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"Bist du verletz worden?" "Nein." flüstere ich in sein Hemd. Wir liegen eng aneinander gekuschelt in seinem Krankenhausbett. Er hat mir erzählt, dass er sich an jede Kleinigkeit erinnert. Sein Arm drückt mich enger zu ihm. Ich muss aufpassen wo ich ihn berühre denn seine komplette Brust ist bangagiert.

Ich erzähle ihm alles was ich weiß. Ich erzähle von jedem Opfer das die Schule erleiden musste. Ich berichte auch von Mikes Selbstmord. Er fragt mich wie es mir geht. Ich antworte ehrlich. Ich hatte Scheiß Angst doch es wird besser. "Willst du mir von der Schlägerei erzählen?" frage ich zaghaft. Das Thema war der Genickbruch bei uns, dennoch brauche ich das Wissen. Sichtlich unwohl schaut er mich an. Er will gerade ansetzen als die Tür aufgeht und eine junge Krankenschwester reinkommt.

Die trägt ein Tablett mit Essen zu uns rein. Langsam setzen wir uns auf. Automatisch geht das Kopfteil des Bettes nach oben. Sie stellt das Tablett auf den Wagen neben dem Bett. "Du solltest auch etwas essen gehen, Toni und Cody sind auch in der Cafeteria." Sie schaut mich an. "Ich habe keinen Hunger." erwidere ich. Mir ist der Hunger vergangen, ich konnte die Letzen Tage kaum etwas zu mir nehmen. Mein Magen ist zu verkrampft. Besorgt mustert sie mich. "Ich habe dich noch kein einziges Mal in der Cafeteria gesehen." tadeln schüttelt sie den Kopf. Sie ist nur ein paar Jahre älter als ich und trotzdem weißt sie mich zu Recht. Sie meint es nur gut. Das meinen alle. "Wann hast du das letzte Mal was gegessen?" Fragt mich nun Rick. Er scheint besorgt. Ich ziere mich unter seinem intensiven Blick. Die Krankenschwester zieht das verschiebbare Tablett zu uns, dann verabschiedet sie sich.

"Iss mit mir." Er reicht mir eine Gabel. "Ich..." zögere ich. "Ich habe nicht so großen Hunger. Iss mit mir, bitte. Megan." Obwohl er ein Krankenhaushemd trägt, sein Gesicht zeigt immer noch Blessuren und trotzdem ist er der schönste Junge den ich gesehen habe. Ich kann immer noch ihm nicht nein sagen. Ich knicke ein. Wir teilen uns das Krankenhaus essen. "Du wolltest mir von der Schlägerei erzählen." Erinnere ich ihn während ich ein Brötchen esse. Rick lehnt sich weiter zurück. "Zu aller erst, ich wollte dir nie wehtun. Es zerreißt mich das ich weiß das ich dir weh getan habe. Das tut mir am meisten leid." Er schluckt. Ich höre kurz auf zu essen und schaue zu ihm rüber. "Du hast mich nicht gesehen. " "Ich habe dich von mir gestoßen." "Ich nehme dir das nicht übel." Er nimmt meine Hand.

"An dem Abend hat mich Cody angerufen. Er wollte von daheim weg. Er hatte sich mit unserem Vater gestritten. Ich habe ihm angeboten, dass ich ihn abholen kann. Er kann hier bei mir und Toni wohnen. Da hat dann unser Vater ihm das Handy abgenommen. Er hat mich angeschrien, ihn angebrüllt. Mich auf das übelste beschimpft. Ich habe sofort eine gewaltige Wut verspürt das ich nicht klar denken konnte. Flashbacks aus den Camps verfolgten mich immer noch, ich habe die Nacht nicht geschlafen. Immer wieder Schweiß gebadet aufgewacht, weil ich mich zurück versetz gefühlt habe." Abwesend spielt er mit meinen Fingern.

