~The North Remembers~

494 17 0
                                    


Während ich fiel, träume ich. Winterfell lag erneut vor mir, die eisernen Tore öffneten sich einen Spaltbreit. Schnee fiel unablässig, bedeckt sämtliche Türme der Festung. In der Ferne ertönte das Heulen einiger Wölfe. Wir befanden uns im tiefsten Winter. Ich erinnerte mich an diese Zeit, auch wenn sie bereits Jahre zurücklag. Man hatte uns damals prophezeit, dass dieser Winter Jahre andauern würde, eine zweite lange Nacht. Aber dies war nicht der Fall gewesen. So schnell wie er gekommen war, so schnell war der Winter auch wieder gegangen. Der folgende Sommer war heißer gewesen, als je zuvor und doch würde es noch Jahre bis zu dem falschen Frühling dauern.

"Lyanna", eine Stimme ließ mich herumfahren und doch war nicht ich es, die angesprochen wurde. Ein Junge nährte sich dem Vorplatz von Winterfell. Er konnte nicht älter als 16 sein. Seine Kleidung war schlicht und doch gut gearbeitet. Er versuchte ernst auszusehen, dennoch war ein wenig Belustigung in seinen Augen zu erkennen. Der Junge, Brandon Stark, hatte sich vor einem etwa 10jährigen Mädchen aufgebaut, welches zerknirscht einen Gegenstand hinter ihrem Rücken versteckte.

"Maester Luwin sucht dich bereits. Du bist wieder nicht zum Unterricht erschienen." Das Mädchen mit den dunklen Haaren trat von einem Fuß auf den anderen und sah vor sich auf den Boden. Anstatt weiterzusprechen seufzte Brandon und streckte seine Hand in ihre Richtung aus. Er zog eine Augenbraue hoch. Das Mädchen wartete noch einen Moment, dann holte sie den Gegenstand hinter ihrem Rücken hervor und übergab ihn Brandon. Es handelte sich um ein Schwert aus der Schmiede Winterfells.

"Was willst du überhaupt damit ?" Bran beobachtete die Waffe in seinen Händen. Sie war weder kunstfertig noch besonders scharf geschmiedet. Eine einfache Klinge, für den Kampf allerdings nicht wirklich geeignet.

"Trainieren", antwortete Lyanna. Bran überlegte einen Moment, dann seufzte er und ergriff ihre Hand. Seine kleine Schwester war genauso dickköpfig wie er. Sie würde nicht aufgeben.

"Dann komm." Ich beobachtete, wie die beiden den Vorplatz verließen und in Richtung der Schmiede gingen.

"Wenn du wirklich kämpfen lernen willst, dann brauchst du eine bessere Klinge." Bran legte das Schwert zurück auf seinen Platz und griff stattdessen nach etwas anderem. Diese Waffe war kleiner, filigraner. Lyanna konnte sie ohne Probleme mit nur einer Hand führen. Ein kühler Wind fuhr durch meine Kleidung und zwang mich, mich abzuwenden. Ich kannte die nahe Zukunft dieser Lyanna. Bran würde mit ihr trainieren, genauso wie er mit mir trainiert hatte. Heimlich im Wald, verborgen im Schatten der alten Bäume. Sie würde wachsen, besser werden, Fortschritte zeigen. Bis sie eines Tages selbst gegen Ned und Benjen gewinnen würde. Und dann? Sie würde denselben Weg gehen, den ich gegangen war. Das Turnier von Harrenhal besuchen und dazu verdammt sein Leid, Trauer aber auch Liebe zu erfahren. Und Brandon ? Mein Bruder würde niemals das tun können, wozu er bestimmt war. Niemals würde er Catelyn Tully heiraten, Lord von Winterfell werden oder ein erfülltes Leben haben. Weil er tot war, gestorben durch die Hand des Irren Königs.

Als ich mich umdrehte, befand ich mich auf einer verschneiten Ebene. Meilenweit zog sich die Decke aus dichtem Schnee. Aber inmitten dieser Ebene tat sich eine andere Szene auf. Sie wurde mit jeder Sekunde deutlicher. Die Ränder flackerten, gingen sanft in ein anderes Bild über. Der Ort, welchen ich nun vor mir sah, war hell und warm. Hitze schoss mir entgegen und doch war es keine schöne Situation. Der Thronsaal von Königsmund lag offen vor mir, wie ein Fenstern in eine andere Welt. Zahlreiche Würdenträger hatten sich um den eisernen Thron versammelt und beobachteten etwas oder jemanden. Ich trat einen Schritt näher an die Szene heran. In der Mitte des Saales standen Brandon und mein Vater. Sie beide waren einfach gekleidet und trugen noch immer ihre Reiseumhänge. Wie es aussah, hatten sie keine Zeit gehabt sich umzuziehen.

"Wir verlangen die Freilassung von Lyanna Stark." Lord Rickards Stimme war fest, als er diese Worte aussprach. Ein Schwert hing an seiner Hüfte und ich zweifele nicht daran, dass er es im Notfall benutzen würde. Aber dann fiel Brandons Blick auf mich. Seine blauen Augen, welche den meinen so ähnlich waren, sahen mich an. Genauso wie er sich gegen Vaters Regeln gestellt hatte, stellte er sich auch hier gegen Regeln. Zu meinem Schutz. Sein gesamtes Leben lang hatte er versucht mich zu beschützen, Gefahren auszuschließen, bevor sie überhaupt entstehen konnten. Er liebte mich. Auf eine andere Art, als Rhaegar es tat, aber genauso stak.

König Aerys lachte nur. Er schien mehr wie eine Bestie auszusehen, als wie ein Mensch. Seine Fingernägel waren schon lange nicht mehr geschnitten worden und ähnelten Klauen. Seine Haare waren lang und an manchen Stellen verklebt. Dafür waren seine Augen aufmerksam. Aber dahinter klaffte ein Abgrund auf, der mich zurückschrecken ließ. Er war dem Wahnsinn bereits vollständig verfallen. In einem Moment lachte er noch, im nächsten zuckte er vor Brandon und meinem Vater zurück, wie vor einer ansteckender Krankheit.

"Verräter. Verbrennt sie. Verbrennt sie alle." Diese Worte prägten von nun an die Geschichte des Hauses Starks. Das Ende hatte begonnen. Ich wandte meinen Blick ab, als die Schreie begannen. Inmitten des Thronsaales wurden Brandon und Rickard Stark ergriffen und hingerichtet. Bei lebendigem Leib verbrannt, während Aerys lachend auf dem Thron saß. Der Schein des Feuers spiegelte sich in seinen Augen.

Vor mir lag nun wieder die Schneebedeckte Ebene. Aber hinter mir stand das kleine Mädchen mit dem viel zu großen Schwert in der Hand. Nur kam dieses Mal niemand, der es ihr aus der Hand nahm, um es gegen ein kleineres einzutauschen. Wir beide standen verloren in Mitten des fallenden Schnees. Es kam niemand, Brandon war fort.

~The Dragon and the Wolf~Onde as histórias ganham vida. Descobre agora