Geschwisterliebe - oder so ähnlich

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Noch bevor mein Wecker klingelte, wurde ich unsanft von meiner Halbschwester Janet und meiner Stiefschwester Catherine geweckt, die auf mein Bett sprangen. Beide freuten sich, dass ich Rich Hills verlassen sollte. Janet, weil sie dann ungestört der Mittelpunkt der Familie sein konnte, und Cathy, weil sie dann nicht mehr die einzige war, die raus aus dem Zuhause war. Catherine studierte Wirtschaft in Harvard, um irgendwann das Unternehmen ihres Vaters übernehmen zu können. Die meiste Zeit wohnte sie in einem Studentenwohnheim, aber ab und zu kam sie nach Hause. Meistens tat sie das an Feiertagen oder während der Vorlesungszeit, um Jacob zu ärgern.

„Was wollt ihr?", fragte ich wohl wissend, dass Cathy kein einziges Wort deutsch konnte.

Janet sah mich mit großen Augen an: „Wenn du schon so fragst...Deine Smartphones und dein Schminkzeug. Oh, und das Glitzershirt."

„Vergiss es", knurrte ich und drehte mich auf die andere Seite, „Ich ziehe nur um. Da brauche ich meine Sachen selbst. Außerdem muss sich eine Neunjährige nicht schminken."

„Och Manno", schrie Janet und rannte nach draußen. Catherine kam um das Bett herum, setzte sich und ließ etwas vor meinen Augen baumeln.

„What's that?", fragte ich verschlafen.

„A lucky charms bracelet", antwortete Catherine und drückte mir ein silbernes Bettelarmband in die Hand, „Don't forget me. You're like a real sister to me."

„Thanks Cathy", antwortete ich, „You're also very important to me."

Sie zeigte mir noch die verschiedenen Anhänger, die sie mir dazugeholt hatte. Ein M für mich, zwei J's für Janet und Jacob, ein C für sich und ein F für meine Mutter Fiona. Dazwischen waren die amerikanische Flagge, ein Stern und ein Best-Sis-Anhänger.

Bevor sie den Raum verließ, fragte sie noch: „Hey, can i get your car. I heard germans are allowed to drive alone at the age of 18. So you don't need it there."

Ich ließ mich in die Kissen sinken, aber antwortete nicht. Das konnte ja heiter werden. Als ich eine Stunde später in meinem Auto saß, dass ich zu meinem sechzehnten Geburtstag bekommen hatte, überlegte ich wirklich kurz, ob ich darin nicht einfach abhauen sollte. Aber welchen Sinn hätte das schon?

Den letzten Schultag ließ ich genervt über mich ergehen. Meine Freundinnen nutzten die Pausen, um mir Fakten über Deutschland vorzulesen. Die schlimmste Nachricht dabei war, dass ich mir das kalifornische Wetter abschminken konnte. Am Ende des Schultages lagen wir uns weinend in den Armen.

Jacob, meine Mutter und Catherine holten mich von der Schule ab. Meine Stiefschwester war aber nur mitgekommen, um mein Auto zurück nach Hause zu fahren. Jacob und meine Mum wollten mich zum Flughafen bringen. Wann immer wir auf dem Weg zum Flughafen sprachen, weigerte ich mich in einer Sprache zu sprechen, die Jacob verstand. Er hatte es tatsächlich kurz auf Französisch probiert. Ich wollte Rich Hill nicht verlassen und das ließ ich ihn auf diese Weise wissen.

Am Flughafen nahm mich meine Mutter noch einmal in den Arm und drückte mich so fest, als wollte sie mich nie mehr loslassen. „Richte deinem Vater schöne Grüße aus und gib Susanne den Brief, den ich dir vorhin gegeben habe."

Ich nickte und versuchte mich, so schnell wie es mir nur möglich war, von ihnen zu trennen. Das letzte, was ich wollte, war, vor ihnen zu flennen. In der Wartehalle checkte ich das letzte Mal meine Nachrichten. Von Monika war die ganze Woche keine Nachricht gekommen, die sozialen Medien waren wie immer voller Fanmails und meine Freundinnen schrieben mir, wie sehr sie mich jetzt schon vermissten. Als ich durch meine privaten Nachrichten auf Instagram ging, fielen mir zwei Nachrichten auf. Eine von Mikropenis, der nur geschrieben hatte: „You will pay for this." Die andere war die nettere Nachricht: „Bleibe in Rich Hills. Du hast nichts in Schneefeld verloren."

Rich Girl DownWhere stories live. Discover now