35

15.5K 445 31
                                    

"Mir geht's gut." "Nein tut es nicht." "Doch, ich kann wieder heimgehen. Kein Problem. Meine Eltern machen sich bestimmt Sorgen. Das vorhin war einfach ein schwacher Moment. Ich weiß auch nicht mehr wieso ich so durchgedreht bin. Ich war unausgeschlafen, bekomme bald meine Tage und bin ein bisschen emotional geworden. Ich..." "Megan." Rick nimmt mir meine Clutch und meine Jacke aus der Hand, er legt sie auf seine Kommode bevor er mir ernst ins Gesicht sieht. "Ich..." setzte ich an, doch werde gleich unterbrochen. Eine große, warme Hand liegt auf meinem Mund. Wütend schiele ich auf seine Hand, danach in sein Gesicht. Besorgt hat er seine Augenbrauen zusammengezogen.

"Du bist überrumpelt worden. Es ist ganz egal was passiert ist oder wie harmlos die Situation für andere ausgesehen haben möchte, es geht nur darum was du in dem Moment gefühlt hast. Keiner kann dir vorschreiben ob es richtig war so zu fühlen. Es zählt nur was du Gefühlt hast. Jeder Mensch nimmt die verschiedensten Situationen anders auf und jeder reagiert und fühlt was anderes. Also versuche nicht deine Gefühle runter zu spielen nur weil du denkst das du falsch reagiert hast. Jetzt lass uns erstmal hinsetzten und einen Film schauen. Okay?" Er löst langsam seine Hand von meinem Mund. Ich öffne den Mund aber es kommt nichts raus. Erst beim zweiten Versuch gelingt es mir was raus zu bekommen.

"Seit wann bist du so weise?" murmle ich während ich ihm auf sein Bett folge. Wir machen es uns gemütlich und er sucht einen Film aus. "Möchtest du darüber reden?" fragt er zögern. Er sitz am Bettgestell neben mir. Eine Hand breit von mir entfährt. "Ich wurde überrumpelt. Mehr war da nicht. " gebe ich kleinlaut zu. Ich schäme mich, trotz seiner wahren Worte, für meine Überreaktion, aber in diesem Moment konnte ich nicht anders reagieren. "Ich mag deine Grandma nicht." Langsam drehe ich meinen Kopf zu ihm. Er schaut weiterhin nach vorne auf den flackernden Bildschirm. "Ich mag deine Großmutter nicht, weil sie dir ein falsches selbst Bild vermittelt." Intensiv lässt er seinen Blick an meinem Körper entlang gehen. Er spielt auf die Häppchen Szene an. Knallrot laufe ich an. "Du hast einen..." Er gerät ins Stocken "Einen guten Körper. Ich mag deinen Körper. Also du musst nichts ändern. Wirklich." Rick Conner druckt mit Worten rum. Ich bin fast sprachlos. Eine zarte röte schleicht seinen Hals hinauf in seine Wangen. Schnell schüttelt er es aber wieder ab.

"Ich bin auch wütend auf deine Grandma, weil sie dich ins offene Messer hat laufen lassen. Sie macht mich wütend, weil es jetzt schwerer sein wird dich davon zu überzeugen deine Angst zu überwinden. Wir hätten das bestimmt hinbekommen. Nein, falsch. Wir werden das hinbekommen, wir erfüllen dir deinen egoistischen Wunsch." Ohne hinzusehen drückt Rick mir einmal das Bein bevor er wieder seine Hand wegzieht. "Wie wärst du vorgegangen?" stelle ich die Frage krächzend. Den Blick gesenkt spiele ich mit einem Fussel auf der Decke rum. "Wir wären vorsichtiger an die Sache ran. Du musst dein Selbstbewusstsein wiederaufbauen. Du musst erstmal für dich die Angst überwinden, in einem geschützten Raum und nicht auf der Bühne mit Publikum." Gegen Ende des Satzes erhebt sich seine Stimme.

