Kapitel 25

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Verwirrung: der Zustand von psychischer Undeutlichkeit und Haltlosigkeit

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„Was ist wenn ich nicht ohne dich kann?" geschockt schaue ich zu ihm hoch.

„Was?" patze ich ihn an. Mein Kopf ist vollkommen leer, ich versuche seinen Satz irgendwie zu verarbeiten.

Erst weicht Jay meinem Blick aus, schaut dann aber doch auf und schaut mir in die Augen.

„Ich kann mich nicht aus deinem Leben raushalten" murmelte er nur ein wenig über einem Flüstern.

„Ich..." er schaute auf den Boden und fuhr mit seiner Hand durch sein Haar, „Du bedeutest mir einfach zu viel".

Was sollte das? Jahre lang zicken wir uns an und jetzt will er mir erklären, dass er sich nicht aus meinem Leben raushalten kann.

Wieso provozierte er mich dann die ganze Zeit? Wieso wollte er mich aus dem Footballteam werfen? Wieso musste er immer einen von seinen furchtbaren Sprüchen raushauen?

„Lily, hör mir zu" ich schaute zu ihm, konnte aber nur seine Silhouette wahrnehmen, weil ich zu sehr in meine Gedanken vertieft war.

„Es..." ich ließ ihn gar nicht aussprechen. Ich wollte kein weiteres Wort mehr von ihm hören. „Lass mich einfach in Ruhe" schrie ich und rannte los.

Ich rannte nach Hause und das ohne auch nur einmal anzuhalten. Deshalb kam ich auch vollkommen fertig vor unserem Haus zum Stehen.

Schon fast panisch kramte ich in meiner Tasche nach dem Hausschlüssel. „Wo ist denn dieser Schlüssel?" flüsterte ich zu mir selbst.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, sodass ich geschockt aufschrie.

„Entspann dich, Lily" ich drehe mich um und sehe Lee vor mir stehen. Ich beruhigte mich ein wenig.

„Was ist denn bei dir los?" fragte er mich und beobachtete mich genau. „Ich habe dich drei Mal gerufen, als du wie eine Verrückte die Straße runtergerannt bist."

Ohne etwas zu sagen, zog ich Lee in eine Umarmung. Lee zog mich fester an sich und ich konnte das eben passierte für eine kurze Zeit vergessen.

„Wie wär's, wenn wir losgehen und eine Pizza essen gehen?" schlug Lee vor, aber ich schüttelte meinen Kopf.

Was ist wenn Jay mit den anderen doch noch Pizza essen gehen würde, dann war die Gefahr, dass wir sie treffen würden, ziemlich hoch.

„Ich bin nicht wirklich dazu in der Stimmung" murmelte ich. Ich wollte alleine sein. Die ganze Situation überdenken und überlegen, wie ich reagieren sollte, wenn ich ihn das nächste Mal sah!

Schließlich konnte ich ihm nicht ewig aus dem Weg gehen, oder?

„Alles klar. Luke und ich wollten noch Pizza bestellen, also falls du dich noch anders entscheidest, kannst du gerne noch mitkommen" meinte Lee und ich nickte mit meinem Kopf.

„Das ist nett" mit diesen Worten, kramte ich wieder in meiner Tasche nach dem Schlüssel, den ich nun endlich fand und damit die Tür aufschloss.

„Hey Lily, herzlichen Glückwunsch zum Sieg" begrüßte mich Luke mit einem riesigen Grinsen auf dem Gesicht, „Wolltest du nicht mit deinem Team noch Pizza essen gehen?" fragte er nun verwirrt.

„Mir geht's nicht ganz so gut. Ich wollte lieber nach Hause" antwortete ich. „Ja, du siehst auch ganz blass aus" er studierte mein Gesicht genau.

„Eigentlich wollte ich ja zu Lee, aber wenn es dir so schlecht geht, bleibe ich lieber hier und..." ich unterbrach Luke „Nein, geh ruhig. Es ist nicht so schlimm. Ich glaube, ich brauche einfach nur bisschen meine Ruhe"

„Gut, pass auf dich auf" er gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging aus der Haustüre.

Lukes POV

Ich klingelte bei Lee und er öffnete beinahe sofort die Tür. Zusammen setzten wir uns ins Wohnzimmer und redeten darüber, was Lee so machte und wie es ihm in New York ging.

Plötzlich flog die Haustüre auf, wir beide schauten überrascht auf, um Jay zu sehen, der in Rekordgeschwindigkeit die Treppen hochrannte. Sekunden später knallte Jays Zimmertüre mit einem riesen Knall zu.

Augenblicklich hörte man einen riesen Lärm, wir warfen uns einen verwirrten Blick zu, gingen dann aber ohne ein weiteres Wort zu sagen die Treppe hoch. Aber der Lärm wurde immer lauter, deshalb rannte Lee zu Jays Zimmer und riss die Türe auf, gefolgt von mir.

Auf dem Boden lagen die Pokale, die er als Kind gewonnen hatte und die ganze Zeit über auf einem Regal gestanden hatten.

Das Regalbrett hatte er in der Hand und haute es immer wieder gegen seinen Kleiderschrank, sodass es in viele kleine Stücke zerbrach. Den Rest warf er zur Seite.

Dann nahm er seinen Schreibtischstuhl und wollte ihn vor sich auf den Boden donnern. Geraderechtzeitig konnten wir ihm den Stuhl aus der Hand reißen.

„Jay, beruhige dich" schrie Lee ihn an und stellte den Stuhl zur Seite.

„Halt dein Fresse. Du hast doch keine Ahnung" schrie er zurück, „Verpisst euch einfach".

Jay hatte Tränen in den Augen und sein Gesicht drückte pure Wut aus. Er drehte sich um und griff nach zwei Pokalen, die er mit voller Kraft gegen die Wand warf und die in viele kleine Stücke zerbrachen.

Ich verstand gar nicht, was los war. Lily war vollkommen durch den Wind und Jay war außer sich. Was war denn nur vorgefallen?

Plötzlich schmiss Jay alles von seinem Schreibtisch. Wir gingen auf Jay zu und zusammen konnten wir ihn an seinen Schultern festhalten.

„Beruhig dich mal" schrie ich ihn an. Jay atmete schwer, sein Brustkorb hob und senkte sich schnell.

„Sag mir nicht, was ich zu tun habe" ordnete er bedrohlich an. Er nahm seine letzte Kraft zusammen und schubste uns nach hinten, danach ließ er sich auf sein Bett fallen.

Er schaute auf den Boden und beruhigte sich ein wenig. Also setzte Lee sich auf den Schreibtischstuhl und ich mich auf seinen Sessel.

„Was ist denn los? Ihr habt doch gewonnen, was regt dich denn so auf?" fragte Lee ihn.

Nicht einmal nach verlorenen Spielen war Jay so mies gelaunt. Erst jetzt bemerkte ich die Wunde auf seiner linken Backe.

„Gab's eine Schlägerei?" fragte ich wieder. Jay schaute auf und schüttelte seinen Kopf. „Ich möchte nicht darüber reden" murmelte er.

„Sag mir doch zumindest, wieso du so sauer bist! Ihr habt doch gewonnen! Du solltest mit deinem Team feiern und jetzt bist du hier und randalierst."

Die Wut war aus Jays Blick gewichen, stattdessen sah er unglaublich traurig aus, ich glaube so traurig hatte ich ihn noch nie gesehen.

„Was nützt es, wenn das einzige, was man gewinnen will, einfach nicht zu erreichen ist?"


Auf dem FeldWhere stories live. Discover now