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Das unaufhaltsame Gefühl von heute früh ist verflogen. Nach einem kleinen Ausflug in die Vergangenheit, in Form von Fotoalben, fühle ich mich ausgelaugt und unmotiviert. Bilder von mir wie ich gerade so über unser altes Klavier schauen kann, Fotos von mir auf einer Bühne, Erinnerungen die ich mit meiner kompletten Familie geteilt habe. Klavier spielen war mein Ding, in letzter Zeit, gerade wo es darauf zu geht uns für die Zukunft zu wappnen, vermisse ich es sehr aber die Angst ist immer noch größer. Wird auch immer größer sein. Mit deprimierenden Gedanken sitze ich wie eigentlich fast jede Woche in Tonis Bar und unterhalte mich mit ein paar Stammkunden.

Kenzie, ist eine ältere Witwe. Sie lebt alleine und kommt jeden Mittwoch hierher. Sie bringt mir immer ein Zitronen Bonbon mit. Ich hasse Zitrone aber ich bringe es nicht übers Herz ihr das zu sagen, weshalb jedes Mal Toni meine Bonbons zugesteckt bekommt. Kenzie bestellt außerdem immer das gleiche. Kirschsaft. Sie ist eine interessante Frau mit noch interessanteren Geschichten. "Berni und ich waren gerade dabei den Himalaya zu besteigen als ein tosender Wind kam. Er wehte alles und jeden Weg. Berni und ich mussten schnell handeln. Wir bauten unser Zelt hinter einem Stein auf, legten in unser kleines Zelt viele Steine. Dann kuschten wir uns zusammen hinein und warteten bis der Wind aufhörte." Um Kenzie herum haben sich auch andere Leute versammelt, so dass es nicht auffällt als ich mich wegdrehe. Rick und Toni stehen hinter der Bar und versorgen die anderen Gäste. "Ich habe das Gefühl ich war selbst schon auf dem Himalaya, so oft habe ich die Geschichte schon gehört." sagt Toni. "Ja, geht mir genauso." Lächelnd schaue ich nochmal rüber. Kenzie gestikuliert wild mit ihren Händen. "Hast du einmal Berni kennengelernt?" Frage ich Toni.

Bedauernd verzieht er das Gesicht. "Leider nicht, er ist schon früh verstorben." "Oh" Mitleidig verziehen sich meine Lippen nach unten. "Ich weiß nicht ob ich das könnte." murmle ich vor mich hin. "Was könntest du nicht?" "Ich könnte nicht über eine geliebte verstorbene Person reden als sei sie noch da." antworte ich Rick. "Warum nicht?" Ich überlege kurz bevor ich antworte. "Weil...ich sehr nahe am Wasser gebaut bin. Ich kann den Gedanken nicht ertragen jemanden zu verlieren." Ich puhle meinen restlichen Nagellack von den Fingern. "Verstehe." Rick wischt ein Glas sauber während er Nachdenklich zu Kenzie schaut. "Du verstehst das?" verwundert höre ich auf mich mit meinen Nägeln zu beschäftigen. "Ja, mein kleiner Bruder ist auch sehr nahe am Wasser gebaut. Er hat sogar einmal geweint, weil ich eine Spinne in seinem Zimmer getötet habe." Ich bekomme einen Einblick in Ricks Welt. Er hat einen nachdenklichen Blick drauf und schmunzelt leicht. Ich bin fasziniert. "Du hast einen kleinen Bruder? Wie alt?" Als er merkt wie neugierig ich geworden bin, macht er sofort zu. Seine Moosgrünen Augen verlieren den Glanz und werden wieder stumpf. "Geht dich nichts an." brummt er nur. "So wie mich deine Wasserangst nichts angeht? Oder sonst irgendwas was dich betrifft?" Herausfordern schaue ich zu ihm hoch.