Man merkt ihm seine angestaute Wut an. Diese Wut die er versucht zu verstecken lässt mein Herz ein klein bisschen aus Takt geraten, denn er ist nicht wütend auf einen banalen Grund oder auf den Rest der Welt, er ist wütend, weil man mich meiner Angst ausgesetzt hat. Lange schweige ich. Ich konzentriere mich auf das jetzt, auf das was ich jetzt fühle und das was ich jetzt tun will. Ich beschließe das ich erstmal das will. Hier sitzen, mit Rick einen Film schauen nicht an meine oder seine Ängste denken. "Megan?" Sein Blick liegt auf mir, das spüre ich bevor ich hochschaue. "Danke, Rick. Du bist ein guter Mensch." wispere ich. Die Antwort bleibt aus. Stattdessen macht er den Fernseher lauter, schenkt mir ein zartes Lächeln und nimmt meine Hand.

***********

Ich wache von einem kitzeln in der Nase auf. Mit geschlossenen Lidern wische ich mir meine Haare aus dem Gesicht. Immer noch halb im Traum kuschle ich mich tiefer ins Kissen. Die Info, dass das Kissen nicht nach mir riecht kommt erst dann in meinem Kopf an als sich ein Arm um meine Taille legt und mich fester an eine Brust drückt. Geschockt reiße ich meine Augen auf. Hinter mir liegt Rick Conner. Ich liege in Rick Conners Bett. Es ist stockdunkel im Zimmer. Der Wecker auf dem Nachtisch zeigt eine viel zu frühe Uhrzeit an. Als sich Rick hinter mir bewegt werde ich Stocksteif. Sein Arm lässt los und er dreh sich auf die andere Seite. Blitzschnell bin ich aufgestanden und stehe vor dem Bett. Wir müssen während des Filmes eingeschlafen sein, denn die Fernbedienung liegt immer noch auf dem Bett und auch die Steckerleiste leuchtet noch rot. Unsicher was ich jetzt machen soll, und viel zu aufgedreht als das ich schlafen könnte stehe ich wie ein Stalker vor seinem Bett und schaue auf ihn hinunter. Er scheint unruhig zu sein. Immer wieder zieht er seine Beine an oder streckt sie gerade aus, als versuche er jemanden wegzutreten, außerdem murmelt er.

Auf Zehenspitzen hocke ich mich ans Bett. Die Worte sind unklar und zu leise als das ich was verstehen könnte. Zaghaft streiche ihm eine Haarsträhne hinter das Ohr. Ich berühre noch seine Wange als er plötzlich das schreien anfängt. Vor Schreck plumpse ich nach hinten auf meinen Hintern. Rick kämpft mit seiner Bettdecke, immer wieder kommen schreie über seine Lippen. Er schreit nach Hilfe, Befehle ihn doch los zu lassen und nach seinen Eltern. Es bricht mir das Herz. Ohne viel nachzudenken klettere ich zu ihm auf das Bett. Im Schlaf gefangen schubst er mich von sich. Ich lande zum Glück auf dem Bett. "Rick!" rufe ich. Er schüttelt den Kopf. Mit aller Kraft halte ich seine Hände an Ort und Stelle fest, drücke sie in die Matratze. "Rick, wach auf." bitte ich ihn ganz nah an seinem Ohr. Seine Reaktion auf meine Stimme, ist das er stocksteif wird. Langsam und viel zu zaghaft öffnet Rick seine wunderschönen Augen. Meine offenen Haare fallen mir ins Gesicht als ich mich vorbeuge. "Megan." haucht er. Sofort schließen seine Arme sich um meinen Körper. Er drückt mich fest an sich. Sagt kein Ton, hält mich einfach. Ich kuschle mich ein klein wenig an ihn heran. In dieser verknoteten Position schlafen wir beide ein.

***********************************

Rick ignoriert mich. Seit Samstagnacht redet er nur das nötigste mit mir. Er fährt mich ab und an nach Hause aber selbst auf diesen Fahrten redet er kein Wort mit mir. Er tut so als sei der Samstag nie passiert. Weder die Kunstgala noch der Abend danach. 5 Tage sind seither vergangen, es ist Donnerstagmittag und ich warte am Spind auf Cloe. Sie muss mir meine Mathe Utensilien wiedergeben, ich habe sie ihr heute früh ausgeliehen als klar sie, dass sie keinen Taschenrechner noch eine Formelsammlung für die Mathe Klausur dabeihat. Cloe lässt sich Zeit. Viele Schüler sind schon an mir vorbeigelaufen aber keine Cloe. Als Mike auf mich zu kommt, zischt im Kopf mich jemand an sofort zu verschwinden. "Hey Megs!" "Hi, lang nicht mehr gesehen." erwidere ich etwas unbeholfen.

