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Ich lief an Austin vorbei in den Konferenzraum, den ich mir allerdings ganz anders vorgestellt hatte. Statt einem langen gläsernen Tisch waren zwei große hellgraue Sessel aufgestellt worden, wobei in einem mein Gastgeber Platz nahm.
Mit einer Handbewegung lud er mich ein, mich ebenfalls zu setzen und ich kam der Bitte nach.
»Hillary Baskin, Richtig?«, erkundigte er sich noch einmal und sah mich erwartungsvoll an, während seine Finger auf der Laptoptastatur ruhten.
»Genau.«
»Daten korrekt.«
»Wie bitte?«, fragte ich verwirrt nach. Hatte er mit mir gesprochen?
»Alles in Ordnung. Dieser Laptop arbeitet auch auf Sprachbasis. Ich kann Informationen old school eintippen oder per Sprachbefehl berichtigen lassen.«
Ein charmantes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als ich erstaunt wirkte. Und es gefiel ihm.
Dieser Mann hielt sich für Gott persönlich.
»Das habe ich - um ehrlich zu sein - noch nie gesehen oder gehört«, gab ich zu und lachte.
»Sprachbefehle sind nichts neues. Aber dieser Laptop verbindet sie gerade. Ich muss ihn nur noch hochfahren, aber selbst das will Aiden in Zukunft möglich machen.«
Ich nickte nur, weil mir keine interessante Frage oder Antwort einfiel.
»Sie dürfen ihn sich gerne ansehen, wenn sie wollen.«
Die Situation entwickelte sich nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Ich hatte gehofft, ein paar schlaue Kommentare abgeben zu dürfen, aber das Austin mir wie einem Kleinkind einen Computer zeigen würde, war nicht in meinen Vorstellungen vorgekommen. Aber unhöflich wollte ich auch nicht sein. Also lächelte ich ihn an und versuchte Interesse vorzutäuschen, als er ihn zu mir umdrehte. Wie im Kindergarten. Fehlte nur noch, dass er sagte, Hier muss man ihn aufladen und dann kannst du auf die Buchstaben tippen und Wörter erscheinen.
Das Logo von Hamingstone Industries spiegelte sich in einem verschnörkeltem H wieder, das, wie ich es recherchiert hatte, bereits Clyde Haminstone als Emblem für sein Unternehmen auserkoren hatte, als sein Sohn noch in den Windeln lag.

Der Laptop sah sehr hochwertig aus, aber darauf beschränkte sich auch schon mein Wissen. Ich setzte ihn wieder am Tisch ab und säuselte: »Dankeschön für diese Gelegenheit, Mister Sprouse. Aber jetzt würde ich dann doch ganz gerne erfahren, was sie von mir wissen möchten.«
»Direkt. Das gefällt mir«, erwiderte er und grinste.
Er lehnte sich zurück und räusperte sich geräuschvoll, machte es mir nicht unbedingt leichter, vor allem da meine Nervosität sowieso schon andere Level erreicht hatte. Meine Finger zitterten und waren wieder eiskalt geworden, was mich immer passierte, wenn ich nervös wurde.
»In diesem Gespräch geht es darum zu erkennen, ob sie vor allem dem Druck gewachsen sind, der auf sie
zu kommt. Aiden steht sehr stark in der Öffentlichkeit und das wird sich auch auf sie übertragen. Wir sind von ihrer Ausstrahlung bereits überzeugt, nur wollten wir diesen Aspekt noch genauer beleuchten. Wenn sie ihn eine Woche begleiten, wird es nicht möglich sein, dass auch sie eine Zielscheibe werden. Man wird ihre Vergangenheit zerpflücken und versuche sie zu erforschen. Alle dunklen Geheimnisse werden aufgedeckt und bevor sie es wissen, sind sie schwanger oder verärgert und stecken in einer Beziehungskrise.«
Bei letzterem musste ich spöttisch lachen. Ich und eine Beziehung mit Aiden Hamingstone? Dass ich nicht lache. Aber es würde amüsant werden, wenn die Welt und vielleicht auch gewisse Tussen aus meiner Umgebung das dachten.
»Ich hoffe es zwar nicht, aber man wird ihnen auch nur beim kleinsten Augenkontakt eine Affäre mit Aiden nachsagen, was wohl auch an seinem Ruf liegt.«
»Es gibt nichts, was mich negativ dastehen lassen könnte«, sagte ich bestimmt und versuchte gar nicht erst auf den letzten Punkt einzugehen.

»Das ist schön. Sehr schön. Aber sie müssen sich auch bewusst sein, dass sie einem Druck ausgesetzt wären. Ich sage nicht, dass ein Leben in der Öffentlichkeit schwer ist - genügend Menschen entscheiden sich dafür -, denn es hat auch seine Vorteile. Sie werden Follower generieren, Fangruppen erhalten und vielleicht als Model entdeckt-«, ich zog erneut spöttisch eine Augenbraue in die Höhe, »Aber vergessen sie nie, dass Bekanntheit auch seine Schattenseiten hat. Die dürfen sie nicht vergessen.«
Man wies doch keinen zukünftigen Star darauf hin, weshalb dann mich? Wahrscheinlich weil man hoffte, ich wäre nach einer Woche wieder komplett verschwunden. Was ja auch nicht schlimm wäre.
»Kann es sein, dass sie mich nicht für geeignet halten?«, fragte ich und lehnte mich zurück, überschlug dramatisch meine Beine. War das zu viel? Vielleicht.
»Ich halte niemanden für geeignet, sobald er von Null auf Hundert hineinstolpert. Aber sie scheinen sehr gerissen zu sein.«
»Danke, dass sie das feststellen konnten, Mister Sprouse.«
»Austin.«
»Wie bitte?«
»Ich hasse diese zwanghafte Kontrolle.«
»Ja, und?«
Jetzt war ich wirklich verwirrt.
»Mir reicht es, wenn man mich beim Vornamen nennt.«
Ich schmunzelte. »Vermittelt es nicht Autorität?«
»Definitiv. Aber irgendwann wird es auch mir zu viel. Schließlich bin ich auch nur ein Mensch. Und wenn man sich mit jedem unbedingt einschüchtern möchte, finde ich es nicht von Belang darauf zu beharren.«
»Das geht?«
»In meiner Position, Ja.«
»In ihrer Position?«
»In meiner Position.«
»Und ihre Position ist?«
»Nichts bedeutendes.«
»Wollen sie mir etwas verheimlichen, Mister Sprouse?«, provozierte ich ihn lächelnd.
»Austin. Einfach nur Austin.«

Days Of PleasureWhere stories live. Discover now