Seine Gesichtszüge bleiben hart. "Ja." Er will sich abwenden aber so schnell entkommt er mir nicht. Da habe ich einmal einen kleinen Einblick bekommen und bin sofort süchtig geworden. "Deine Wasserangst ist doch so gut wie verflogen." Ich wage einen großen Schritt. "Du hast keine Ahnung, Megan." Mich macht es wütend wie er meinen Namen ausspricht. Als rede er mit einem kleinen Kind. "Das sah aber vor einer Woche aber noch ganz anders aus." Ich befinde mich auf dünnem Eis. Instinktiv habe ich mich ein bisschen vorgelehnt und funkle ihn an. "Wie gesagt, du hast null Ahnung von meinen Ängsten." Rick kneift die Augen zu und mustert mein Gesicht. "Du hast ja noch nicht mal Interesse daran deine richtigen Ängste los zu bekommen, so viel Ahnung habe ich bereits." "Megan..." wispert er.

Sein Kiefer ist hart aufeinandergepresst. "Ich habe vor nichts Angst." Er legt ein lässiges Grinsen auf sein Gesicht wie ein Schauspieler eine Maske. Das Verhalten mache ich mir zu nützen. "Ach ja?" "Ja." "Dann habe ich eine Idee!" Verkünde ich glücklich. Ich richte mich ein Stück auf und strahle Rick ins verwirrte Gesicht. "Du hast Samstagabend eine Verabredung mit mir." Innerlich bete ich das Rick mir jetzt nicht erklärt ich sehe vollkommen übergeschnappt und er hätte kein Interesse Zeit mit mir zu verbringen. Bevor ich allerdings eine Antwort bekomme, springe ich vom Stuhl auf. Ich bin echt ein Feigling, ich renne selbst vor einem Korb davon. "Ich muss gehen, Tschau Toni!" Rufe ich zu Ricks Onkel rüber. Dieser winkt kurz. "Bis Samstag." Kurz nicke ich Rick zu, lächle ihn entschuldigen an und verschwinde durch die Tür. Ich betrete gerade die Straße als ich jemanden meinen Namen rufen höre. Verwundert drehe ich mich um. "Rick?" Ich tue verwundert. Schaue ihn mit schief gelegtem Kopf an. Er verlässt die Terrasse der Bar und kommt zu mir auf die Straße.

"Ich kann Samstag nicht." Er schaut mich nicht an. "Hast du schiss?" Da schreckt sein Kopf hoch. "Vor was denn?" fragt er patzig. "Davor was ich mit dir vorhabe." Der Satz ist schon draußen als mir klar wird wie das eben geklungen hat. Mit roten Ohren versuche ich mich zu rechtfertigen. "Also das hat jetzt irgendwie anders klingen sollen." Ich schlucke schwer. Ein schiefes Grinsen liegt auf Ricks Lippen, noch hat er immer den Blick nicht zu mir gerichtet. "Ich habe keine Angst davor was du mit mir machst." Er schaut mir in die Augen, zwinkert mir zu und redet dann weiter. "Ich habe nur am Samstag keine Zeit." "Weil du ein Feigling bist." Ich stelle mich aufrechter hin, um mehr Stärke zu zeigen. "Ich bin kein Feigling." "Doch bist du. Ein Riesen großes Feigling Baby!" provoziere ich ihn. Seine Augen nehmen ein dunkleres Grün an. Rick öffnet den Mund um was zusagen als die Tür zu Bar aufgeht und Kenzie hinaustritt. "Oh Hallöchen, Megan!" Freudestrahlend kommt sie auf uns zu.

"Hallo Kenzie. " Ich lächle sie an, ignoriere den störrischen Blick von Rick. "Was macht den ihr beiden hier draußen?" Sie schaut abwechseln zu mir und zu Rick. "Wir unterhalten uns." antwortet Rick. "Hier draußen? Es ist doch viel zu unangenehm. Geht doch lieber rein." Sie zwinkert mir zu. Ich schüttle es mit einer Handbewegung ab. "Wir waren sowie so gerade fertig. Stimmst?" Breit grinsend schaue ich zu ihm rüber. 

My GirlWhere stories live. Discover now