... und Enttäuschung

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Im letzten Abschnitt habe ich euch geschildert, wie "Sophie" und ich uns langsam näher kamen und ich dann endlich mir ihr über meine Gefühle sprach. Nun sollt ihr natürlich auch erfahren, wie die Geschichte weiter ging. Das auch wenn die Fortsetzung leider weniger schön ausfiel, aber das habt ihr ja bestimmt schon dem Titel entnommen.

Nach jenem Gespräch, in dem ich mich zum ersten Mal überwunden hatte, blieben wir über Whatsapp weiter im engen Kontakt, genauso wie zuvor. Leider sahen wir uns aber erst etwa einen Monat später wieder, was wohl schon zeigt, dass wir noch weit davon entfernt waren, ein Paar zu sein. Jedenfalls trafen wir uns da auch nur, um zusammen für die Prüfungen zu lernen, die am Ende der Semesterferien anstanden. Schnell waren dann aber auch diese vorüber und fast sofort fing das neue Semester an.

Anders als im ersten Jahr, als Sophie und ich noch fast dieselben Vorlesungen belegten, haben wir jetzt keine mehr gemeinsam.Dennoch erwartete ich, dass wir nun, wo wir beide wieder in der gleichen Stadt waren, wieder mehr Zeit zusammen verbringen würden. Und das schien in der ersten Woche auch einzutreten: Da wir beide für unseren jeweiligen Nebenjob am Freitagabend nicht nach Hause fuhren, trafen wir uns zum Abendessen bei mir. Ich hatte einen schönen Abend, auch wenn wir bei unseren Gesprächen leider nicht zu persönlicheren Themen kamen, als bevor wir im Juli noch über meine Gefühle gesprochen hatten. Im Nachhinein betrachtet konnte man vielleicht gut davon sprechen, dass wir dieses Thema totschwiegen, auch wenn wir uns ansonsten immer noch sehr gut verstanden.

In den nächsten zwei Wochen sahen wir uns dann auch zwischen den Vorlesungen immer weniger. Obwohl auch unsere abweichende Unterrichtszeiten viel erklären konnten, hatte ich trotzdem bald das Gefühl, dass da irgendetwas war, aufgrund dessen sie mir aus dem Weg ging. Keinen Zweifel mehr gab es dann, als ich sie fragte, ob ich am Freitag mit ihr zurückfahren solle, und sie meinte, sie habe vor, im Zug zu arbeiten. Das kränkte mich ziemlich, und ich antwortete ihr erst einmal nicht, sondern fuhr dann halt alleine und schlecht gelaunt nach Hause.

Am selben Abend schrieb ich nochmals mit jener Freundin, die von Sophie wusste, und schilderte ihr meine Lage. Sie riet mir natürlich, sie direkt darauf anzusprechen, was ich am Samstag dann auch tat. Sophies Antwort fiel leider so aus, dass sie mir aus dem Weg gegangen sei, da sie mir in den letzten Wochen eigentlich etwas hätte sagen müssen, es aber nicht konnte: Sie sei sich nun sicher, dass sich bei ihr keine Gefühle mehr entwickeln würden. Sie könne das wohl einfach generell nicht, denn eigentlich habe zwischen uns auch aus ihrer Sicht alles gepasst. Sie habe sich nicht überwinden können, mir das früher zu sagen, da sie mich nicht verletzen wollte. Da wir in der letzten Zeit sehr wenig geredet hatten, sprachen wir danach noch locker über viele andere Themen; es war auch eine Befreiung, dass endlich dieses Hindernis zwischen uns wieder beseitigt war.

In den nächsten Tagen dachte ich natürlich viel über unser Gespräch nach, besonders darüber, ob Sophie sich nicht doch verlieben könnte, und ich einfach der Falsche war, oder ich nicht unter den richtigen Umständen doch der Richtige sein könnte. Zum einen erschien es nämlich ziemlich erwartbar, dass sie keine Gefühle aufbauen konnte, während wir uns wochenlang nur schrieben und nicht in echt sahen. Zum anderen müsste sie ja nicht unbedingt Verliebtheit in derselben Intensität spüren, um eine Beziehung oder etwas Ähnliches eingehen zu können. Vielleicht könnte sie auch Gefühle aufbauen, wenn sie sich langsam öffnete und vorsichtig Nähe zuließ.  Nur war ich dann doch nicht verzweifelt genug, um ihr das so vorzuschlagen.

In den Wochen nach diesem Gespräch hat sich eine weitere Hoffnung nicht bewahrheitet: Dass ich mit der Beseitigung dieses Hindernisses Sophie wenigstens als so enge Freundin wie vor den Ferien zurück bekomme. Sicherlich liegt es auch einfach daran, dass wir uns nicht mehr für die Vorlesungen sehen, vielleicht ist da aber auch immer noch was anderes, etwa dass ich ihr ein schlechtes Gewissen mache oder sie sich unwohl damit fühlt, was ich für sie empfinde. Aber da muss ich wohl einfach schauen, wie sich das entwickelt; wenn wir uns wieder einmal sahen oder schrieben, war eigentlich alles normal.

Insgesamt ist es aber schon eine ziemlich große Enttäuschung, da die Sache mit ihr für mich schon eine sehr große Sache war und auch immer noch ist. Noch nie zuvor hatte ich so ernsthaft zu hoffen gewagt, dass sich eine Beziehung entwickeln könnte, und es mir so gut vorstellen können. Nun aber bin ich wohl wieder auf dem Boden der Tatsachen und muss wohl erst einmal wieder eine Weile warten, bis sich wieder ein Mädchen findet, mit dem ich nur im Ansatz so weit komme wie mit Sophie.

Ich versuche natürlich auch das Positive in der Geschichte zu sehen, nämlich, dass ich es tatsächlich geschafft habe, den ersten Schritt zu machen. Leider nicht in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht, aber da ihre Reaktion ja nicht überwältigend war, war das wahrscheinlich gar nicht so schlecht. Vielleicht kriege ich das beim nächsten Mal hin, wann und mit wem auch immer das sein soll.

Weiter habe ich aber gerade dadurch, dass nichts daraus geworden ist, vielleicht auch gelernt, dass es nichts Tragisches ist, abgelehnt zu werden. Zwar hätten mir bei meinen Zweifeln erwiderte Gefühle sicher mehr geholfen, aber man kann sich seine Erfahrungen halt nicht aussuchen.

Seltsamerweise war ich schon traurig, als Sophie damit rausgerückt war, dass sie nichts empfindet (bzw. nicht dasselbe wie ich), jedoch weit davon entfernt, mich weinend irgendwo verkriechen zu wollen. Was mich etwas überrascht hat, da ich lange aus eher geringen Gründen Tränen nicht zurückhalten konnte. Dass ich mich da verändert habe, nehme ich aber erleichtert zur Kenntnis. Nicht, dass ich meine, gar keine Gefühle zeigen zu dürfen. Aber sich selbst unter Kontrolle zu haben, erleichtert halt viele Situationen enorm, in die ich wahrscheinlich in meinem Leben noch kommen werde.

Ein paar Fragen will ich euch noch stellen: Ist mir mit Sophie ein besonders eigenartiger Mensch untergekommen, oder gibt es viele Leute, die noch nie verliebt waren? (Ich weiß, es gibt Begriffe dafür, trotzdem kann ich es mir sehr schlecht vorstellen, wie sich so ein Leben anfühlt.) Und, zumal Sophie sich ja anscheinend erst gerne verliebt hätte: Sollte ich noch irgendwelche Versuche starten, ihre Gefühle zu wecken? Oder es einfach sein lassen, so wie ich es aus meiner Schüchternheit heraus jetzt natürlich mache? Ich will natürlich ihre Entscheidung akzeptieren, aber wenn es vielleicht nur daran lag, dass wir zu wenig gemeinsam unternommen haben, wäre es eigentlich auch schade, jetzt schon aufzugeben...

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