Kapitel 30

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Der theoretische Teil war ein Klacks gewesen, die Prüfung hatte aus sechs Teilen bestanden und ich hatte bei keiner Aufgabe lange überlegen müssen. Nun hatte ich eine Stunde Pause, bevor der praktische Teil begann. Ich saß, wie die anderen siebenunddreißig Absolventen in der Mensa.

Wenn die Regierung wirkich an mir und Tyler und vielleicht auch an ein paar anderen ihre "Medikamente" ausprobiert hatte, wie hatte sie es denn angestellt? Ich hatte in den letzten Monaten keine Spritzen bekommen und das Trinkwasser zog ich mir auch aus dem Spender, wie all die anderen Leute auch. In dem Essen konnte es auch nicht sein, denn das wurde an der Essensausgabe abgegeben und es wurde nicht genau für jeden eine Portion angerichtet.
Bald habe ich die Schlüssel, dann kommt Klarheit in die Sache. Hoffentlich.
Wir müssen uns nur noch überlegen, wie ich Tyler mit in die Gebäude und Räume schleusen kann.

Das Schrillen ließ mich aufspringen und auf den Vorplatz eilen, auf dem sich schon fast alle versammelt hatten. ,,Stillgestanden, Soldaten!" brüllte der oberste Commander. ,,Erster Teil besteht aus Messerwerfen, zweiter Teil aus dem Schießen, dritter Teil aus Nahkampf. Letzendlich werden von euch exakt fünf den ehrenwerten Titel erhalten." Wir salutierten und maschierten im Gleichschritt zu dem Trainingskomplex, indem wir schon von fünf Richtern erwartet wurden, für jede Schießbahn einer. Diesmal wurden wir alphabetisch aufgerufen und ich war mit in der ersten Formation. 
Ich lud das Gewehr und visierte zuerst das Bein des Dummies an. Dann das Herz, auf das ich zweimal schoss und dann noch zweimal genau auf den Punkt, der bei Menschen zwischen den Augenbrauen gelegen hätte.
Vermutlich hätte mein Gesicht bestürtzt gewirkt, aber dank meiner kühlen Maske, die ich all die Jahre aufhatte, hatte sich meine Miene kein Stück geändert, als rote Flüssigkeit aus der Puppe lief. Aus den Augenwinkle sah ich, dass der Richter meine Reaktion auf das künstliche Blut bewertete.

Ich füllte die 38'er und verschoss die ganze Munition, aber jede Kugel traf genau ihr Ziel. Genauso wie die Messer, die ich in der Halle, die auf zwei Seiten aufgeteilt wurde, auf unterschiedliche Ziele werfen musste. Zwei bewegliche Ziele waren darunter, die ich ohne große Mühe direkt in den schwarzen Punkt traf, genauso wie die anderen.
Der Richter notierte sich meine Ergebnisse und schickte mich rüber, in den anderen Hallenteil.

,,Diesmal ist es anders. Wir werden euch nicht gegeneinander kämpfen lassen, sondern wir haben andere Unteroffiziere aus einer anderen Stadt einfliegen lassen. Sie haben den Titel des Unteroffiziers bereits letztes Jahr erreicht und werden gegen euch antreten." erklärte der Oberste schon fast schadenfroh. Aus einer anderen Stadt? War das- ging das überhaupt? Wie war das möglich, ohne dass jemand aus der Schule es mitbekommen hat?
,,Das einzige Mädchen?" unterbrach mich ein braungebrannter Junge mit einem Lächeln. Ich nickte. ,,Viel Glück." meinte er ernst. Ich wünsche dir viel Glück, Kleiner. Er war ungefähr auf einer Höhe mit mir. Ein weiterer Richter stellte sich an den Rand der Matte und gab das Startzeichen.

Ich stellte mich breitbeinig und leicht vornerüber gebeugt gegenüber des Typen auf und fixierte ihn. Ich übte den Angriff aus, den er mit Leichtigkeit parierte. Das wird ein interessantes Duell werden.
Schlag meinerseits, Ausweichmanöver seinerseits, Angriff von ihm, parieren von mir. Wie lange sollte das noch so weitergehen? Ich konnte keinen vernünftigen Treffer setzen, also musste ich auf's Ganze gehen.
Kurz nachdem er meinen Tritt ausgewichen ist, ramme ich ihn mit der Schulter zu Boden und drückte seine Beine nach unten, doch noch ehe ich mich stabilisieren konnte, schubste er meine Schultern nach oben und schmiss mich von sich runter, sodass er ein Knie in meinen Magen drücken konnte. Mit der Handkante schlug ich in seinen durchgedrückten Ellenbogen, sodass er zur Seite abknickte und ich aufspringen konnte, während er den Halt verlor.
,,Okay, okay, Stopp. Commander," rief er aus der Puste, während er flach auf der Matte lag und die Arme nach Oben streckte. ,,Sie- sie hat gewonnen. Wenn wir uns weiter duellieren würden, würde sie mich ausknocken." keuchte er und der Kommander schrieb etwas auf den Zettel im Klemmbrett.
,,Bennet, sie sind durch. Die Prüfungergebnisse kommen Montag." blaffte er und ich nickte einmal, während ich versuchte, meinen Atem zu beruhigen. Ich habe mit Sicherheit bestanden. Nein, ich habe mit Sicherheit den Titel in der Tasche.

***Montag***

,,Bennet, Cole, Kaffery, Malkoy und O'Brien bitte in's Büro."  schallte die Stimme auf den Lautsprecher. Tyler blickte mich triumphierend von der Seite an und hob die Hand, ließ sie dann aber wieder fallen. Mr. Bakery sah mich auch an und deutete zur Tür, als Zeichen, dass ich entschuldigt war. Er war der Lehrer, den ich am meisten mochte und er war schon seid er an der Universität Gesellschaft und Ethik studiert hatte hier an der Militärschule und obwohl er nicht so recht von seinem äußeren Erscheinungsbild hier rein passte, respektierten ihn alle. 
Im Eilschritt lief ich zu dem Büro des Commanders, vor dem ich kurz salutierte.
,,Kameraden, ich gebe hiermit bekannt, dass ihr befördert seid. Eure Ausbildung ist hiermit abgeschlossen, es sei denn, dass ihr einen noch höheren Posten erreichen wollt." Er überreichte uns unsere neuen Uniformen und seperat dazu den Ansteckstern, nachdem er uns nacheinander die Hände geschüttelt hatte.
,,Nächste Woche ist auf dem Vorplatz eine Siegerehrung für alle, die hier besonders aufgefallen sind, natürlich wird da ihre Beförderung noch einmal bekannt gegeben." er machte eine bedeutungsvolle Pause. ,,Ihr seid hiermit entlassen. Bennet, sie haben sicherlich noch eine Minute." ,,Natürlich Sir." Die anderen salutierten noch einmal, dann machten sie sich aus dem Staub.

,,Ich denke, jetzt kann ich es Ihnen erzählen. Ich hatte zwei Leute darauf angesetzt, Derek Hunter zu beschatten, wie er sich hier macht, ob er vielleicht etwas im Schilde führt. Ich hätte ihnen mehr vertrauen sollen, denn er ist anscheinend wirklich eine Vertrauensperson. Er wird hier das nächste Jahr abschließen dürfen."
,,Vielen Dank, Sir. Ich werde es ihm ausrichten, Sir." Er nickte mir zu und seine Mundwinkel zuckten leicht. ,,Und da wäre noch etwas. Sie werden Zugang zu vertraulichen Dokumenten haben. Ich denke, sie werden im Regierungsgebäude eingesetzt." er deutete mit dem Kinn aus der komplett verglasten Wand. ,,Ist mir eine Ehre, Sir." ,,Sie werden noch über genaueres informiert, bis dahin haben sie schon das Wort über ihre Einheit. Das heißt, sie müssen sie kontrollieren und führen."

,,Selbstverständlich, Sir." ,,Passen Sie auf sich auf, Bennet."

Der Anfang des EndesWhere stories live. Discover now