Ein Haus für einen Gott

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Lucius war für die Vorbereitungen des Umzugs zu seinem Vater gefahren. Bei einem Essen wollten sie alles, was die Besitzübernahme und Organisation anging, klären. Nun lag Lucius auf einem der vertrauten Lecti in seinem alten Zuhause, gegenüber sein Vater und seine Mutter. Glücklicherweise sah sie nicht so schlecht aus, sie hustete nur ab und zu.

Beim Essen hielt sich Lucius wieder einmal dezent zurück, denn sein Vater hatte einen sehr exotischen Geschmack, den er nicht immer ganz nachvollziehen konnte. Seit jeher ließ er die Finger von gefüllten Schweineutern.

Schließlich kam sein Vater zum Geschäftlichen. „Nun, zuerst müssen wir die jeweils die Besitzurkunden der Villen umtragen lassen. Natürlich mit dem zugehörigen Land inbegriffen, aber ich meine, dass dies bei uns beiden auf demselben Dokument steht, richtig?" Lucius nickte bestätigend und sein Vater fuhr fort: „Ich würde dann im Zuge desselben Termins dir die Zucht und die Winzerei übereignen. Wir müssten noch jeweils entscheiden, ob wir alle Sklaven behalten wollen, oder sie uns gegenseitig abtreten. Ich für meinen Geschmack würde gerne diese Andriana hier lassen. Sie ist nur alt und verwirrt, ich glaube, eine Veränderung der Umgebung würde sie nicht mehr überleben", äußerte sich Gaius. „Verwirrt?", fragte sein Sohn verwundert nach. Er nickte. „Natürlich, hast du sie dir angesehen? Redet nur noch wirres Zeug." „Oh", war das einzige, was Lucius dazu sagte. Er fand es sehr traurig, dass es Andriana offensichtlich nicht mehr gut ging. Sie war beinahe wie eine Mutter für ihn gewesen, wenn nicht, wenigstens wie eine liebe Tante. Natürlich war es schön, dass sie nach all den Jahren noch lebte, aber dieses Schicksal hatte sie nicht verdient.

Lucius kam dennoch wieder zum Thema zurück: „Ich für meinen Teil, würde meine Sklaven gerne behalten. Alle. Falls Ihr mir einige hier lassen möchtet, tut das nur. Doch ich habe mich in den letzten Jahren zu sehr damit abgemüht, sie mir entsprechend gefügig zu machen, als dass ich sie nun wieder weggeben würde." Sein Vater musste schließlich nicht wissen, dass er etwa neunzig Prozent dieser Sklaven aus Bergwerken, schlechter Behandlung oder Gladiatorenschulen, in denen sie keine Chance hatten, gerettet hatte, oder sie waren Obdachlose oder arme Leute gewesen, die ein besseres Leben bei ihm hatten. Sie pflegten alle eher ein freundschaftliches Verhältnis und sie dienten ihm gerne, auch da sie so viele waren, dass sie sogar häufiger Freizeit hatten. Falls sein Vater dann doch einmal zu Besuch gekommen war, es war nur vier Mal der Fall gewesen, taten sie alle so, als wären sie unterwürfige Sklaven. Es war schon immer mit allen so abgesprochen gewesen und sowohl die Sklaven selbst, Lucius, seine Kinder und auch Antonius' Familie hielten dicht.

„Nun gut, das ist verständlich. Wie wollen wir das dann mit dem Umzug organisieren?", erkundigte sich Gaius. Lucius wiegte den Kopf hin und her. „Eigentlich würde ich hier gerne noch ein wenig umdekorieren. Wir hätten noch einigen Platz in meiner Villa, ihr könntet einfach für einige Zeit bei uns einziehen. Einen Teil der Möbel könnten wir auch schon transportieren, dann räumen wir den Rest, der noch hier stehen würde, halt entsprechend der Umgestaltung um. Wenn das fertig ist, kommen unsere Möbel dann hierher und der Rest von euren in meine Villa. Wie wäre das?"

Gaius sah ihn leicht verständnislos an. „Der Vorschlag an sich ist ja nicht schlecht. Aber warum willst du bitte hier umgestalten, Sohn? Es sieht doch noch gut aus." Lucius ließ kurz den Blick wandern. „Hier wurde seit bestimmt fünfzig Jahren nichts mehr geändert. Zumindest die Fresken werde ich neu malen lassen, sie werden langsam altmodisch." Gaius zuckte, überraschender Weise, nur mit den Schultern und antwortete: „Tu, was du nicht lassen kannst. Aber das geht auf deine Kosten." „Ja, Vater", erwiderte Lucius versöhnlich.

Später sah er noch bei den Pferden vorbei. Sein Vater hatte ihm erzählt, dass vorige Woche ein Fohlen auf die Welt gekommen war und an diesen kleinen Wesen war Lucius so oder so immer hingerissen. Er grüßte höflich die Stallburschen und ging zum Ende des Stalls. Dort hinten stand besagte Stute mit ihrem Kleinen, das auf staksigen Beinen stand und ein wenig in der Luft schnupperte.

Amor vincit omniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt