Kapitel 12

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Der Samstag kam mit einem heftigen Herbststurm, der bereits am frühen Morgen durch den Garten fegte, den Grill umschmiss und unsere Hollywoodschaukel entankerte.

Mein Vater war schreiend nach draußen gestürzt und hatte seinen geliebten Kugelgrill in die Garage gebracht, doch für die Hollywoodschaukel kam jede Hilfe zu spät. Der blaue Stoff hing zerfetzt in der Baumkrone hinter unserem Garten und wehte wie eine Flagge im Sturm.

Deshalb hatte ich mir vorgenommen, den Tag im Schlafanzug zu verbringen und daran hielt ich mich auch.

Wenn ich das Haus nicht verlassen musste, dann machte ich mir für gewöhnlich auch nicht die Mühe, mich anzuziehen und so steckte ich auch beim Mittagessen noch in meinem Snoopyschlafanzug, der mit dem weißen Comichund bedruckt war.

Unglücklicherweise war das wieder einer dieser Tage, an denen Dad kochte, weil meine Mutter Bereitschaftsdienst in der Apotheke hatte und ich keinen Bissen herunterbekam, ohne danach zur Kloschüssel zu rennen. Mein Vater hatte ja wirklich viele Qualitäten, aber Kochen gehörte definitiv nicht dazu.

Jessica hatte am Freitag beschlossen, wieder in ihr Haus zu gehen, sie schaute aber trotzdem mehrmals am Tag vorbei und verbrachte die meiste Zeit mit uns - oder eben mit meiner Mutter. Heute hatte ich sie noch nicht gesehen und darüber war ich auch ganz froh, sonst hätte ich nicht den ganzen Tag im Schlafanzug herumlungern können.

Irgendwann um die Mittagszeit herum klingelte es dann aber doch und ich bereitete mich innerlich auf eine Standpauke von Jessica vor, wie wichtig ein gesundes Modebewusstsein und angemessene Kleidung doch waren.

Aber statt Jessica blickte mir ein grinsender Shane entgegen, der seinen Blick amüsiert über meinen Körper gleiten ließ.

„Erst die Jonas Brothers und jetzt Snoopy, wird ja immer besser." Ich seufzte und öffnete die Tür ein Stück weiter um Shane hereinzulassen.

Er trat in das Esszimmer und begrüßte meinen Vater, der ihn sofort in ein Gespräch verwickelte, an dem Shane dieses Mal sogar interessiert schien.

Insgeheim glaubte ich, mein Vater hätte damals lieber einen Sohn bekommen, mit dem er Fußballspielen, Angeln gehen und Bier trinken konnte, aber da ich glücklicherweise frei von Gender Roles aufgewachsen war, konnte ich mit dem Fußballspielen und vor allem dem Bier auch als Mädchen eine Menge anfangen. Bloß beim Angeln fragte ich mich, wer das überhaupt gern freiwillig tat.

„Kaffe?", fragte mein Vater, der sich gerade selbst eine Tasse einschenkte. Auf ihr war der Spruch World's greatest father abgedruckt, aber das father war durchgestrichen und durch das Wort farter ersetzt worden.

Ich schmunzelte in mich hinein. Das war meine Lieblingstasse und mein Dad liebte sie ebenso wie ich, weil er jeden Morgen lachen musste, wenn der die Schranktür öffnete.

„Nein danke, ich muss sowieso was mit Mara besprechen. Können wir vielleicht hoch gehen?", fragte Shane schließlich an mich gewandt und warf mir einen dieser Blicke zu, die etwas sagten, was sein Mund gerade nicht konnte.

„Aber die Tür bleibt offen, junges Fräulein!", rief mein Vater hinterher.

Das Blut stieg mir in die Wangen, als ich frustriert aufstöhnte.

„Ich bin 17, Dad! Und außerdem kennst du Shane seit 19 Jahren und solltest wissen, dass wir uns eher an die Gurgel gehen würden."

Shane grinste noch immer sichtlich amüsiert von meinem Dad, der keine Möglichkeit ausließ, mich zu blamieren.

„Das eine schließt das andere ja nicht aus.", flüsterte Shane süffisant und sobald ich verstanden hatte, was er meinte, wurden meine Augen groß wie Teetassen. Mit hochroten Wangen, die man im Dunkel des Flurs zum Glück nicht erkennen konnte, schlug ich Shane auf den Oberarm.

lavendertea [beendet]Where stories live. Discover now