Kapitel 11

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Zur Schule musste ich heute, obwohl ich mir die Nacht unfreiwillig um die Ohren geschlagen hatte.

Meine Nase war zwar in der Tat noch immer verschnupft, aber mir fehlte schlicht und ergreifend die Kraft, um so ein Schmierentheater wie gestern noch einmal abzuziehen.

Also musste ich wohl oder übel in den Unterricht und dass ich Mrs. Hopkins in den ersten beiden Stunden als Vertretung hatte, musste so etwas wie eine schlechte Fügung des verdammten Schicksals sein.

Deswegen verbrachte ich die vollen 90 Minuten auch damit, auf die Uhr zu starren und den Zeiger anzufeuern, damit er sich ein wenig schneller von seinem Fleck bewegte.

Vergeblich.

Stattdessen zogen sich die Stunden lang wie zäher Kaugummi und als die Schulklingel mich erlöste, kam es mir vor, als wären Jahre vergangen, in denen ich auf diesem unbequemen Holzstuhl festgeklebt hätte.

Ich folgte dem Schwarm von Schülern, die sich wie die Sardinen in der Büchse durch die engen Flure bewegten und hoffte insgeheim, irgendwo in Timbuktu zu stranden.

Leider führte sie ihr Weg bloß zur Cafeteria, die ich seit Sallys Tod nicht mehr betreten hatte.

Wenn ich auf dem Schulflur schon argwöhnische Blicke von allein Seiten bekam, dann war die Cafeteria so etwas wie das Zentrum, in dem alle traschfreudigen Jugendlichen sich versammelten.

Ich hasste es.

Früher hatten Sally und ich uns immer einen Platz weit hinten gesucht, um uns heimlich über den neuesten Klatsch zu unterhalten, doch wenn man plötzlich selbst im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, fühlte es sich einfach nur noch beschissen an.

Ich hielt Ausschau nach einem freien Tisch, an dem ich meine Ruhe hatte, fand stattdessen aber Oliver, der mir von weitem zuwinkte.

Ich lächelte zerknautscht und überlegte, ob ich mich wirklich zu ihm und seinen Freunden setzen sollte.

Doch je länger ich regungslos mitten in der Cafeteria stand, desto auffälliger wurden die Blicke und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich eilig neben ihm niederzulassen.

„Wie geht's?", fragte er charmant und seine Zähne blitzten im grellen Licht der Cafeteria auf.

„Ganz gut."

Unsicher schaute ich mich in der kleinen Runde um und entdeckte nur unbekannte Gesichter. Im Gegensatz zu Sally, die jeden Namen, die dazugehörige Adresse und am besten noch die Krankenversicherungsnummer kannte, fiel es mir bereits schwer, mir einige Namen zu merken.

Drei Jungs saßen am rechten Ende des Tisches und ein Mädchen mit lilafarbenem Haar rührte desinteressiert in ihrem Brei von Essen herum.

„Das sind Kellin, Gerard und Mitch.", stellte Oliver die Jungs vor. Die drei nickten mir zu und widmeten ihre Aufmerksamkeit sofort wieder ihrem Gespräch, das von Fußball handelte. Vermutlich waren sie alle in derselben Mannschaft.

„Und wer ist sie?", flüsterte ich hinter vorgehaltener Hand und schielte hinüber zu dem lilahaarigen Mädchen, das Kopfhörer in ihren Ohren stecken hatte und leicht mit dem Kopf Zur Musik wippte.

„Oh, das ist Viola. Sie ist Mitchs Freundin, aber wir anderen haben eigentlich nichts mit ihr zu tun."

„Okay." Ich ließ die Informationen sacken und versuchte, mir die Namen der Jungs einzuprägen.

Der große Blonde war Kellin, der Rothaarige hieß Gerard und Mitch war der mit den schwarz gefärbten Haaren und den wasserstoffblonden Strähnen, die herausstachen wie die Stacheln eines Igels. Es wunderte mich, dass seine Eltern noch keinen Brief von der Schule bekommen hatten, weil er seine Haare auffällig gestylt trug. Genau wie bei Violas gefärbtem Haar war so etwas eigentlich verboten.

lavendertea [beendet]Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin