39. Kapitel

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Ich spürte das meine Augen langsam glasig wurden. Ich war Harrys Blicken einfach noch immer nicht gewachsen. Er ließ sämtliche Gefühle in mir hoch brodeln, ohne sonderlich viel dafür zu tun. Doch dieses tiefe Stechen, welches in seinen Augen lag, während er geduldig darauf wartete, dass ich ihm endlich alles erzählen würde, verursachte ein unglaubliches Gefühl in mir.. eines, welches ich ihm gegenüber eigentlich niemals empfinden wollte, da er mein Leben dazu viel zu sehr zu seinem eigenen gemacht hatte. Ein Gefühl, von dem ich anfangs nicht einmal im Traum daran gedacht hätte, es einmal aufkommen zu lassen, doch ich sah Harry längst nicht mehr wie ich es eben anfangs getan hatte. Er war nicht mehr der fremde, gefühlskalte Einbrecher für mich, sondern viel mehr der einzige Halt, der sich mir momentan bot. Er ließ mich sicher fühlen, obwohl wir hier mitten im Wald übernachteten, während wir jeden Augenblick umgebracht werden konnten. Seine Nähe brachte mich jedes Mal aufs Neue um den Verstand und sobald meine Lippen seine berührten, war es komplett um mich geschehen..

...und was soll ich noch großartig sagen.. die Sicherheit, die er eben auf mich ausstrahlte, war es, was eben genau dieses Gefühl in mir zuließ...

Vertrauen.

„Mike." Meine Stimme war ein Flüstern, während ich vorsichtig zurück in seine Augen schaute, welche mich jetzt hingegen noch fragender musterten.

Ich verstand sofort die Aussage in ihnen und raffte mich deshalb zusammen weiter zu sprechen.

„E..Er war mein Freund." Nach diesen Worten bemerkte ich deutlich das unruhige hin und her rutschen neben mir, doch mein Blick blieb weiterhin gesenkt. Auch wenn ich mir sicher war, dass ich es Harry hier und jetzt erzählen konnte und auch wollte, so fiel es mir dennoch schwer darüber zu reden.

Ich spürte seine Anspannung und er spürte meine, weshalb er nach meiner Hand griff und dann mit der zweiten mein Kinn zu sich drehte. Er versuchte die Situation wieder ein wenig zu lockern, doch wie schon gesagt, verursachte sein Blick wiederum das komplette Gegenteil, dennoch erkannte ich unbekannte Wärme in ihnen. Das war der Moment in dem ich nicht ganz sicher war, ob das was folgen würde nun wichtiger für mich oder für ihn selbst war.

„Sprich weiter.", flüsterte er heiser, dennoch mit dieser gewissen Schwere in der Atmung, die er ab dem Zeitpunkt aufgewiesen hatte, in der er verstand, dass meine negativen Erinnerungen mit einem anderen Jungen zu tun hatte.

Ich schluckte, bevor ich wieder zu Boden blickte, meine Hand dabei nun jedoch stets in Harrys.

„Ich weiß nicht, ob dir Louis hiervon erzählt hat.", flüsterte ich nun ebenso, bevor ich meine freie Hand am Bund meines Oberteils anlegte. Es war ein mehr als schwerer Schritt für mich, jetzt den Stoff nach oben zu ziehen, um dadurch meine wohl größte Verwundbarkeit preiszugeben.

Ich schaffte es nicht, noch einmal nach oben zu sehen, weshalb ich nicht wusste, was in Harry vorging, während er nun freie Sicht auf meine Narbe hatte. Ich presste die Augenlider aufeinander, um den Tränenfluss zurückzuhalten. Meine Hand wurde stärker und stärker gedrückt. Mir war bewusst, dass Harry in diesem Augenblick das Puzzle in seinem Kopf zusammengesetzt hatte. Er wusste, dass ich diese neun Zentimeter lange Hässlichkeit Mike zu verdanken hatte.

Meine Hand schmerzte bereits leicht, doch ich riss mich zusammen. Erst als ich ein paar kalte Fingerspitzen auf meiner entblößten Haut bemerkte, riss ich die Augen auf und zog den Stoff zurück nach unten. Mein Atem ging nun flach. Ich wollte nun auf keinen Fall in Harrys Gesicht schauen. Ich spürte das Feuer in seinem Körper bereits so schon, doch er zwang mich erneut dazu.

„Erzähl mir alles." Ich bemerkte, dass er sich mehr als anstrengen musste, um ruhig zu bleiben und nicht den befehlshaberischen Ton raus hängen zu lassen.

thief of my heart ~stay with me #1Where stories live. Discover now