41

13.9K 456 56
                                    

Mein Puls ist erhöht. Meine Hände schwitzen. Unruhe breitet sich in mir aus. "Dad!" rufe ich die Treppen nach unten.

 Ich stehe vor dem Eingang zu unserem Speicher. "Was ist denn mein Schatz?" kommt die Antwort gleich danach. "Ich brauche eure Hilfe!" Unruhig wippe ich mit meinem Fuß auf und ab. Von oben dringt warme Hitze nach unten. Ich höre meine Eltern miteinander reden, die Stimmen kommen immer näher. Ich setze einen Fuß auf die Leiter die nach oben führt und klettere langsam auf unseren Dachboden. Oben angekommen schalte ich das Licht an und schaue mich um. Überall stehen Kisten und alte Sachen rum. Alles verstaubt. Hinten in einer Ecke erkenne ich das was ich gesucht habe. "Was machst du denn hier oben?" Mein Vater hat den Kopf durch die kleine Öffnung gesteckt und schaut sich hier oben um. Von unten höre ich meine Mutter. "Könntet ihr mir helfen mein altes Klavier runter zu bringen?"

Ich habe zu meinen 5. Geburtstag ein kleines Klavier bekommen es ist nicht zu Vergleichen mit einem richtigen Flügel aber es war billiger und handlicher da es nur so groß ist wie ein Keyboard. "Du willst dein Klavier nach unten bringen?" Mein Vater klettert die letzten Stufen zu mir hoch. Er muss seinen Kopf einziehen um mir stehen zu können. Mit schiefgelegtem Kopf mustert er mich. "Du willst dein Klavier wegschmeißen?" ruft meine Mutter empört nach oben. Ich will schon widersprechen als sie auch schon durch das Loch zu mir schaut. Ihre braunen Augen sind weit aufgerissen. "Nein ich will es nicht wegschmeißen. Ich will spielen." erwidere ich zaghaft. Kurz ist es mucks Mäuschen still. Dann bricht der Damm. Meiner Mutter laufen die Tränen von den Wangen. Immer wieder schnieft sie und versucht die fließenden Tränen weg zu wischen. "Oh Liebling." Mein Vater nimmt meine Mutter zaghaft in den Arm und wiegt sie langsam hin und her. Ich schließe mich der Umarmung an. Einfach weil es schön ist umarmt zu werden. Mein Vater legt seine langen Arme um uns beide.

Er drückt mir einen Kuss aufs Haar bevor er meine Mutter auf die Wange küsst. "Ich bin stolz auf dich, Megan." sagt er. Seine Stimme ist rau. Ein wenig fester drücke ich ihn an mich. "Ich bin auch total stolz auf dich, dass du deine innere Barriere runterreißen konntest und wieder damit anfangen konntest mit dem was dir Spaß macht." Gerührt von den lieben Worten schweige ich kurz. "Ich werde aber keine Auftritte machen. Also noch nicht. Ich will den Klavierspielen erstmals nur für mich." "Alles was du willst." antwortet mein Vater. Mit einem seufzen lässt er uns dann los, er beklagt sich um Nackenschmerzen, von seiner gebückten Haltung. Zusammen mit der Hilfe meiner Eltern schaffen wir die Einzelteile meines Klavier nach unten und bauen es gleich im Kunstzimmer meiner Mutter auf.

Am Fenster steht nun das schwarze Klavier mit einem schwarzen Hocker davor. Bei dem Anblick verspüre ich Vorfreude. Mein erster Gedanke fällt auf Rick. Sofort hole ich mein Handy aus meiner Hosentasche, gehe auf WhatsApp und fotografiere mein Klavier. Ich schreibe nichts mehr darunter, sondern schicke das Bild einfach ab. Gebannt beobachte ich die Häkchen. Rick ist online. Mein Herz fängt das flattern an. Sobald die zwei Häkchen blau werden drücke ich den Homebutton und mache mein Handy aus. Unruhig laufe ich zu meinem Klavier und setzte mich auf den Hocker. Er ist noch nach ganz weit oben gestellt. Mein Handy lege ich auf die kühlen Tasten und drücke den Hocker nach unten, sodass ich bequem dasitze. Dann, endlich, ertönt die Vibration. Ich warte noch etliche lange Sekunden danach greife ich nach meinem Handy um zu schauen was er geschrieben hat.

- Ist das ein stummer Korb? -

-Korb? -

Die Nachricht kommt sofort.

-Unsere geheimen Treffen im Musikraum sind also vorbei? -

Jetzt verstehe ich, ein breiteres Grinsen zieht meine Mundwinkel nach oben.

