Kapitel 23: Nervenbündel

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Ich führte Sally zum Abreiteplatz, Lars hielt die Stute fest und Ella warf mich in den Sattel. Nachdem ich ein paar Runden um den Platz geritten war lenkte ich die Apfelschimmelstute auf den Abreiteplatz und nach ein paar weiteren Schrittrunden begann ich sie im Trab zu arbeiten.

Aber meine Nervosität und geistige Abwesenheit taten meinem Reitstil nichts gutes.

Und so verwirrte ich meine arme Stute, die doch immer nur alles richtig machen wollte und alles für ihren Reiter tat, völlig.

Sie rettete mich ein paar Mal aus wirklich kniffligen Situationen vor dem Sprung und versuchte das Chaos an Hilfen dass ich ihr servierte halbwegs umzusetzen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Als wir zum Einreiten aufgerufen wurden hatte ich schon mehrere Standpauken von Lars einkassiert.

Sally wurde zunehmend nervöser, tänzelte und schwitzte. Aus ihrem Maul tropfte Schaum und ihre Nüstern waren weit aufgerissen. Im Nachheinein war mir klar, dass es komplett verantwortungslos, irre und lebensgefährlich war in diesem Zustand in den Parcours zu reiten, aber in diesem Moment hatte bei mir einfach jegliches Denkvermögen ausgesetzt.

Ich schaffte es kaum zu grüßen und als ich dann angaloppierte riss Sally den Kopf hoch und raste mit rollenden Augen los.

Entsetzt setzte ich mich tiefer in den Sattel und gab eine Parade. Die Stute reagierte so gut sie konnte und kam etwas wackelig über den ersten Sprung. Als wir aufkamen wurde mir für eine Sekunde schwarz vor Augen und ich musste mich mit all meiner Kraft am Sattel festhalten.

Ein anhaltendes Piepen setzte in meinen Ohren an und wurde immer lauter, je näher wir dem nächsten Sprung kamen. Wieder kamen wir nicht besonders gut über das Hindernis.

Tränen rannen mir die Wangen hinunter und ich spürte wie meine ohnehin geringe Kraft mir langsam ausging.

Es war wahnsinnig anstrengend für mich mich im Sattel zu halten und ich klammerte mich am Zügel fest.

Auch Sallys Energie wurde weniger, der Schweiß rann ihr Fell hinunter und bildete Schaum an den Stellen wo er von den Zügeln aufgerieben wurde.

Sie schnaufte heftig, doch sie nahm weitergin jeden Sprung und machte ihn sich passend, weil ich nicht die Kraft dazu hatte.

Doch auch wenn sie sich mit Löwenmut auf den letzten Sprung stürzte war auch sie nicht mehr stark genug und die oberste Stange polterte mit lautem Getöse zu Boden. Der Satz den sie gemacht hatte, hätte mich beinahe von ihrem Rücken gerissen und ich fiel wie ein nasser Sack auf ihren Hals und musste mich in der Mähne festhalten als wir aufkamen.

Meine Stute parierte erschöpft durch und ich klammerte mich um ihren Hals. Stumme Tränen strömten über meine Wangen und in mir tobte ein Sturm aus Verzweiflung, Reue weil ich Sally das alles zugemutet hatte und einer unglaublichen Wut auf meine Mutter.

Am Ausgang sah ich wie Lars energisch auf meine Mutter einredete. Vermutlich um sie davon abzuhalten mir an die Gurgel zu gehen.

Maja stürmte auf mich zu als ich kraftlos aus dem Sattel rutschte und nahm mich in den Arm.  »Linny!«
Meine Knie zitterten und ich lehnte mich an Maja und ließ mich von ihr auffangen.

Erneut fragte sie mich was mit mir los seie doch ich schüttelte nur den Kopf und half ihr Black Dream zu satteln, während Lars Sally trocken führte. Keine Ahnung wo er meine Mutter gelassen hatte.

Für Maja lief das Springen super. Sie war mit klarem Verstand und beinahe stoischer Ruhe bei der Sache und so siegte sie verdientermaßen.

