spaß, deshalb geh doch mit. Du könntest es zumindest einmal versuchen" lächelte ich ihn zuversichtlich an.

Das war natürlich nicht ganz uneigennützig. Aber als Liam mit derselben Zuversicht nickte und mir zustimmte, konnte ich nicht anders, als mich freuen, dass ich Liam so einfach abwimmeln konnte.

Nachdem der Coach, nach dem Mittagessen, die Zimmereinteilung verkündete, gingen wir alle in unsere Zimmer.

Wie immer hatte ich ein ganzes Zimmer für mich alleine und ließ mich auf mein Bett fallen. Nach einer Weile fiel mir der Zettel von Jay wieder ein, den ich kurzer Hand aus meiner Tasche zog und aufklappte.

Wir sehen uns um 18:30 Uhr vor dem Hotel. – Dein Sweetheart Jay

Hatte er in seiner krakeligen Handschrift geschrieben. Um 18 Uhr wollten die anderen auf ihre Kneipentour gehen, also war eine halbe Stunde später optimal.

Da ich noch einige Zeit hatte, bevor ich mich fertig machen sollte, legte ich mich ins Bett und stellte meine Musik-Playlist an.

Gegen 18 Uhr zog ich mich um, schminkte mich noch ein wenig und kämmte meine Haare glatt. Anschließend nahm ich noch schnell meinen Pullover mit und ging vor das Hotel.

Jay stand bereits vor dem Hotel mit seinen Händen tief in seinen Hosentaschen vergraben. Er trug ein weißes V-neck T-Shirt und eine schwarze Hose. Obwohl sein Outfit so schlicht war, sah er wirklich gut aus.

„Hey" sagte ich schüchtern. Wieso war ich nicht wie immer? Vielleicht weil ich ein Date hatte mit dem Jay Hemmingways? Aber es war nur Jay, nur Jay.

Jay drehte sich zu mir „Hey love" er lächelte mich an und als ich kurz vor ihm stand, gab er mir einen Kuss.

„Können wir los?" fragte er noch immer lächelnd und ich nickte, „Und ich will keine einzige Frage hören! Weder wohin wir gehen noch was wir machen" sagte er und hob seine Augenbrauen.

Ich nickte langsam, dann fasste er meinen Ellbogen an und fuhr hinunter bis zu meiner Hand, die er dann hielt. Ein angenehmes Prickeln fand denselben Weg, wie Jays Hand zuvor.

Mit einem Lächeln schaute ich zu ihm hoch und augenblicklich war ich von seinen grünen Augen gefesselt. Er gab mir noch einen kurzen Kuss, bevor er anfing loszulaufen und mich mit ihm zog.

„Wie hatte Luke eigentlich letztens reagiert?" fragte Jay mich, „Ach, es war nicht schlimm. Jay, war ganz locker drauf" meinte ich und erinnerte mich sofort an das Ereignis heute Morgen.

„Fast ein wenig zu locker, nach meinem Geschmack" fügte ich noch hinzu. Jay lachte auf, „Was soll das denn heißen?".

„Das kann ich dir vielleicht später sagen" seufzte ich. Jay lachte noch lauter und die Leute um uns herum fingen an sich zu uns umzudrehen.

Dann beugte er sich seitlich zu mir herunter. „Ist das der kleinen Lily etwa peinlich?" fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue, ein gehässiges Grinsen huschte über seine Lippen.

Ich hielt ihn an seiner Schulter fest, sodass er stoppte, wir waren bereits in einem Park angekommen. Jay schaute mich überrascht an, seine Augen waren leicht zusammengekniffen, um meine Bewegungen ganz genau zu verfolgen.

An seiner Schulter drückte ich ihn ein wenig runter, damit sein Ohr auf derselben Höhe war, wie mein Mund. „Glaub mir, sogar dem tollen Jason Hemmingway wäre es peinlich, wenn ich dir lautstark von den Kondomen erzählen würde, die mein Bruder mir zu gesteckt hat."

Auf dem FeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt