41. outing

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Mila

„ey Süße!" hörte ich von der anderen Straßenseite einen Besoffenen rufen.

Augenverdrehend schenkte ich ihm keinen Blick sondern streckte ihm nur meinen Mittelfinger entgegen.
Die bunten Lichter und der donnernde Bass des V-Club, in dem das Konzert stattfinden würde, kamen mir schon entgegen.

Schnell war ich vor dem Gebäude angekommen, vor dem schon eine Ansammlung an Menschen darauf wartete eingelassen zu werden.

„Na endlich!" wurde ich von einer leicht angetrunkenen Bella begrüßt, die auf mich zugesprungen kam und in eine feste Umarmung zog.
Auch ich war nicht mehr ganz nüchtern denn für das was ich heute vorhatte, hatte ich mir etwas Mut antrinken müssen.

„Seid ihr ready für ne geile Nacht?!" kam es von Toni, die im Gegensatz zu uns zwei deutlich mehr intus hatte und schon leicht schwankend zu uns kam, gefolgt von dem Rest der Truppe, Claire natürlich inklusive.

„Hey ihr zwei." lächelte sie, nicht so aufgedreht wie der Rest.
Irgendwas war heute anders an ihr, ich konnte nur nicht sagen was.

„Wo hast du denn Noah gelassen?"
Schon allein wie sie diese Frage betonte merkte ich, das sie das nicht einfach so gefragt hatte.

„Der ist hier." hörte ich die tiefe Stimme Noahs der wohl plötzlich hinter mich getreten war.

„Schön..." sie lächelte ihr schiefes Lächeln doch in Kombination mit den verengten Augen hatte es nicht die lockere, freche Wirkung wie sonst.

„Leute, Einlass!" kam es von Max, der auf den Eingang zeigte der nun offen stand und in den schon die ganzen Zuschauer einströmten.

[...]

Bis die Band anfangen würde zu spielen war es noch etwas hin, die Vorband bereitete gerade ihre Instrumente auf der kleinen Bühne vor.

Es war offensichtlich das die BlueBabys noch unbekannt waren denn der Club war nur halbwegs gefüllt und nicht zum Bersten voll, was ich wiederum sehr angenehm fand.
Das einzige was mich den Kopf nicht freibekommen ließ, war das was ich heute Abend endlich fertig zu bringen hatte.
Endlich ehrlich sein.

„Was sitzt n du hier so alleine an der Bar?" wurden meine Gedanken von Bella unterbrochen.
Als hätte sie gewusst das sie von ihr gehandelt hatten.

„na wie soll mich denn sonst einer-„ hob ich an doch unterbrach mich selbst. Nein, keine Lügen mehr.

„Bella, weißt du wo man hier reden kann? Also wo's eher ungestört ist?"

Verwundert blinzelte sie mich an doch nickte dann langsam.
Sie war Stammgast im V-Club seit fast zwei Jahren, obwohl bei normalen Veranstaltungen ohne Konzert der Einlass erst ab 18 war.
Deswegen kannte sie sich hier wohl mit am besten aus.

„Komm mit." sie nahm meine Hand und führte mich aus dem Clubraum durch die Flure die zu den Toiletten führten, an Türen mit der Aufschrift Privat vorbei, dann einmal nach rechts und zweimal nach links bis wir an einer schmalen Wendeltreppe angekommen waren, die mit dicken Ketten verhangen war, man jedoch ohne Probleme drüber klettern konnte.

„Was eine gute Absperrung." bemerkte ich sarkastisch und Bella kicherte.
„Eigentlich ist die gar nicht nötig denn außer dem Perso weiß eh keiner das es die gibt."

„Und woher weißt du das?"

Sie zuckte grinsend mit den Schultern.
„Hab mal den Barkeeper verführt und der hat mir das gezeigt."

Es wunderte mich warum mein Herz sich nicht vor Eifersucht zusammenzog, wie sonst immer.

Das flaue Gefühl im Magen war das einzige was ich verspürte und das kam von der Aufregung die sich gerade in jeder einzelnen Pore ausbreitete.