Sie hatte einfach die bewundernswerte Fähigkeit sobald sie in den Parcours ritt alle Gedanken zu verdrängen und alle Gefühle ab zu schalten.

Bis zum Abend hatte ich mich wieder etwas beruhigt, vorallem weil meine Mutter sich mir gegenüber in eisiges Schweigen gehüllt hatte. Ich dachte wirklich ich wäre in der Lage das Springen zu reiten.

Doch es stellte sich heraus dass ich das nicht war. Nachdem die Glocke erklungen war schoss Blind zunächst kopflos los auf den ersten Sprung zu und war schon drüber ehe ich mir auch nur einen Gedanken machen konnte.

Blind war kein Pferd, wie Sally, das bedingungslos alles für seinen Reiter tat. Sie machte nur das wad du mit ihr machtest. Normalerweise war sie die Ruhe selbst und eher stoisch. Sie machte alles mit mir mit und wenn ich nichts machte dann machte sie halt ihr eigenes Ding.

Doch noch nie hatte ich sie dabei so unendlich gehetzt erlebt wie jetzt.

Direkt nach dem Sprung schlug sie einen Haken der mich gehörig aus dem Gleichgewicht brachte. Ich hatte mich schnell wieder gefangen und lenkte sie auf den zweiten Sprung zu, doch sie sprang nur zur Seite und riss den Kopf hoch. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie rannte zu Seite weg. Erneut wendete ich, galoppierte sie wieder an und ritt den Sprung erneut an. Dieses Mal stieg Blind kerzengerade in die Höhe. Ich klappste ihr mit der Gerte auf die Schulter und versuchte ein letztes Mal den Sprung anzureiten.

Doch Blind brach in rasendem Tempo seitlich aus und als ich versuchte sie durch zu parieren stieg sie erneut. Diesmal mehrmals hintereinander.

Die Glocke klingelte. Mein Pferd hatte dreimal verweigert und damit waren wir ausgeschieden.

Die Stute war ein totales Nervenbündel und spiegelte mich damit zu hundert Prozent wieder.

Noch in der Schleuse zur Abreitehalle wurde ich von Lars, Mam und Maja angefangen.

Während Maja mich nur mitfühlend ansah und die nervöse Blind Date am Zügel nahm und Lars tröstend auf mich einredete rastete meine Mutter komplett aus.

»Linnea Katharina Griez! Hat dir dieser peinliche Auftritt heute morgen nicht gereicht? Musstest du dich, und dadurch auch mich, unbedingt nochmal blamieren?!«

Ich schwang mich ohne zu antworten aus Blinds Sattel und presste mein Gesicht an den nassgeschwitzten, dunkelbraunen Hals der Stute.

Die Tränen brannten mir hinter den Augen. Glaubte sie etwa mir hatte das Spaß gemacht. Und überhaupt lag die Schuld doch wohl auch mindestens zur Hälfte bei ihr!

Als sie zu einer neuen Palette Vorwürfe ansetzte machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte aus der Halle.

In der Nähe der Ställe ließ ich mich auf einen Heuballen sinken und käpfte gegen das Weinen an.

Als ich hinter mir Schritte hörte kauerte ich mich zusammen und hoffte das wer auch immer es war vorbei gehen würde.

Die Schritte hielten inne und Sekunden später stand Maja neben dem Heuballen.
»Alles okay bei dir?«, fragte sie vorsichtig und setzte sich neben mich.
Ich hob scniefend den Kopf von den Knien und wischte mir über die Augen.    
»Sehe ich so aus?«, fragte ich aufgelöst.
»Hey«, sie legte mir freundschaftlich einen Arm um die Schultern,  »Willst du mir nicht erzählen was los ist?«
Ich fing wieder an zu weinen:  »Ich War so nah dran! Aber ich kann einfach nicht mehr. Verstehst du? Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr.«
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Das hat jetzt lange gedauert, sorry. Ich war wiedermal in einer Prüfungsphase, aber jetzt versuche ich wieder öfter Kapitel hoch zu laden. Und ja das sage ich jedesmal haha.
Liebe Grüße,
Eure Lia

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