Kapitel 16

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Die ganze Fahrt über nach Hause überlegte ich mir, wie ich mich an Shane rechen konnte.

Früher waren die Feinde in der Überzahl gewesen, doch heute herrschte ein faires Gleichgewicht an den Fronten.

Shane und ich hatten zwar eine wichtige Mission, aber noch einmal würde ich nicht zulassen, dass er mich an der Nase herumführte.

„Meinst du, dieser Grey Johnson ist vielleicht der Grund dafür, dass Sally sich umgebracht hat?" Ich stolperte immer noch über diesen Satz. Meine Zunge verknotete sich jedes Mal, als hätte ich einen Zungenbrecher aufgesagt.

„Ich habe keine Ahnung. Kann sein, kann aber auch sein, dass wir hier gerade vollkommen gegen die Wand fahren. Aber anscheinend ist Sally dieser Sache nachgegangen, also sollten wir ihren Spuren vielleicht folgen."

Shane hielt in meiner Auffahrt und stellte den Motor ab. Er sah mich an und ich sah ihn an. Ratlosigkeit stand in seinem Gesicht. Doch dann sah er hinter mich und begann die Stirn zu runzeln.

Ich drehte mich um, um die Quelle seiner Verwirrung ausfindig zu machen und erkannte sie auch recht schnell. Sie hatte blonde Haare und trug einen Nelken-Blumenstrauß bei sich.

Ich verzog gequält den Mund und drehte mich zurück zu Shane, der immer noch auf Olivers Erscheinung fixiert war. Seit der Sache mit Sally in der Schule war ich ihm aus dem Weg gegangen und eigentlich hatte ich auch überhaupt nicht mehr mit einer Entschuldigung gerechnet.

„Nelken? Liegt deine Oma im Krankenhaus oder was?", spottete Shane abfällig und seine Augenbraue schoss überheblich nach oben.

Ich schlug ihm auf den Arm und lehnte mich im Sitz zurück, um noch einmal durchzuatmen. Als ich die Tür öffnete und Shane mit mir ausstieg, konnte ich mir einen überraschten Blick nicht sparen.

Was?, fragte Shane im Stillen mit einem Schulterzucken. Ich hätte gern die Augen verdreht, aber wir waren bereits zu nah bei Oliver, der auf den Treppenstufen zu meinem Haus saß und sich sofort erhob, als er uns erblickte.

Der Wind wehte mir einige Strähnen ins Gesicht und kühlte meine erhitzten Wangen ab.

„Mara! Endlich bist du da!", rief Oliver und drückte mir den Strauß Nelken ins Gesicht, sodass der unerträglich starke Geruch der Blumen mir in der Nase kitzelte. Die Blumen waren in einem knalligen Pink gehalten und sahen allesamt aus, als hätten sie tagelang in der Sonne vor sich hingebrutzelt, weil sie ihre Köpfe hängen ließen.

„Die sehen ja genauso scheiße aus wie sie schmecken.", murmelte Shane neben mir.

Augenblicklich sah ich zu Oliver, der davon glücklicherweise nichts mitbekommen hatte und stieß Shane mit meinem Ellenbogen kräftig in die Rippen.

Oh nein, das mit Oliver machte er mir nicht kaputt!

„Du kannst jetzt gerne fahren, Shane.", presste ich hervor und gab mein Bestes, dabei mein Lächeln zu bewahren. Dass das keine Bitte war, wusste Shane, aber natürlich tat er nicht dergleichen.

„Schon gut, ich wollte sowieso nochmal mit deinen Eltern reden." Mit meinen Eltern? Shane musste mich wirklich blamieren wo es ging.

Genau wie damals, als er Leeroy und Johnny von meinen Windpocken erzählt hatte. Ich war überall mit dieser auffällig weißen Creme eingecremt worden und Shane hatte mich nur noch gefleckte Kuh genannt, selbst, als die roten Punkte verheilt waren und ich bereits wieder zur Schule gegangen war.

Aber dieses Mal würde ich nicht zulassen, dass er mich wieder blamierte. Wütend zerdrückte ich einige Stiele in meinen Fingern und hoffte, dass Oliver nicht gesehen hatte, wie selbst die letzte Lebenskraft aus seinen halb verdorrten Blumen wich.

lavendertea [beendet]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora