20. Gespräche um 03:00am

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Noah

So richtig konnte ich es immer noch nicht fassen.
Eigentlich hatte ich doch einfach nur schnell mit der Karte meines Vaters Zigaretten holen wollen, weil Mark der Idiot mir vor wenigen Stunden als wir bis spät abends noch im skatepark waren, mir meine letzte einfach weggeraucht hatte.

Ich schlief nicht sonderlich viel, deswegen war es insbesondere am Wochenende nichts ungewöhnliches für mich, noch so spät einen Abstecher nach draußen zu machen.
Und dann, um fast drei Uhr morgens, nur wenige Meter von meiner Haustür entfernt, traf ich Sofie.
Schon wieder eine von Claires Gefolge.

„D-Du?" nuschelte sie mit großen Augen und wischte sich übers Gesicht.
Wie es aussah hatte sie geweint.

Bestätigend nickte ich.
„W-Was machst du hier?"
Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust was wohl einen starken oder strengen Anschein erwecken sollte, jedoch kläglich versagte.

Sie sah einfach nur... niedlich aus. Und irgendwie auch bemitleidenswert.

„Das gleiche könnte ich dich fragen." sagte ich ruhig, worauf Sofie nur ein verächtliches Schnauben ausstieß und die Schultern etwas hochzog.

„Ich bin hier um kippen zu kaufen. So jetzt bist du dran."

„Das funktioniert bei mir nicht." murmelte sie und blickte dabei gerade aus.

„Was?" fragte ich leicht verwirrt.
„Dieses frage und Antwort spiel. Ich bin nicht Claire, nur weil sie das mit jedem macht tue ich das noch lange nicht."

„Und warum nicht?"

Jetzt blickte sie doch zu mir, ihre hellen braunen Augen, zwar etwas verquollen und gerötet, aber trotzdem warm und irgendwie so... lieb.
Die Augen eines Menschen können sein ganzes Innerstes zum Vorschein bringen, wenn man sie nur gut genug deuten kann.

Leider konnte ich das nicht, aber eigentlich hatte ich das auch nie gewollt.
Erst in letzter Zeit, bei manchen Menschen hatte es mich auf einmal irgendwie interessiert.

„Warum nicht?" wiederholte Sofie meine Frage und lachte fast auf. Es war kein gehässiges Lachen, eher traurig.

„Um sowas mit Leuten zu machen muss man interessant genug sein um es weiter zu führen. Du wirst sehen, mit mir wird der Gesprächsstoff in wenigen Minuten verbraucht sein."

„Wow" Ich räusperte mich „du bist ziemlich ehrlich."
Sie zuckte mit den Schultern.

„Hat man mir so beigebracht. Meine mum ist auch immer ehrlich zu mir."

Eine kurze Stille entstand, die ich dann wieder brach.

„Nun, wenn unsere Unterhaltung nach deiner Aussage also nicht mehr lange andauern wird kann ich ja noch eine rauchen bevor ich wieder gehe."
Der Sarkasmus in meinen Worten und das belustigte Schmunzeln meinerseits, sprachen Bände.

Sofie reagierte jedoch nicht auf das Gesagte und starrte nur die Packung Kippen an, die ich hervor zog.

„Ähm... du, dürfte ich... vielleicht auch eine haben?... bitte?"

Als Antwort streckte ich ihr die Schachtel entgegen und dankend zog sie eine Zigarette heraus.

Nachdem Sofie sie sich mit meinem Feuer angezündet hatte und den ersten Rauch ausblies spürte ich wieder ihren Blick auf mir kleben.

Scum Where stories live. Discover now