Zwei

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Zum Frühstück einen Becher Proteinquark mit Obst. Zum Mittag meistens etwas mit Bohnen, Erbsen, grünem Gemüse, Haferflocken oder anderem proteinreichen Nahrungsmitteln . Als Snack eine Banane oder Mandeln. Zum Abendbrot ein Ei, einen Salat und einen halben Apfel. Ich stehe jeden Morgen um 5:30 Uhr auf und gehe eine halbe Stunde joggen. Danach esse ich Frühstück und geh zur Schule. Am Dienstag, Donnerstag und Freitag gehe ich nach der Schule noch zum Krafttraining, von Montag bis Freitag habe ich 18 Uhr Training mit Madame Rouge. Das Training geht zwei Stunden, aber meist bleibe ich noch länger, um zu trainieren. Zu Hause esse ich Abendbrot und dehne mich, dann geh ich so früh wie möglich ins Bett, um am nächsten Morgen fit zu sein. Samstag und Sonntag lerne ich für die Schule. Mein Alltag ist stressig, keine Frage. Aber ich bereue nichts. Ich bereue es nicht, dass ich nicht wie andere Jugendliche in meinem Alter ins Kino und Eis essen gehen kann. Ich bereue es auch nicht, dass ich bis auf Kayla keine besonders guten Freunde habe. Mitschüler, ja, aber mir fehlt die Zeit, die man zum Pflegen sozialer Kontakte benötigt. Aber das macht mir nichts. Ich liebe das Tanzen.

„Solea! Könntest du noch einen Moment hier bleiben?", bat mich meine Mathelehrerin, nachdem es gerade geklingelt hatte und ich dabei war, meine Sachen zu packen. Ich nickte, innerlich verdrehte ich allerdings die Augen. Sie brachte meinen ganzen Plan durcheinander. Heute ist Freitag, das heißt, dass ich direkt nach der Schule zum Krafttraining gehe. Ich hoffe, es dauert nicht lange.

„Setzt dich doch bitte.". Oh man, das klang, als würde es doch lange dauern.

„Solea, ich habe mit einigen meiner Kollegen gesprochen. Wir... machen uns etwas Sorgen um dich.".

Verwundert sah ich meine Mathelehrerin an: „Was soll das heißen, Miss Gregorius?".

„Uns ist aufgefallen, dass du... in letzter Zeit sehr... dünn geworden bist. Du warst schon immer sehr schlank, aber neuerdings bist du wirklich sehr dünn geworden.".

„Ich tanze. Ballett. Ich trainiere viel. Und ich ernähre mich gesund. Was wollen sie von mir hören?", fragte ich verwirrt.

Sie faltete ihre Hände zusammen und sah mich mitfühlend an: „Isst du genug?".

„Ja, natürlich. Ich ernähre mich zwar streng nach Plan, aber ich esse genug.".

„Wenn du Probleme hast, dann kannst du dich mir gerne anvertrauen.".

Plötzlich verstand ich, worauf sie hinauswollte: „Oh mein Gott, Sie denken wirklich, ich wäre magersüchtig?!".

„In deinem Alter passiert es leider oft, dass Mädchen magensüchtig werden. Sie finden sich zu dick und wollen abnehmen, aber dann gerät es außer Kontrolle. Aber wenn du dir helfen lässt, dann...".

„Ich brauche wirklich keine Hilfe, Miss Gregorius. Ich esse genug. Ich muss mich nur gesund ernähren. Aber glauben sie mir, ich würde liebend gerne eine Pizza essen. Aber ich ernähre mich nicht deshalb gesund, weil ich Angst habe, zu dick zu werden, sondern weil es sonst schlecht für mein Training wäre. Verstehen Sie das?".

Sie seufzte: „Okay. Aber wenn du Hilfe brauchst, kannst du dich mir anvertrauen.".

Ich nickte: „Danke, Miss Gregorius.".

Zögernd nahm ich meine Tasche und sah meine Lehrerin an.

„Ja, natürlich, du darfst gehen!", auffordernd deutete sie zur Tür, durch die ich hastig verschwand. Das war... eigenartig. Als ich eine halbe Stunde später im Fitnessstudio ankam, musterte ich mich im Spiegel. Ich war schon immer schlank gewesen. Nach Madame Rouge's hartem Trainings- und Ernährungsplan wurde ich noch dünner. Aber gleichzeitig baute ich Muskeln auf, wodurch ich trainiert, aber nicht zu dünn aussehe. Vielleicht hatte Miss Gregorius recht. Ich hatte Muskeln abgebaut. Aber warum? Ich trainiere und ernähre mich, wie sonst auch. Ich stellte mich auf die Waage. Ich hatte wirklich abgenommen. Das musste an dem ganzen Schulstress liegen. Immerhin mache ich gerade mein Abitur.

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