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Mein erster Gedanke war, Fuck my life.
Man stellte sich das Gelände vor, als ob es einer vergangenen Filmkulisse entsprungen war. Das Eisentor leitete uns in eine vollkommen andere Wirklichkeit, eine andere Zeit auf dem ersten Blick. Kurz blinzelte ich, musste schmunzeln, weil ein Retro Filter über dem, was sich mir darbot, das Bild perfekt gemacht hätte und ich stellte mir die Welt auf einmal in Schwarz weiß vor. Wie lustig wäre es, noch die passende Musik im Radio zu hören, der ganz leise neben her erklang.
Doch der Himmel war von einem tiefen Blau, ohne dass sich Wolken vor die Sonne, die meine Wangen durch die Scheiben wärmte, drängten. Ein tiefes sattes Blau, vor dem ich glatt meine Augen verschließen musste, weil sie bei längerem Betrachten anfingen, zu Schmerzen. Blumen jeglicher Art und in sämtlichen Farben rankten sich um den geteerten Weg, der uns weiter in das Gelände führte. Es waren normale Kieselsteine, die man kunstvoll geordnet hatte und immer mehr ernstand der Eindruck, dass jeder Zentimeter hier durchdacht war.

Ich wandte meinen Blick den frischen Blüten zu, wie ein Meer von Margeriten, das sich uns darbot und uns einlud, die Schönheit zu bewundern. Ich liebte Blumen und es schmerzte beinahe in den Finger noch nicht auszusteigen und an einem Blütenkopf zu riechen und den süßlichen Duft tief einzuatmen. Doch das hätte meinen sozialen Stand irgendwie noch mehr untermauert. Ich war die meiste Zeit über ein vollkommen normaler Mensch.
Reiche Leute rochen nicht an Blumen, sie hatten die Lieblichkeit und die Frische derer vergessen. Stattdessen inhalierten sie den Duft von frischen Banknoten, stießen mit Champagner an.
Vor uns erstreckte sich ein altes Herrenhaus, das einen absoluten Kontrast zu den Häusern herstellte, die die Straße zuvor gesäumt hatten. Ich konnte es gar nicht richtig beschreiben, so raffiniert sah es aus. Es wirkte irgendwie undurchschaubar und wahnsinnig verwinkelt. Das könnte auch an den Türmchen liegen, die sich seitlich der Fassade entlang in die Höhe rankten. des Bauwerkes, dessen Außenfassade in einem strahlenden creme-weiß gehalten war.
Der Luxus war sofort zu erkennen. Das Haus sah sehr gepflegt aus, selbst die Reben, die sich an der Hauswand entlang wanden, sahen gestutzt und gesund aus. Die massive Eingangstür war geöffnet und zwei Butler standen davor.
Das Haus selbst war voll beleuchtet und davor war eine riesige Poollandschaft zu sehen, die jedes Luxusreservat in den Schatten stellte. Es gab ein paar Nebengebäude, die alle nicht weniger gepflegt waren.
Kaum vorzustellen, was sich hinter diesen Türen verbergen würde.

Rosen wuchsen überall in jeder erdenklichen Farbe. Sie ranken sich Wände hinauf, umschlängelten ein Pavillon. Ich klebte beinahe an den verdunkelten Scheiben des Wagens, weil ich all die Schönheit nicht begreifen konnte. Sie war atemberaubend.
»Wunderschön«, sagte ich beeindruckt und lehnte mich zurück, sprachlos, während ich ich nicht aufhören konnte, hinauszusehen.
Sein Zuhause erinnerte mich an diese zahlreichen Luxushotels, die ich auf Buchungsportalen mit meiner besten Freundin angeschaut hatte. Ich erinnerte mich noch, dass wir uns bereits mit zwölf Jahren den Indianer Schwur gaben, feierlich die kleinen Finger verkreuzten und beschlossen, dass wir eines Tages für eine Nacht so ein Resort buchen würden. Bis jetzt hatte sich dieser Traum nie erfüllt, war er finanziell doch absolut unerreichbar. Jetzt befand ich mich vor soviel Prunk, nur um zu wissen, dass er es jeden Tag zu sehen bekam.
Ein kleines bisschen war ich wohl doch neidisch.

Er sah ebenfalls aus dem Fenster. Sein Blick war gleichgültig. Er hatte sich bereits sattgesehen und schien meine Begeisterung nur oberflächlich zu verstehen.
»Ich habe es geerbt. Mein Vater benutzte es vor Jahren als Ferienhaus, neben dem in Rio, New York, Los Angeles und Tokio. Verständlicherweise kam es zu kurz und so beschloss er, es seinem Sohn zu vermachen, damit er als Achtzehnjähriger bereits Eindruck bei den Damen schinden konnte.«
Er starrte zwar hinaus, schien sich aber gedanklich weit weg zu entfernen. Seine Stirn war geringelt und eine kleine Zornesfalte umspielt seine Züge.
»Keinem anderen Zweck diente es. Mein Vater war schon immer versessen darauf, dass ich Eindruck machte. Du hättest ihn einmal hinter verschlossenen Türen erleben müssen. Sein Ziel war es, dass ich mir eine Frau nahm und Kinder in die Welt setzte. Natürlich alle ehelich und so bald wie möglich. Es sollte sein Erbe aufrechterhalten. Gleichzeitig wollte er aber auch, dass ich Karriere machte und unserem Namen alle Ehre machte.

Days Of PleasureWhere stories live. Discover now