 "Dann kamen die Jungs. Sie haben laut geredet. Rumgepöbelt. Ich musste Dampf ablassen. Eins kam zum anderen." Meine Finger drücken seine. "Die Worte..." Ich schlucke das ungute Gefühl runter. "Die Worte waren gemein. Ich wollte dich verletzen, weil ich sauer war. Aber keins der Worte waren ernst gemeint. Ich schlage erst um mich bevor ich nachdenke. Es tut mir leid." Das Tablett schiebe ich zu Seite und kuschle mich an ihn. Küsse ihn auf die Wange. "Ist okay." Er legt einen Arm um mich. Kurz ist es still. "Ich erinnere mich an die Worte. Die du mir gesagt hast." murmelt er mir ins Haar. Ich versteife mich. Sein Gesicht sucht mein Gesicht. Sein Atmen kitzelt mein Gesicht. Mir liegen Nase an Nase aneinander. "Ich liebe dich." flüstert er mir ins Gesicht. Diese Worte lassen mein Herz höherschlagen und meine Haut kribbeln. Sacht lege ich meine Lippen auf seine. Ich küsse ihn mit bedacht und stecke meine Liebe hinein. Gefühlvoll lässt er seine Zunge über meine Lippen gleiten. Ich öffne meine Mund. Ich höre ihn keuchen und mein aufseufzend. Seine Finger streicheln mein Gesicht und meine Taille. Er zieht mich mit einem Ruck näher zu mir.

Seine Herzfrequenz geht in die Höhe. Das piepen des Geräts wird lauter aber wir ignorieren es. Zu lang habe ich auf seine Berührungen verzichtet. Erst als Cody und Toni wiederkommen lassen wir voneinander ab. Als ich mich auf einen Stuhl setzen wollte hielt mich Rick zurück. Der Tag tröpfelt nur so vor sich hin. Wir kuscheln, unterhalten uns und spielen Karten mit Cody. Gegen Abend kommt eine nette Ärztin und stellt sich vor. Dr. Heather. Sie ist eine Psychologin in den 30igern. Sie möchte mit uns reden, privat und allein. Meine Eltern kommen auch vorbei. Sie und Toni haben vereinbart das jeder von uns jede Woche mindestens einmal zu ihr in Behandlung muss. Mir widerstrebt das alles aber ich willige ein. Rick auch. Diesen Abend muss ich mit Nachhause. Ich verspreche am Morgen wieder da zu sein. Zusammen mit Leya, Logan, Cloe, Lewis und Tristan besuchen wir ihn am nächsten Morgen. Rick muss eine Woche im Krankenhaus bleiben. Wir besuchen ihn jeden Tag.

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"Ich kann das alleine." murrt Rick. Er schüttelt Tonis Arm ab. Rick schlurft langsam zu seinem Bett und legt sich hin. Cody und ich stehen an der Tür. "Na gut." Toni lässt von seinem Neffen ab und stellt sich neben mich. "Wenn etwas ist, ruf mich an. Ich bin unten in der Bar." Toni tätschelt mit und Cody auf die Schulter bevor er sich nach unten verzieht. "Ich verzieh mich dann auch mal." sage ich zu den beiden Jungs. Sofort setz sich Rick auf. "Wieso?" Langsam gehe ich in den Raum auf ihn zu. Ein leises Lächeln liegt auf meinen Lippen. Belustigt über seine erschrockene Miene setze ich mich neben ihn und streiche seine Haare ihm aus dem Gesicht. "Ich muss nach Hause. Ich war nur zum Schlafen daheim, ich muss mit meinen Eltern endlich reden. Außerdem muss ich Morgen wieder in die Schule." Rick verzieht mürrisch das Gesicht.

Ich kichere über sein albernes, liebevolles Verhalten. "Unter anderem müsst ihr euch mal ausreden." Einen bedeutungsvollen Blick werfe ich auf Cody. "Ruft eure Eltern an, zieht Toni damit ein. Wenn etwas ist ich bin nur einen Anruf weit weg." Cody kommt in Zimmer und küsst mich auf mein Haar. "Danke, Megan. Für alles." Er lässt von mir ab um sich an Ricks Schreibtisch zu setzen. "Ich ruf dich heute Abend an." verspricht mir Rick. Mit einem kurzen, letzten Kuss verabschiede ich mich von Rick. Cody wird einmal durch die Haare gewuschelt. Ich habe die Tür noch nicht ganz geschlossen als ich höre wie Cody zu Rick sagt: " Du hast so verdammtes Glück mit ihr." "Ich weiß." lautet seine Antwort. Ich höre auch ohne ihn zu sehen, dass er lächelt. Ich merke es erst als ich am Fenster der Bar vorbeilaufe und mich selber sehe. Ein glückliches Lächeln ziert mein Gesicht. 

My GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt