Irgendwo da draußen...

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Jeder in der Liebe unerfahrene Single kennt sie, die eigentlich aufmunternden Sätze à la: "Mach' dir keine Sorgen, auch für dich wartet die(/der) Richtige da draußen, du wirst sie(/ihn) schon noch finden!". Natürlich sind sie nett gemeint, wahrscheinlich verfehlen sie auch manchmal ihren Zweck nicht, dem Angesprochenen die Angst davor zu nehmen, niemals eine Freundin bzw. einen Freund zu finden.

Allerdings wirkt ein solcher Spruch so oft, zumindest in meiner Erfahrung, unauthentisch. Gerade wenn die Person, welche den Aufmunterungsversuch startet, schon einigermaßen viele Liebeleien hatte. Dann nämlich denke ich meist eher, dass das Gegenüber halt versucht einen zu trösten, dabei aber nicht bei der Wahrheit bleibt. Gerade in meiner Situation, als schmächtiger Junge, dessen Verhalten oftmals etwas feminin rüberkommt, der nichts auf Muskeln gibt und sehr geringes Selbstvertrauen hat, liegen diese Gedanken (zumindest für mich) sehr nahe.

Beide Mädchen, die mir schon öfters Mut zugesprochen haben, leben ein Leben, indem offensichtlich nur "maskuline" Jungen (von mir die meisten als Macho angesehen) überhaupt als festen Freund in Frage kommen, weshalb es für mich schon relativ klar ist, dass es eine absolute Ausnahme sein wird, dass ein Mädchen auf eben meinen Typ steht. Nicht, dass ich jetzt in eine von ihnen beiden verliebt wäre, ja, es sind viele Gefühle im Spiel, die sich durch Gespräche immer mehr aufgebaut haben, doch sind sie anderer Art. Trotzdem verunsichert es weiter, wenn selbst diese "Verbündeten", die Einzigen, die recht gut über mein Gefühlsleben Bescheid wissen, sich absolut nichts mit einem vorstellen könnten. Wenn schon nicht diese beiden, die ich für intelligent halte und von denen ich nicht denke, dass sie Geschlechterrollen völlig unhinterfragt übernehmen, einen Jungen, der nicht dem stereotypen Ideal entspricht, nicht ernst nehmen, wer dann? Und wenn es ein solches Mädchen gibt, dass sich so jemanden wünscht, wie ich es bin, wie soll ich es je finden, ich kann mir schließlich relativ leicht ausrechnen, dass auch dieses sehr schüchtern sein wird. Wirklich wissen kann ich das zwar nicht, aber "aus dem Bauch heraus" bin ich mir da doch recht sicher.

Aber natürlich, dafür kann ich meine beiden guten Freundinnen überhaupt nicht verantwortlich machen. Sie können nichts dafür, auf wen sie stehen, und sie tun ihr Bestes, mir zu helfen. Gerade frage ich mich, wie bewusst sie sich selber sind, dass sie mir Anderes erzählen, als sie dann real leben. Ich denke fast, dass sie das nicht bemerken, zumindest nicht ganz. Würde sonst einer der beiden mir so viel von ihrer Flamme erzählen? Ich denke nicht. Zwar haben sie nicht zu fürchten, dass ich im üblichen Sinn eifersüchtig auf ihre Verehrer sein könnte, doch empfinde ich es mit jedem Mal wieder als Ungerechtigkeit, dass es für diese so einfach sein kann, eine Freundin zu finden, dass so viele Mädchen immer wieder auf sie "hereinfallen".

Ja, mein Verhältnis zu solchen Jungs ist angespannt, und das liegt an mir. Sie tun mir ja nichts direkt zu Leide, außer in Sachen Liebe erfolgreich zu sein. Eigentlich ist es mehr das Schicksal, mit dem ich hadere, und diese unangenehmen Gefühle übertrage ich dann wahrscheinlich auf sie. Sicherlich gibt es auch sinnvollere Tätigkeiten, als über dem zu brüten, was einem an dieser Welt ungerecht scheint, nämlich den Versuch zu machen, diese zu verbessern. Schließlich gibt es ja schon noch die Möglichkeit, dass irgendwann einmal, möglicherweise aber schon jetzt, in diesem Moment, ein Mädchen in mich verliebt ist, dass ich es nur nicht bemerke, vielleicht geradezu ignoriere aufgrund der Überzeugung, dass sich keines je in mich verliebt.

Das wiederum kann auch "Augenwischerei" sein, dass ich mir die Situation selbst schön rede, den Tatsachen nicht ins Auge blicke. Wie lange ich auch über dieses Thema nachdenke, ich kann nicht auf diesem Wege herausfinden, was denn nun stimmt. Ihr habt es vielleicht schon gemerkt: Meine Gedanken beginnen unausweichlich, sich im Kreis zu drehen...

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