Vierunddreißig

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Ich schloss mich im Bad ein und fing an, laut zu schluchzen. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich wollte nur noch weg. Ich hatte es versucht, dass mich seine Familie mochte. Aber das hier ging zu weit. Von so einer Familie wollte ich gar nicht gemocht werden. Wobei man fairer Weise sagen muss, dass es hauptsächlich Zayns Vater, sein Onkel alias der Anzug-Heini und seine Tante alias das Biest waren, die meiner Meinung nach nicht mehr ganz dicht sind. Wer hat denn so wenig Taktgefühl und spricht jemanden am Tisch vor der ganzen Familie ihres Freundes auf ihre Krebserkrankung an? Und noch dazu so dreist und beleidigend?

Es klopfte an der Tür. „Sol? Alles okay?", hörte ich Zayns Stimme von draußen.

Hastig stand ich auf: „Ja, alles okay. Geh ruhig wieder rein, ich komm gleich nach.".

Kurz hatte ich überlegt, ob ich einfach gehen sollte, doch ich entschied mich dagegen. Niemals lass ich mich von dieser Familie unterkriegen.

„Sol, es tut mir leid, ich...".

„Zayn, es ist alles okay.", ich schloss die Tür auf und sah ihn an „Mir geht es gut.".

Skeptisch sah er in mein verweintes Gesicht und strich mir über die Wange: „Ach Sol...".

Ich schüttelte ihn energisch ab: „Nein, alles okay. Deine Tante hat ja nur die Wahrheit gesagt. Ich bin ein krebskrankes Mädchen ohne Perspektiven.".

Zayn sah mich traurig an. Ich wusste, wie sehr er sich für seine Tante und seinen Onkel schämte. Ich warf mir eine Ladung Wasser ins Gesicht, um die Tränen zu beseitigen, trocknete mich ab und lief an ihm vorbei zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich auf meinen Platz setzte und die Blicke der anderen stur erwiderte. Was die können, konnte ich auch. Mittlerweile wurde bereits der Hauptgang serviert, denn auf meinem Platz stand nun ein Teller mit irgendeinem Fleisch.

„Um Ihre Frage, was ich nach der Schule machen möchte, zu beantworten: Ich werde an das English National Ballet gehen, eine der größten und berühmtesten Ballettkompanien weltweit.".

Das Biest zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe: „Sie tanzen? Und Sie denken, Sie schaffen es an das National Ballet? Ich kenne die Kompanie, dort tanzen wirklich nur die Besten.".

„Und Sol ist eine der Besten.", Zayn setzte sich neben mich und funkelte seine Tante böse an „Meiner Meinung nach sogar die Beste.".

„Das glaube ich gerne. Ich war nur überrascht, weil sie...".

„Weil ich Krebs und keine Perspektiven im Leben habe?", beendete ich ihren Satz und lächelte sie zuckersüß.

Mister Walthers räusperte sich empört und warf mir vernichtende Blicke zu. Glückwunsch, Solea. Jetzt hasst dich der Vater deines Freundes noch mehr. Aber das war mir jetzt auch egal. Sollte er mich doch hassen, wenn er unbedingt wollte. Mister Walthers wandte den Blick von mir ab und sah mit stolzem Blick in die Runde: „Um mal ein anderes Thema als die Krankheit der... Freundin meines Sohnes anzusprechen, möchte ich nun über meinen anderen Sohn sprechen. Zac hat seine Zusage von der Harvard-Universität bekommen!".

Ein erfreutes Raunen ging durch die Menge und Mister Walthers stand auf, lief zu Zac und legte ihm die Hand auf die Schulter. In der anderen Hand hielt er ein Sektglas, welches er triumphierend in die Luft hielt: „Auf meinen Sohn Zac. Es erfüllt mich mit Stolz, dass zumindest einer meiner Söhne die Tradition wahrt und wie alle Walthers-Männer nach Harvard geht. Also hebt eure Gläser und feiert mit mir. Auf meinen ganzen Stolz. Auf Zac!".
„Auf Zac!", wiederholten die Familienmitglieder, hoben ihre Gläser und nahmen einen Schluck. Ich machte nicht mit. Ich saß stumm auf meinen Stuhl und starrte Mister Walthers an, wie er lächelnd die Schulter seines Sohnes tätschelte. Zac fühlte sich ganz offensichtlich unwohl, denn er grinste nur verlegen und warf Zayn einen entschuldigenden Blick zu. Verärgert sah ich seinen Vater an. Es war okay, dass er mich nicht mochte, aber es war nicht fair, wie er Zayn bloßstellte. Es war doch ganz eindeutig, dass er Zac nur deshalb so hoch lobte, um Zayn eins auszuwischen. Zac ging nach Harvard, während Zayn noch immer in der Schule war, da er zwei Klassen wiederholt hatte. Zac erfüllte die Erwartungen des Vaters, Zayn nicht. Das war nicht nur unfair, sondern einfach furchtbar gemein. 

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