Kapitel 31

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Wahrheiten: eine allgemein angesehene Erkenntnis oder das Einvernehmen einer These mit der Wirklichkeit

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Nachdem Bens Stimmung sich nach den ganzen Infos so erheblich gehoben hatte, entspannten wir den Tag über am Pool.

Der nächste Tag kam schneller als erwartet. Und wenn ich mich normalerweise mittwochs lediglich auf das Training freute, blickte ich diesem heute mit zwei unterschiedlichen Gesichtern entgegen.

Einerseits liebte ich das Training, andererseits hatte ich gehofft, das nächste Treffen mit Jay noch ein wenig in die Zukunft verschieben zu können.

Der Unterricht ging gegen meinen Wunsch ausnahmsweise viel zu schnell vorüber. Und kaum hatte ich mich versehen, ging ich mit Liam herunter zum Stadion.

„Und hast du schon Lust auf das Training?" fragte mich Liam. „Na ja, ich hab mich schon mal mehr auf's Training gefreut" murmelte ich und ließ meinen Kopf hängen.

Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie sich gleich alles abspielen wird. Und dieser Gedanke gefiel mir absolut nicht.

„Ach komm schon, so schlimm wird es schon nicht" grinste er mich an und schwung seine Hüfte gegen meine.

„Mal schauen" murmelte ich noch, als Liam in die Jungenumkleide ging.

Ich ging weiter und setzte mich in der Mädchenumkleide hinten in ein Eck, damit ich meine Ruhe vor den Cheerleadern habe.

Ich hatte mich schon beinahe fertig umgezogen, als hinter mir eine schrille Stimme ertönte. „Sullivan" ich verdrehte meine Augen und drehte mich anschließend um.

Madison, Chloe und drei weitere Cheerleader standen vor mir. Die fünf standen vor mir mit verschränkten Armen. Könnten Blicke töten, wäre ich nun mehr als nur tot.

„Was gibt's?" fragte ich und versuchte so ruhig, wie möglich zu bleiben. Na ja, nach der ganzen Aktion gestern, hätte ich mir das auch selbst denken können.

„Wieso stellst du uns vor der ganzen Schule bloß?" fragte Madison und verzog ihr Gesicht.

„Ich weiß nicht, was du meinst" zuckte ich mit den Schultern. Klar, es war nicht in Ordnung so etwas zu sagen, aber ich war gestern einfach nur ärgerlich auf Jay.

„Du weißt genau, was wir meinen. Du hast uns vor der ganzen Schule als Schlampen bezeichnet" zickte jetzt Chloe mich an.

„Wenn es doch nicht stimmt, muss es euch doch auch nicht stören" meinte ich und griff nach meinem Helm.

„Halt dich einfach von den Football-Spielern fern" meinte jetzt eine von den dreien, die ich nicht kannte.

Ich lachte laut auf und hob meine Augenbrauen. „Ich soll mich von den Football-Spielern fern halten? Falls ihr es vergessen haben solltet, bin ich Teil des Football-Teams" meinte ich amüsiert.

„Du weißt genau, was wir meinen" War das ihr Standard-Spruch? „Du weißt doch, wie es ist. Die Cheerleader daten die Football-Spieler. Also behalt einfach deine Pfoten bei dir"

„Es ist toll, dass ihr euch das Ganze, wie im Film vorstellt. Aber was wollt ihr tun, wenn die Football-Spieler kein Interesse an euch haben? Zwingt ihr sie dann? Sperrt ihr sie in einem Keller ein bis sie das Stockholm-Syndrom entwickeln?" mit diesen Worten griff ich noch nach meiner Tasche und verließ die Umkleide.

Ich lief auf das Feld und setzte mich auf das Gras, um meine Schuhe noch ein wenig enger zu ziehen.

„Na, Babe" Kyle ließ sich neben mir auf das Gras fallen. „Du siehst gestresst aus" stellte er fest.

„Mir geht's gut" murmelte ich. Ich merkte an Kyles Blick, dass er mir nicht glaubte. Aber er fragte, nicht nochmal nach.

„Ich wollte noch mit dir reden" er starrte für einen Augenblick auf das Spielfeld und dann wieder zu mir.

„Also die Sache wegen gestern..." er blickte in Richtung der Umkleiden. „Ich empfinde für dich nicht mehr als nur Freundschaft, ich hoffe, du verstehst das und..." weiter kam er nicht, weil ich ihn umarmte.

Ein riesiges, schweres Gewicht, das auf meinen Schultern lag, wurde mit einem Mal einfach von mir weggenommen.

„Ich fasse es so auf, dass es dir genauso geht?" fragte Kyle lachend. „Ja, ich bin so froh, dass du das gesagt hast" murmelte ich gegen seine Schulter.

„Wobei... ich muss mich verbessern. Ich empfinde nicht nur Freundschaft... Du bist wie meine kleine Schwester, die ich nie hatte" meinte Kyle, nachdem ich ihn losgelassen hatte.

„Das ist lieb von dir, Kyle" meinte ich und umarmte ihn erneut.

„Komm lass uns zu den anderen gehen" er sprang auf und hielt mir seine Hände hin, die ich dankend annahm.

„Zeig es Jay, zeig ihm, dass er dich gestern ohne Grund vor allen bloß gestellt hat" er grinste mich an und rannte dann mitsamt seinem Helm auf die anderen zu.

Nachdem wir uns aufgewärmt hatten, bildeten wir die üblichen Gruppen. Die Runningbacks, Wide Receiver und der Quarterback warfen beziehungsweise fingen den Ball.

Und es ging genauso weiter, wie es am Anfang des Jahres begonnen hatte. Jay überworf den Ball mal wieder.

„Renn mal ein wenig schneller, dann bekommst du auch den Ball" rief Jay mal wieder über das ganze Feld.

Reg dich nicht auf, Lily. Bleib ruhig und zeig Jay, was du kannst.

Also stellte ich mich in die Reihe, sobald ich an der Reihe war, rannte ich so schnell ich konnte los. Der Ball kam mal wieder unglaublich schnell und hoch geflogen.

Ich streckte die Arme vor mich und sprang nach vorne, sodass der Ball in meinen Händen landete und einige Sekunden später knallte ich auf den kühlen Boden.

Zufrieden hielt ich den Ball in den Händen und stand auf. Rannte zu Jay zurück und gab ihm den Ball.

„Nicht schlecht" ertönte die Stimme von Kyle hinter mir. Ich drehte mich grinsend zu ihm um. „Was bleibt mir auch anderes übrig, wenn Jay den Ball immer so fürchterlich überwirft?" ich zuckte mit den Schultern.

„Mach weiter so" er klopfte mir aufbauend auf die Schulter, bevor ich erneut losrannte.

Wie erwartet war der Ball erneut überworfen, erneut sprang ich nach dem Ball, fing den Ball und rutschte ein paar Meter über den Boden.

„Hemmingway, Sullivan, hier her" schrie der Coach ärgerlich über das gesamte Spielfeld.

Ich blickte kurz zu Kyle, der mich nur schulterzuckend ansah, lief dann aber auf den Coach zu.

Das Gesicht des Coaches war vor Wut verzogen.

„Was soll das schon wieder?" schrie uns der Coach an, sodass es vermutlich das ganze Team hörte.


Auf dem FeldWhere stories live. Discover now