Schuld und Sühne

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Schuld und Sühne

Evelyn PoV

Ich starrte gedankenverloren aus dem Fenster, nachdem John und Alicia vor einer Stunde gegangen waren. Noch immer fühlte ich mich etwas unsicher und wusste nicht wirklich, wie ich mich verhalten sollte. Denn, obwohl ich mich in der Baker Street früher immer zu Hause gefühlt hatte, so war mir dieser Ort nach einem Jahr der Abwesenheit fremd und ich hatte das eigenartige Gefühl, fehl am Platz zu sein.
Aber noch etwas ging mir durch den Kopf. Denn Alicia war noch einmal zu mir gekommen und in einem Gespräch unter vier Augen hatte sie mich inständig darum gebeten, nicht wieder einen Alleingang zu starten, durch den ich England und sie alle verlassen müsste. Und sie hatte mir noch offenbart, dass Sherlock sich das vergangene Jahr so sehr isoliert und keinen Fall bearbeitet hatte, dass ein neuer Rückschlag ihn an den Abgrund treiben könnte. Und das wollte ich natürlich keinesfalls riskieren. Obwohl es für mich immer noch schwer zu glauben war, dass Sherlock sich nur wegen mir so anders verhalten hatte.

,,Evelyn!"

Die Stimme von Sherlock holte mich in die Wirklichkeit zurück und ich senkte den Blick. Einerseits war ich froh, dass er nach Paris gekommen war und mich gefunden hatte, denn immerhin hatte es uns zusammengebracht, aber nun hatte ich wieder das Gefühl, dass meine Rückkehr nach England ein schwerer Fehler gewesen war.

,,Was ist?", wollte er nun wissen und musterte mich prüfend, während ich ihn niedergeschlagen ansah.

,,Ich sollte nicht hier sein!"

,,Doch, das solltest du. Hier und nirgendwo anders. Evelyn, du gehörst hierher. Das ist dein zu Hause.", brachte Sherlock hervor, jedoch schüttelte ich kaum merklich den Kopf.

,,Das WAR mein zu Hause, Sherlock. Ich mag vielleicht am Leben sein, aber hier in England bin ich offiziell gestorben. Hier bin ich tot und es gibt nichts, was das ändern kann."

Ich wandte meinen Blick von Sherlock ab und wusste einfach nicht, wie ich mich momentan verhalten sollte. Es war alles unglaublich viel und die Tatsache, dass Vincent irgendwo da draußen war, jagte mir eine Heidenangst ein. Sherlock schien meine Gedanken zu lesen, denn er kam auf mich zu und warf mir einen entschlossenen Blick zu.

,,Wir werden ihn aufhalten, Evelyn. Dieses Mal...wird er nicht gewinnen. Er wird für seine Taten bezahlen und wenn ich ihn eigenhändig ausschalten muss."

Skeptisch sah ich ihn an und blieb misstrauisch. Sherlock schien sich seiner Sache ja sehr sicher zu sein und ich wollte ihm glauben. Wollte glauben, dass es alles so einfach war und uns nichts passieren konnte, aber das wäre zu schön um wahr zu sein. Und ich konnte nicht ruhig bleiben, solange Vincent eine Bedrohung für meine Freunde darstellte.

,,Und was, wenn etwas schief geht?", sagte ich, als Sherlock auf einmal meine Arme umfasste und mich eindringlich ansah.

,,Es wird nichts schief gehen, Evelyn. Dieses Mal sind wir vorbereitet und ich werde nicht zulassen, dass Vincent dir noch einmal zu nahe kommt."

Ich hoffte inständig, dass er Recht hatte und alles gut werden würde. Dass wir Vincent besiegen würden und somit das Grauen endlich ein Ende haben würde. Aber es würde unglaublich schwer werden und meine Furcht, Sherlock oder die anderen zu verlieren...die war einfach zu groß. Niedergeschlagen wandte ich meinen Blick von Sherlock ab und wollte mich ihm entziehen, aber er ließ es nicht zu und hielt mich fest.

,,Es wird gut gehen, Evelyn. Ich weiß es!", sagte er und ich warf ihm einen skeptischen Blick zu.

,,Und woher?"

,,Ich bin Sherlock Holmes! Oder hast du das etwa vergessen?", entgegnete er mit einem Lächeln und nun seufzte ich.

,,Wie könnte ich? Du erinnerst mich bei jeder möglichen Gelegenheit daran."

Sherlock - Das Spiel des TodesWhere stories live. Discover now