"Ja, hatten die Wochen bestimmt beide viel zu tun." Er hat ja keine Ahnung was die letzten Wochen abging. "Ich wollte dich jetzt nochmal fragen ob du nicht Lust hast heute einen Caffè trinken zu gehen?" Seine braunen Kuller Augen schauen mich erwartungsvoll an. Etwas sträubt sich in mir ihm zuzusagen. Mike ist ein echt netter und anständiger Kerl aber ich könnte mir nicht vorstellen ihn zu daten. Nach Leya und Cloes Sprüche, er würde definitiv was von mir wollen sträubt sich nun alles gegen ein gemeinsames treffen allein mit ihm. "Du, Mike, ich würde echt gerne mit dir heute was trinken gehen aber..." „... Sie kann nicht, weil sie heute mit mir schon verabredet ist." beendet Rick meinen Satz. Er kam von hinten angeschlichen, hat seinen Arm um mich gelegt und mir aus der Patsche geholfen. 5 Tage meidet er mich, sieht mich nicht an, spricht nicht mit mir und jetzt mischt er sich in ein Gespräch ein. Dieser Typ ist einfach unverbesserlich. "Stimmt das?" hackt Mike nach. Er funkelt Rick böse an. „, dass? Ja das stimmt wohl." Die Verwirrung über Ricks plötzliches auftreten lasse ich mir nicht anmerken. Kritisch schaut er zu mir, dann zu Rick und seinen Arm um meine Schulter.

"Meinst du nicht das du mit jemand anderen lieber deine Zeit verbringen solltest?" "Wie meinst du das?" frage ich. "Ich meine das so wie ich das gesagt habe. Megan, der Typ ist nichts für dich. Er bedeutet Ärger und einen schlechten Ruf für dich. Zu dir passt lieber einer der dich verstehen kann, der mit dir artikulieren kann und das auf einer Ebene. " "Hast du mich gerade Dumm genannt?" fragt Rick. Er nimmt seinen Arm von meiner Schulter und geht einen bedrohlich langsamen Schritt auf Mike zu, dieser rührt sich kein Stück. "Ich sage nur wie es ist." "Rick!" Ich halte seinen erhobenen Arm fest. Er wollte ihn bestimmt nicht gleich schlagen aber schubsen und das muss nicht sein. "Mike findest du nicht das ich alt genug bin allein zu entscheiden mit wem ich meine Zeit verbringen kann?" frage ich zaghaft. Ich will mich nicht streiten. "Nein, anscheinend nicht." Rick zieht an meinem Arm nach vorne, mit Gewalt halte ich ihn immer noch fest. " Halt deine Fresse." zischt Rick. Mike zeigt sich gelangweilt.

"Siehst du Megan, er kann nicht anders als dumm daher zu reden. Ihm wurde das bestimmt nicht anders beigebacht. Dafür kann er nichts. Aber du kannst entscheiden mit wem du deine Zeit verbringen willst. Mit einem Idioten wie ihn oder einem angenehmeren Typen wie mir? " Mike lächelt mich freundlich an. Ihm scheint es egal zu sein das ich nun beide Hände um Rick gelegt habe damit er nicht nach vorne prescht. "Mike, lass gut sein." erwidere ich. "Rick, wir gehen." Er reißt sich los und geht an uns vorbei. Ohne ein Blick auf mich oder Mike. Mit offener Mund schaue ich ihm hinterher. Er rammt seine Faust gegen eins der Schließfächer und verschwindet dann hinter einer Ecke. Mike und ich bleiben zurück, ehe er nochmal versuchen kann mich einzuladen wende ich und verschwinde im Mädchenklo. Dort rufe ich Cloe an. 

My GirlWhere stories live. Discover now