„Cierra, was ist los?" Miro. Miro sprach mit mir, es gab keinen Zweifel. Ich drückte meine Beine noch näher an meinen Oberkörper heran und schlang meine Arme um sie, als ob ich versuchte, nicht auseinander zu fallen. 

„Die hat doch nichts, die spielt nur," schlussfolgerte Tom , aber Miro ignorierte ihn und schüttelte mich leicht, um ein Lebenszeichen von mir zu sehen, aber ich gab ihm keines. 

Ich wollte nur noch alleine sein und schlafen, nichts weiter. 

„Tom, geh raus, sofort," meldete sich eine dritte Stimme und ich hörte Schritte, die sich langsam von mir entfernten, während Miro meinen Kopf anhob und mir eine Hand auf meine Stirn legte. 

„Was-Was hat sie?" fragte dieselbe Stimme, die zu Fynn gehören musste. Wie viele waren im Raum? Nur wir drei, oder noch mehr? 

„Ich weiss nicht genau," gab Miro mit zittriger Stimme zur Antwort und tätschelte mir mit der Hand die Wange, „ich kenn mich mit sowas nicht aus. Wir sollten sie in ihr Zimmer bringen."

„Dann los, geh beiseite," befahl Fynn und ich hörte Schritte und Geraschel, bevor mich zwei starke Arme in die Höhe hoben und ich meinen Kopf an eine Brust fallen liess, wo ich meine Augen immer noch geschlossen hielt. Ich war mir sicher, Fynn trug mich, denn er war stärker, als Miro.

Ich spürte einen Atem nahe an meinem Gesicht und hörte kurz danach die Worte, die mir der Anführer der Red Moons zuflüsterte: „Alles wird wieder gut, Prinzessin. Du bist nicht mehr allein."

***

Einige Zeit später, ich hatte mein Zeitgefühl vollkommen verloren, öffnete ich noch etwas verwirrt meine Augen und sah an meine Zimmerdecke, die ich noch von gestern erkannte. Ich konnte nicht mehr genau sagen, was geschehen war, und dafür war ich dankbar. 

„Cierra, Gott sei Dank! Du bist wach!" Miro sass neben mir und lächelte bis über beide Ohren. Er ergriff meine Hand und drückte sie etwas, bevor er mir eine Strähne aus dem Gesicht strich und sein Gesichtsausdruck besorgter wurde.

„Wie-Wie lange lieg ich schon hier?" wollte ich wissen und versuchte, mich aufzusetzen, was ich nur mit Miros Hilfe schaffte. Ich fühlte mich total erschöpft.

„Lange genug, willst du was Trinken und Essen?" 

Ich nickte zögerlich und zwang mich zu einem Lächeln, um Miro nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. 

Mein alter Schulfreund überreichte mir ein Glas Wasser, das ich in nur einem Zug austrank, so durstig wie ich war. Den bereits in Stücke geschnittenen Apfel nahm ich dankbar an und fing an, ihn zu essen, während mich Miro beobachtete.

„Cierra...ich will dir nicht zu nahe treten...aber was ist passiert?" fragte er mich und ich liess meinen Blick sinken. Diese Frage hatte ich befürchtet.

„Ich-ich weiss es nicht genau, ich hatte sowas wie eine Panikattacke," gestand ich und schüttelte den Kopf, um meine Gedanken loszuwerden. Ich wollte nicht mehr daran denken, ich wollte es einfach vergessen.

„Hattest du das schon mal? Passiert das Öfters?" wollte Miro wissen und ich verneinte. 

„Nein," antwortete ich, „ich glaube, das liegt nur an den....jetzigen Umständen. Wenn ich mich hier eingelebt habe, wird sich das bessern, hoffentlich..."

„Du solltest dich hier aber nicht  einleben, Cierra, du solltest immer noch gehen!" beschwörte mich Miro und sah mich mit einem Blick an, der so durchdringend war, dass ich genau wusste, dass er es ernst meinte. 

„Das haben wir doch bereits besprochen Miro, lass es gut sein, du musst dich nicht um mich Sorgen."

Ich hielt mir meine Hand an die Stirn, mein Kopf schmerzte höllisch. Ich schloss für kurze Zeit meine Augen, bevor ich sie erneut öffnete und Miros Blick erwiderte.

„Nicht um dich Sorgen?!"Das Mitglied der Red Moons erhob wütend seine Stimme, „Cierra, ich hab dich vor nicht mal drei Stunden völlig aufgelöst in dem anderen Raum gefunden! Du warst nicht ansprechbar, und jetzt verlangst du von mir, mir keine Sorgen um dich zu machen?! Das kann ich nicht! Ich mache mir Sorgen, sogar grosse!"

Ich bekam ein schlechtes Gewissen, ich hatte niemals gewollt, dass Miro wegen mir in irgendwelche Probleme geraten würde. 

„Es tut mir leid....aber bitte, lass uns später darüber reden, nicht jetzt. Ich bin wirklich erschöpft."

Miro seufzte und schaute kurz in meinem Zimmer herum, Candice war offensichtlich nicht da, was mir erst jetzt auffiel. Wahrscheinlich hatte sie wieder einen Job, den sie erledigen musste. 

„Ok, wie du willst," gab er nach und stand auf. 

„Wohin gehst du?" fragte ich etwas panisch, ich wollte nicht, dass er verschwand. Ich hatte Angst davor, alleine zu sein.

„Ich komm gleich wieder," versprach er und ergriff kurz meine Hand, „ich muss nur kurz was erledigen gehen. Schlaf ein wenig."

Miro verliess daraufhin den Raum und ich war alleine. Ich ass noch ein wenig mehr von meinem Apfel, bevor ich mich wieder hinlegte und an die Decke über mir starrte. 

Würde ich jemals wieder hier raus kommen? Würde ich jemals wieder ein normales Leben haben? Ich wusste es nicht. Gerade war ich viel zu sehr damit beschäftigt, mit diesem hier zu Recht zu kommen. 

Es klopfte an der Türe und ich sagte: „Du kannst reinkommen, Miro."

Aber als die Person die Tür öffnete, erkannte ich, dass es nicht Miro war, sondern Fynn. Er sah erschöpft aus und ich sah sofort, dass er am liebsten sofort eingeschlafen wäre, und trotzdem schleppte er sich gerade in mein Zimmer und setzte sich auf den Stuhl neben meinem Bett.

Die ersten Sekunden sagte keiner von uns etwas, wir schauten uns nur stumm an, bevor ich den Blick von ihm abwendete. 

„Ich bin nicht Miro," sagte Fynn und ich lachte kurz auf. 

„Ja, das sehe ich," antwortete ich und verdrehte die Augen, „bist du deswegen hier? Um mir das zu sagen?"

„Äh," Fynn überlegte längere Zeit, „nein, um ehrlich zu sein, nicht. Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du irgendwas Interessantes in den Dokumenten gefunden hast. Aber jetzt, wo ich hier bin, gibt es noch eine wichtigere Frage."

Was er sagte, ergab für mich keinen Sinn. Fynn wich meinem Blick aus und starrte auf seine Hände, die definitiv von einer Schlägerei mit Blut beschmiert waren. 

„Und die wäre?"

„Wie...wie geht's dir?"  

Diese Frage überraschte mich, mehr als ich mir eingestehen wollte. 

Gangs - Taken Innocence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt