Kapitel 7 - Zwei Monate später

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Zwei Monate waren vergangen, seit meiner Flucht. Die 5 Tage die ich bei Tobias verbracht hatte, waren längst verdrängt. Vor genau zwei Monaten waren wir umgezogen und vor genau drei Wochen ging ich hier auf die neue Schule.

Ich dachte anfangs ich wäre die einzige Neue, würde mich nicht zurechtfinden, doch dem war zum Glück nicht so. Ein Junge war ebenfalls neu, er hieß Simon und wir verbrachten als Leidensgenossen ziemlich viel Zeit miteinander. Glücklicher Weise ging er mit mir zusammen in dieselbe Klasse.

Doch leider saßen wir nicht nebeneinander, dafür aber saß ich direkt neben einem sehr freundlichen Mädchen, namens Nadine, mit der ich mich ebenfalls sehr schnell angefreundet hatte. Niemand hier wusste von meiner Vergangenheit und so sollte es auch bleiben, da ich nicht wollte, dass jeder darüber Bescheid wusste.

Wenn jemand fragte, dann sagt ich, dass meine Mutter hier eine bessere Arbeit gefunden hatte und wir deshalb umgezogen waren und meistens fragten sie dann auch nicht weiter nach. sie akzeptierten es alle... bis auf Nadine, welche mich immer wieder misstrauisch ansah, wenn ich jemandem die Lügengeschichte auftischte.

So wie auch jetzt, als mich irgendein Typ aus der Parallelklasse fragte, warum ich ihm noch nie aufgefallen war. Wie immer fing ich an über den Beruf meiner Mutter zu sprechen, wobei ich die ganze Zeit Nadines Blick auf mir spürte und mir unbewusst die ganze Zeit durch die Haare fuhr. Warum glaubte sie mir denn nicht? Das kam doch bestimmt sehr oft vor, also warum erschien es ihr so verdammt unglaubwürdig?

Seufzende drehte ich mich von ihr weg und konzentrierte mich wieder auf den Typen, welcher nur lächelnd nickte und dann nach einer Weile wieder zurück in seine Klasse verschwand, da es bereits geklingelt hatte. Wenige Minuten später kam dann auch schon der Lehrer herein, woraufhin viele meiner Mitschüler genervt aufstöhnen, doch mir war es egal.

Ich mochte die Schule, ich fand es hier viel besser, als bei... Tobias und Manuel... Ich sollte ihre Namen vergessen! Sie sorgten nur dafür, dass ich wieder Angst bekam und sie überall in jedem Moment in einer Ecke oder in einem Wagen sah. Anfangs waren diese Halluzinationen wirklich schlimm, ich konnte an nichts anderes mehr, als an die Beiden denken.

Teilweise dachte ich auch schon daran, dass ich einen Psychiater aufsuchen sollte. Doch zum Glück hatte sich meine Angst in den letzten Wochen eingependelt und ich sah sie wirklich nur mehr äußerst selten vor mir, oder in meinen Träumen.

Nachdem die letzte Stunde beendet wurde, hetzte ich zusammen mit Simon raus, in die Freiheit, welcher mir lächelnd nachlief. Aber irgendwas war eigenartig an seinem Lächeln. Keine Ahnung was, aber auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte... es machte mir Angst.

Nadine war leider nicht mehr in der Schule, da sie einen Zahnarzttermin hatte. Doch in dem Moment hätte ich mir gewünscht, dass sie bei mir war. Wobei sie mir dann wahrscheinlich nur wieder die Ohren vollgeplappert hätte, dass sie Simon eigenartig fand und ihn nicht mochte. Was leider auf Gegenseitigkeit beruhte, weshalb ich mich oft zwischen den Beiden entscheiden musste.

So wie jeden Tag liefen wir in Richtung Bushaltestelle, wobei mir aber auffiel wie glücklich und aufgeregt er war. "Simon?" fragte ich leise und blieb stehen, was er mir gleich tat und sich kurz nervös umsah. "Lina?" entgegnete er ebenso wortkarg wie ich es tat. "Alles gut bei dir?" Murmelte ich, wobei ich mich sehr unwohl fühlte, da er sich immer wieder umsah und mir nicht wirklich Beachtung schenkte.

Was war nur mit ihm los?

"Klar. Komm gehen wir weiter." Meinte er ungeduldig und zog mich zu der Haltestelle, wo er mich auf die Bank drückte. "Mit dir ist doch was..." Misstrauisch betrachtete ich ihn, wobei er sofort meinen Blicken auswich und auf die andere Straßenseite sah. "Es kommen gleich nur ein paar Freunde von mir." Wich er meiner Frage aus und sah weiterhin weg.

Als sich auf einmal sein Gesichtsausdruck erhellte und er aufstand, was ich verwirrt beobachtete. Was war denn jetzt mit ihm los? Sein Verhalten war mir irgendwie nicht mehr geheuer. "Hey." Begrüßte er jemanden erfreut, weshalb ich mich ein wenig konfus umdrehte und in meiner Bewegung stockte, als ich die zwei Personen vor mir stehen sah. Das konnte doch nicht wahr sein!

Keuchend wich ich zurück, hatte das Gefühl mein Herz würde gleich aus meiner Brust springen. Fluchtwege waren aussichtslos. Sie würden mich innerhalb weniger Sekunden einholen und mich wieder in das Höllenhaus zurückbringen. Aber es war klischeehafter Weise auch niemand in der Nähe, der mir helfen hätte können. Und Simon schien auf ihrer Seite zu stehen, weshalb ich mir von ihm auch keine große Unterstützung erwarten konnte.

"Hey Simon." Ertönte es gehässig grinsend von Toby, dessen Blick die ganze Zeit über auf mir lag, während Manuel ihm kurz zu nickte. "Na Babe, hast du uns vermisst?" fragte Tobias höhnisch, brachte mich dazu, voller Panik zurück zu weichen, was er aber leider schnell unterbunden hatte, indem er nach vorschoss und mich am Arm zu sich zog. Ich war sowas von tot.

"Einen Mucks und ich knall dich ab." Zischte er mir leise ins Ohr, als ich auf einmal etwas hartes, kaltes an meinem Rücken spürte, wobei ich sofort den Angstschweiß an meinem ganzen Körper spürte. Er würde mich doch nicht auf offener Straße erschießen! Oder etwa doch?

Mühelos führte, bzw. zog er mich zu einem schwarzen Auto mit verdunkelten Scheiben, in das er mich gewaltsam hineinstieß. Bevor sich Manuel neben mich gleiten ließ und Toby noch etwas mit Simon besprach, welcher hin und wieder nickte.

Eine Hand an meinem Arm ließ mich keuchend aufschrecken, was Manuel aber nicht zu interessieren schien, ohne großen Aufwand fesselte er meine Handgelenke hinter meinem Rücken zusammen, was ich wimmernd zuließ.

Ich hätte mich ja sowieso nicht gegen ihn wehren können. "Es war eine scheiß Idee, abzuhauen..." Flüsterte er mir noch ins Ohr, bevor er ein rotes Tuch ein braunes Fläschchen vom Beifahrersitz nahm. Mehrere Tropfen der Flüssigkeit fanden auf dem Tuch platz, wobei mir sofort der beißende Geruch auffiel, der mir sofort Tränen in die Augen trieb.

Er machte das mit so einer Sicherheit, schien jeden einzelnen Tropfen abzuzählen, so als ob das nicht sein erstes Mal gewesen wäre, so als ob er das schon tausend Mal zuvor gemacht hatte. Und genau das bereitete mir so viel Angst, dass ich das Schluchzen nicht mehr zurück halten konnte und die Tränen laufen ließ, vielleicht würde er ja Mitleid mit mir haben und mich freilassen, auch wenn mir das ziemlich unrealistisch erschien.

Mit seiner nächsten Handlung bestätigte er dies auch, da er mir ohne zu zögern das weiche Tuch ins Gesicht drückte. Der Geruch war noch viel schlimmer als ich gedacht hatte. Er biss sich regelrecht in meiner Nase fest. Sorgte dafür, dass der Tränenfluss schlimmer wurde und sich eine kaum aufzuhaltende Übelkeit in mir ausbreitete.

Der Geruch ließ mich immer wieder Luft würgen, bis sich auf einmal alles anfing zu drehen, ich die Orientierung verlor, nicht mehr wusste wo oben und unten war, bevor ich dann endgültig mein Bewusstsein verlor. "Gute Nacht, Kleine." Ertönte es noch über mir, bevor ich ganz weg war.

Captured! - Slow UpdatesWhere stories live. Discover now