Kapitel 23: Nervenbündel

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Eigentlich hatte ich mir schon nach dem letzten Turnier geschworen, dass es mein letztes sein würde. Warum ich trotzdem hier war... Keine Ahnung.

Maja war immer mit vollem Elan dabei, weil sie die Turniere für sich ritt, weil sie es wollte. Genau das würde ich auch gerne tun, aber ich konnte es nicht.

Ja, auch sie bekam Druck von zu Hause. Allerdings konnte sie damit um einiges besser umgehen als ich. Maja unterstützte mich trotzdem mit meiner Last wo sie konnte aber erstens wollte ich ihr auch nicht noch zusätzlich so viel aufbürden und zweitens musste ich das selbst regeln. Ich traute mich nur nicht.

In manchen Momenten, da ging meine Mutter plötzlich aus sich heraus und gab den Blick frei auf die Person die sie sein könnte wenn sie nicht von einem so übertriebenen Ehrgeiz besessen wäre den sie auch von anderen erwartete,aber die meiste Zeit über war sie in ihren Mustern gefangen.

Schade, dass sie es nicht schaffte den ab zu legen und ich fragte mich wieso nicht. Es war doch sicher nicht angenehm so hohe Anforderungen an sich selbst und andere zu haben.

Die Fahrt zum Turnierplatz nach Oldenburg dauerte etwa eine Stunde, da wir zwischendurch einen Stau gehabt hatten waren wir etwas länger unterwegs gewesen als sonst, und als wir ankamen war noch verhältnismäßig wenig los.

Die Prüfungen mit den meisten Startern fanden zur Mittagszeit statt, während unser M Springen morgens und das S abends veranstaltet wurde.

Nachdem wir geparkt hatten, ging Mam die Plätze und Hallen sichten, Maja machte sich auf die Suche nach einem Wasseranschluss und ich ging zur Meldestelle.

Auf dem Gelände sah ich einige bekannte Gesichter, darunter auch das von Juliana die sich prompt hinter mich in die Schlange für die Meldestelle stellte.

»Sieh an, sieh an. Linnea Griez.«
»Juliana«, erwiderte ich kühl.
Sie warf ihre langen schwarzen Haare mit einem Lachen zurück.  »Du siehst ja nicht besonders fit aus.«, stellte sie dann künstlich besorgt fest,  »Bist du sicher, dass du heute starten willst?«
»Netter Versuch.«, gab ich müde zurück.
»Ach entschuldige, natürlich. Du musst ja starten, sonst bewundert dich ja keiner für dein Pony von Ludger Beerbaum. Und das bisschen Anerkennung hast du doch nötig oder?«

Ich antwortete ihr nicht sondern wandte mich der Dame an der Meldestelle zu, nannte Majas und meine Namen und gab das Startgeld ab.

Die Wahrheit war, dass Juliana recht hatte. Ja, ich brauchte diese Anerkennung. Ich war kein Mensch der sich selbst gut genug war. Ich wollte von anderen bewundert, unterstützt, gelobt werden. Vielleicht war das der Grund weshalb ich noch nicht mit meiner Mutter über ihren übertriebenen Ergeiz gesprochen hatte. Weil ich das Lob brauchte dass ich nach jedem Sieg, nach jeder guten Platzierung bekam.

In Gedanken versunken ging ich zum LKW zurück. Dass meine Mutter mich dort wieder mit gekeife über meine mangelnde Disziplin und einem weiteren Haufen überzogener Erwartungen begrüßte machte es nicht gerade besser.

Mit fahrigen Bewegungen sattelte ich Sally, die Trense verschnallte ich falsch, das Martingal vergaß ich und meine Finger zitterteen so sehr dass ich die Gamaschen überhaupt nicht dran bekam.

»Ich mach das.«, sagte Maja sanft, nahm mir die Gamaschen ab, legte sie Sally an, richtete die Trense und verschnallte das Vorderzeug. Dann nahm sie mich in den Arm.  »Linn... Was ist los?«

»Nichts.«, gab ich schmallippig zurück.
Warum war ich überhaupt hier? Nach dem letzten Turnier hatte ich mir geschworen dass danach Schluss sein würde. Weil es mir keinen Spaß mehr machte und mich stresste, weil ich mit dem Druck nicht umgehen konnte.

Soul JumperWhere stories live. Discover now