Ich stieg hinter Bella die wacklige Treppe empor, oben angekommen betätigte sie einen Hebel und drückte dann die Luke die sich über uns befand auf.

„Wow" hauchte ich und sah mich um, als ich nach Bella durch das Loch aufs Dach geklettert war.

Man sah Kilometer weit über die Dächer Berlins.

„Hier sind wir ungestört, und müssen dabei nichtmal den Club verlassen." lächelte Bella.
„Also, was wolltest du mir sagen?" fragte sie dann, etwas ernster.

Meine Hände zitterten, weswegen ich sie ineinander verschränkte, dann gleich wieder voneinander löste und an meinem Minikleid herumzupfte.
Mein Kopf war gesenkt, ich starrte orientierungslos auf den Boden, meine Atmung war unregelmäßig.

Ich spürte Bellas erwartungsvollen Blick auf mir, weshalb ich beruhigend ein und ausatmete.
Dann hob ich meinen Kopf.

Jetzt.
Jetzt oder nie.
Nie...?
Nein.
Jetzt!

„Ich... ich stehe nicht auf Jungs. Hab ich noch nie. Und eigentlich, hab ich die ganze Zeit nur dich geliebt."

[...]

Die Minuten verstrichen in denen wir uns einfach nur ansahen

Dann erhob Bella das Wort.
„Wow... das... ist was neues..." sie hielt kurz inne und sprach dann weiter.
„Liebst du mich denn immer noch? Du hast in der Vergangenheit gesprochen als du meintest das du es tust."

Perplex blinzelte ich sie an.
Hatte ich das?
Natürlich war mein erster Impuls mit „ja" zu antworten, denn das war es schließlich was mir die letzten Jahre ständiges Kopfzerbrechen und herzschmerz bereitet hatte.

Aber jetzt, wo ich alles gesagt hatte und die Wahrheit endlich offenlag, merkte ich das ich nicht mehr so für sie empfand wie ich es lange Zeit getan hatte.

Es war so zur Gewohnheit geworden, so selbstverständlich das ich Bella liebte, das ich wohl gar nicht gemerkt hatte das ich mich mit der Zeit wieder entliebt hatte.

Ich konnte es selbst kaum fassen doch war merkwürdig erleichtert darüber.

Ich fühlte mich mit einem mal so unfassbar frei, frei von Sorgen und der Abhängigkeit mancher Menschen.

Langsam schüttelte ich den Kopf.
„Ich hab es. Sehr lange. Aber jetzt, empfinde ich nur noch Freundschaft für dich."

Bella legte ihren Kopf etwas schräg, lächelte dann ihr Lächeln bei dem ich früher Herzrasen und Ausbrüche der Glückseeligkeit empfunden hatte, doch das mich nun nur noch gut fühlen ließ.
Weil ich verstand, das Bella kein Problem mit dem hatte was ich ihr gerade gesagt hatte.

Weil sie mich akzeptierte.

„Wird sich denn jetzt etwas ändern?" fragte ich dann vorsichtig und schaute meine beste Freundin unsicher an.

„Abgesehen davon das du mir nichtmehr alle Typen ausspannst" sie grinste „ist doch alles wie vorher."

Sie kam auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung.
Erleichterung breitete sich in mir aus.
Pure Erleichterung die geradezu euphorisch wirkte.

„Hattest du denn jemals was mit nem Mädchen?" fragt Bella neugierig als wir uns voneinander lösten und ich schüttelte den Kopf.

„Sobald es öffentlich ist wird eh jedes Chick auf dich fliegen." sie lachte und stupste mir in die Seite „du wirst alle Heteros zu Homos machen."

Auch ich begann zu lachen, ich konnte einfach nicht anders.

„Mission für den heutigen Abend: du suchst mir nen heißen Kerl und ich dir ne scharfe Braut, ok?"

Wieder musste ich lachen und stieg als erste wieder durch die Luke.
Ab jetzt würde alles gut werden, da war ich mir sicher.

Was könnte jetzt schon noch passieren?

Scum Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt