Kapitel 31

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,,Du musst hier noch ein Jahr machen." berichtete ich Tyler, als wir freitags in der Kantine saßen. Neben ihm saß Eric und ein paar Jungs, die wohl sowas wie seine Kumpels geworden waren.
,,So? Und wer sagt das?" harkte er nach und sein Blick sagte mir alles. "Hey, uns stehen jetzt alle Türen offen, wir brauchen jetzt nicht mehr alles dafür zu tun, dass sie uns vertrauen." schien er sagen zu wollen.
,,Der Commander." er zog die Augenbrauen nach oben, damit hatte er wohl jetzt nicht gerechnet.

,,Übrigens Glückwunsch zu deinem Titel. Muss ich dich jetzt Ma'am nennen?" versuchte Eric zu schertzen, worauf ich meine Mundwinkel kurz zucken ließ. ,,Wird sich in den nächsten Tagen entscheiden." meinte ich und widmete ich wieder meinem Essen.
,,Und was macht ihr so? Wir haben ja jetzt ein freies Wochenende." fragte Tyler in die Runde. Luke und Ed besuchten ihre Freundinnen, Drew und Rob ihre Familien. Eric unternahm etwas mit seinen Kumpels, aber fragte höflicherweise noch, ob Tyler nicht auch mit wolle, der aber verneinte.
Ich beschloss, dass ich mir den Grundriss des Regierungsgebäudes und den Komplexen daneben besorgte und sie sorgfältig studierte, damit ich nicht ganz unvorbereitet war.

***

Das physische Training machte immer mehr Spaß, seitdem Tyler da war, denn er konnte mich fordern. Der Typ, gegen den ich bei der Prüfung gekämpft hatte, schaute dabei zu, er war mir nicht ganz geheuer. Ich meine, er war aus einer anderen Stadt, was sollte ich von ihm erwarten?Die fünf Minuten warmes Wasser gingen in der letzten Zeit immer schneller um, vermutlich weil ich unter der Dusche über alle möglichen Sachen nachdachte. Ich muss echt damit aufhören.

,,Hey, warte mal." rief eine Stimme hinter mir, als ich mich in der Dämmerung aufmachte zu den Schlafsälen. Ich blickte den Typen, gegen den ich mich duellieren musste fragend an, blieb aber nicht stehen. ,,Ich wollte dich nur mal fragen, warum du so kämpfen kannst? Also bitte nicht falsch verstehen, ich will damit nicht sagen, dass ich dich das nur frage, weil du eine Frau bist, sondern weil ich einfach nur verwundert bin. Das, was du draufhast, ich echt krass." sprudelte er hervor. Bitte nicht. ,,Ich trainiere schon seit fast neun Jahren." gab ich zurück, in der Hoffnung, dass es als Antwort reichte. ,,Und was hat dich dazu gebracht, eine Militärlaufbahn einzuschlagen? Weil du bist ja das einzige Mädchen hier bist und es auch in meiner Stadt kein Mädchen gibt, dass sich zur Soldatin ausbilden lässt."

,,Mir hat der Gedanke gefallen, dass ich lerne, wie ich andere zusammenschlagen kann." meinte ich sarkastisch und er brach in schallendes Gelächter aus. ,,Oh man, sorry! Ich bin übrigens Drew." lächelte er, für meinen Geschmack ein bisschen übertrieben freundlich. ,,Valerie." ,,Ich weiß." ginste er. ,,Was machst du am Wochenende, Valerie?" fragte Drew und grinste mich anzüglich an.

,,Äh, ich mache mich mit meinem neuen Arbeitsplatz vertraut, ich arbeite ja jetzt im Regierunggebäude." ,,Das ganze Wochende?" Nein natürlich nicht. Aber ich will meine Zeit nicht so gerne mit dir verbringen. ,,Wenn du ein Date willst, dann musst du fragen. Aber es sollte dir bewusst sein, dass meine Antwort nicht Ja lauten wird." Drew blieb abrupt stehen und schaute mich leicht geschockt an.

,,Machst du das eigentlich, um deinen Image treu zu bleiben?" zischte er und zog die Augenbrauen zusammen. ,,Nein." ,,Ist es wegen deinem Lover?" ,,Welchem Lover!?" so langsam wurde ich sauer. ,,Na, der Blonde. Ihr klebt zusammen, wie siamesische Zwillinge." ,,Wenn du die Vorgeschichte kennst, dann würdest du dich für die Frage ohrfeigen." keifte ich.
Drew atmete langsam aus. ,,Also ist er nicht dein Freund. Hör zu, ich weiß, es ist schwachsinnig, aber ich will dich gerne kennenlernen." Ich schaute zu Boden, da ich nicht wusste was ich sagen sollte. Drew seuftzte, trat einen Schritt vor und presste seine Lippen auf meine. Noch in der Sekunde, in der ich überlegte, ob ich ihn wegstoßen oder ihm den Arm brechen sollte, ging die Tür zu den Schlafsälen auf und über Drews Schulter sah ich Tyler im Türrahmen stehen, ehe ich ihn von mir stieß.
Ich schaute bestürtzt von Drew zu der Tür, die sich jetzt wieder geschlossen hatte. ,,Was..." ,,Es tut mir..." fing er an und seine Wangen verfärbten sich puterrot. ,,Spar dir das. Und sprich mich nie wieder an." zischte ich und rauschte an ihm vorbei.

Mein Gehirn stellte sich komplett aus und ich folgte zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, meinen Gefühlen.
Ich schaute im Schlafsaal nach, dann lief ich zu dem Sportkomplex, in die Bibliothek dann in der Kantine nach. Zum Schluss klapperte ich alle Unterrichtsräume ab. Kein Tyler.
,,Sir, haben sie Mister Hunter gesehen?" fragte ich einen Oberoffizier, der mir auf dem Gang entgegenkam. ,,Hunter? An der Außenwand, hatte mir gesagt, dass er laufen gehen will." ,,Vielen Dank, Sir." murmelte ich und hastete an ihm vorbei, über den Vorplatz und passierte das große Tor, wobei ich dem Wachtmann einmal zunickte.
Er geht ganz bestimmt nicht laufen. Endlich erreichte ich die Stelle an der Wand der Kaserne, in der man mit einem Fuß Halt fand. Ich drückte mich nach oben und zog mit Schwung auf einen höher gelegenen Ast, der großen Buche, die mir schon sooft einen treuen Dienst dabei geleistet hatte, auf das Dach der Kaserne zu gelangen.
Ich kletterte noch ein bisschen höher, dann stieß ich mich ab und landte fast lautlos auf dem Vordach, dann schwang ich mich die Sprossenleiter hoch und zog mich am Vorsprung hoch.

Tyler saß mit dem Rücken zu mir und ließ seine Beine über den Dachrand baumeln, von dort aus hatte man einen atemberaubenen Blick in der Ferne, auf den Sonnenuntergang und man konnte die Mauer deutlich sehen, die uns von den Wastern trennte.
,,Tyler." flüsterte ich und ließ mich neben ihm nieder. ,,Das war... eine Überraschung." meinte er leise und das Lächeln misslang ihm kläglich. ,,Für mich auch. Tyler?" ,,Ja?" er wandte mir endlich sein Gesicht zu. ,,Küss mich bitte." wisperte ich und rückte ein Stück näher zu ihm.
Sein Atem wehte leicht über mein Gesicht und er sah mir in die Augen. ,,Valerie." hauchte er und strich mir eine gelöste Strähne hinter das Ohr, dann nahm legte er eine Hand in meinen Nacken.

Endlich fanden seine Lippen die meinen. Und ich hätte nie gedacht, dass das so ein schönes Gefühl ist.

Der Anfang des EndesΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα