~The Dragon and the Wolf~

~The World Has No Right To My Heart ~

Ich ließ den Stoff durch meine Hände gleiten. Mit den Fingerkuppen fuhr ich über die Stickereien. Die Winterrosen schienen zu leuchten und so real zu sein, als könnte ich den Geruch nach Erde, Schnee und Rosen tatsächlich wahrnehmen. Den Geruch meiner Heimat. Als ich meine Augen für einen Moment schloss, erkannte ich Winterfell. In meinen Träumen lag oft ein Schleier über den Türmen, er schaffte etwas unerreichbares. Ich konnte es niemals wirklich fassen. Aber nun lichtete sich der Nebel und etwas anderes kam zu Vorschein. Winterfell sah noch immer genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte, doch nun änderte sich die äußere Umgebung. Durch die schwere Wolkendecke begannen Sonnenstrahlen zu fallen, der Frühling erhielt Einzug in den Norden.

Ich verweilte noch einen Moment in meinen Gedanken, bevor ich mich für das Fest einkleidete. Ich griff nach dem grauen Kleid, welches ich bereits einmal am 3. Tag getragen hatte. Der Stoff war schlichter und dicker, als der der anderen Gäste, aber selbst die Nächte in Harrenhal konnten kühl werden. Ich steckte meine Haare hoch und befestigte die Frisur mit dem Haarband. Dann verließ ich das Zimmer, um noch einen Moment durch den Garten wandern zu können, ehe ich mich zu dem Fest begeben musste.

Ich setzte mich auf eine Bank in der Nähe des Vorplatzes von Harrenhal. Instinktiv wandte sich mein Blick gen Osten. Dorthin wo der Markt stattfand. Es war ein wundervoller Tag gewesen, der schönste seit langem. Ich fühlte mich nicht eingeschlossen, sondern voller Möglichkeiten. Mein Käfig begann sich zu öffnen. Jetzt müsste ich nur noch mutig genug sein,meine Chance zu ergreifen.

"Du trägst das Band", ertönte eine Stimme neben mir. Ich rückte ein Stück zur Seite, damit er sich setzen konnte.

"Ich finde es sehr schön. Es ist eine Erinnerung an meine Heimat", antwortete ich und sah Rhaegar an. Dieser nahm neben mir Platz und ließ seinen Blick ebenfalls wandern.

"Ich habe Brandon auf dem Weg gesehen. Ich glaube er sucht nach dir."

"Ich würde lieber noch etwas hier draußen bleiben." Ich machte eine Pause und lauschte der Musik, welche aus dem Festsaal drang. Hier draußen war sie leiser, nur noch eine entfernte Ahnung des Ausmaßes, welches sie im Festsaal annehmen musste.

"Ist es nicht seltsam, wie viele Menschen sich um einen befinden können und trotzdem fühlt man sich allein."

"Du bist nicht allein. Genieße das Fest. Tanze."

"Was, wenn ich nicht mit Robert tanzen möchte ? Ich kann mir vorstellen, warum Bran mich sprechen möchte. Es will, dass ich mehr Zeit mit Robert verbringe. Aber das bin ich nicht. Ich möchte selber entscheiden. Eigenständig sein. Wenigstens heute", ich seufzte.

"Es hat mir heute sehr gut gefallen. Der Markt war wirklich schön."

"Dir gefiel das Gefühl von Freiheit, nehme ich an ?", wandte sich Rhaegar an mich.

"Das auch. Vielleicht hatte es aber auch etwas mit meiner Begleitung zu tun", erwiderte ich und begann zu lächeln.

"Dann nehme ich das als Kompliment." Ich lächelte leicht und wandte meinen Kopf ab. Im Augenblick wollte ich nicht darüber reden.

"Ich kenne das Gefühl", begann Rhaegar schließlich.

"Man schlafwandelt, ist sich dessen bewusst was man tut, im gleichen Moment wünscht man sich aber auch anders zu leben. Man sieht die Menschen um einen herum, sieht wie sie das Leben genießen."

"Und wünscht sich, dass man das auch könnte. Das Leben so genießen, wie es auf einen zukommt. Sich für einen Abend keine Gedanken machen zu müssen.  Man möchte an den Festen der anderen teilhaben, bleibt aber ein Außenstehender", fügte ich hinzu. Ich blickte auf und sah Rhaegar an. Sah, wie sich das Licht der zahlreichen Feuerstellen in seinem Haar verfing,wie es von seinem Umhang in Tausende rote Kristalle gespalten wurde. Seine Augen leuchteten, strahlender als alle Sterne am Himmel , aber diese Melancholie umgab ihn ebenfalls. Man durfte sich von dem Bild des leuchtenden Ritters nicht täuschen lassen. Wir alle hatten unsere Dämonen , mit denen wir täglich zu kämpfen hatten.