-Ja :( -

Ich rechne nicht mehr mit einer Antwort. Umso überraschter bin ich als Rick wieder das schreiben anfängt, diesmal bleibe ich auf dem Chat. - Arbeite noch bis 18 Uhr, Lust vorbei zu kommen? - Mein Magen zieht sich vor Freude zusammen, tausende von Schmetterlingen flattern in mir umher. Ich brauche anscheinend zu lange um zu antworten den seine zweite Anriecht kommt. -Du bekommst auch einen Eistee.- -Bin in 5 Minuten da. – Schnell wie der Blitz renne ich in mein Zimmer, packe meine Umhängetasche mit allem nötigen. Ich packe auch noch schnell meinen schwarzen Bikini an, vielleicht gehe ich heute mal wieder tauchen auch wenn das Wetter nicht allzu gut ist. Kälte im Wasser hat mir noch nie viel ausgemacht. verabschiede mich von meinen Eltern und laufe im Eilschritt zu Tonis Bar.

***********************************************************************************

"Wo ist Toni?" Laute Gespräche und einzelne Lachen umgeben uns. Die Bar ist gerammelt voll. Rick steht hinter dem Tresen. Er sieht gehetzt aus. In einer Hand hat er ein volles Bier und in dem anderen Geld. "Er musste in die andere Bar, irgendwas mit der Versicherung klären." ruft Rick über die Lautstärke mir zu. Ich stelle meine Tasche an den Rand und gehe Rick zur Hand. Dieser schaut mich nur dankend an. Ich nehme ihm das Bier aus der Hand und reiche es an einen jungen Mann weiter. Wir arbeiten schweigen nebeneinander, für reden ist gar keine Zeit, weil ständig jemand etwas von uns möchte. Erst gegen Abend verlassen die meisten die Bar.

Erschöpft lasse ich mich gegen den Tresen fallen und schmeiße dem schmutzigen Lappen in die Spüle. Rick ist ebenfalls am Ende, er lehnt neben mir und atmet schwer. Seine dunklen Haare kleben ihm an der Stirn. "Danke für deine Hilfe. Als ich dich gebeten habe herzukommen war nichts los. Ich hätte dich nicht hergebeten, wenn ich gewusst hätte das hier so viel los ist." Er fährt sich mit seinen Händen durch die Haare, sodass sie in alle Richtungen abstehen. "Gar kein Problem. Ich wäre auch gekommen nur um zu helfen. Wirklich. " beteuere ich. "Danke, Megan." Meinen Kopf drehe ich zu ihm hoch. "Kein Problem." flüstere ich. Sein Anblick raubt mir kurz den Atem. So verschwitz und fertig wie er aussieht, sieht er zum Anbeißen aus. "Lust auf eine kleine Pause?" "Klar, du schuldest mir noch einen Eistee." zwinkere ich ihm zu.

Er gibt ein heiseres Lachen von sich. Mit zwei Gläsern bewaffnet setzten wir uns draußen auf die Terrasse. Draußen ist es angenehm eher schwül, das Meer verursacht einen kühlen Wind, der meine erhitze Haut küsst. Die Sonne steht tief am Himmel, sie färbt den Strand in ein angenehmes Orange. Zufrieden seufze ich auf und lasse mich in einen Liegestuhl fallen. Rick liegt direkt neben mir. Mein Eistee schmeckt heute besonders süß und verdient. "Du hast also ein Klavier daheim?" fragt mich Rick. Das Orange Licht taucht ihn in einen göttlichen Schein. "Ja, das habe ich zu meinem 5. Geburtstag bekommen. Jetzt steht es wieder in unserem Wohnzimmer." "Du hast es also deinen Eltern erzählt." Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung. "Ja, sie sind glücklich darüber." Versonnen schließe ich meine Augen und lächle gegen die Sonne. Kurz ist es still zwischen uns.

"Das heißt...dein Egoistischer Wunsch ist damit erfüllt?" Mein Kopf liegt auf der Seite, ich öffne nur die Augen und schaue ihn direkt an. Rick hat die Augen geschlossen. "Ja ich glaube ich bin jetzt erstmals Wunschlos glücklich." "Das ist gut." murmelt er schläfrig. "Dein Egoistischer Wunsch ist immer noch der Koala?" Grüne Augen treffen meine. Sie schauen durch mich hindurch. Wir liegen nur eine Handbreit voneinander entfernt. Ich spüre seine Wärme und schmecke seinen Duft. "Ich wünsche mir das mein Bruder nicht das widerfährt was mir widerfahren ist. " gesteht er leise. Noch immer liegen seine Augen auf mir. Kurz schließe ich die Augen. "Das ist ein guter Wunsch, aber er ist nicht egoistisch. Denk an die Regeln." Versuche ich das Gespräch aufzulockern. Es funktioniert nur minimal. Sein ein Mundwinkel zieht nach oben. Ein freches Grinsen kommt zum Vorschein.

"Meinen egoistischen Wunsch verrate ich dir nicht." 

My GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt