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Sawyer hatte irgendetwas bestellt, dessen Namen ich nicht einmal aussprechen konnte, nachdem wir an einem Tisch Platz genommen hatten. Ich fühlte mich deplatziert, vor allem, da die Gäste, die uns umgaben, selbst am Vormittag sehr edel gekleidet waren und die Frauen sich unter hysterischem Gelächter ein zweites Weinglas vollschenken ließen. Schließlich erschien ein Ober, ein mittelgroßer schlanker Mann mittleren Alters, der zwei Tablette auf seinem Arm balancierte und stellte sie mit äußerster Sorgfalt ab. Dann entfernte er sich, um einen Wein zu holen, der verdächtig alt aussah.
»Wie viele Gläser darf ich denn einschenken, Mr Sawyer?«, fragte er förmlich und mir fiel seine aufrechte Haltung bei seinen Worten auf.
»Ein Glas, Franklin«, sagte Sawyer und betrachtete mich interessiert.
Mir schoss die Röte ins Gesicht; es ließ sich einfach nicht vermeiden unter seinen Blicken. Franklin beugte sich vor, eine Hand hinter seinem Rücken verschränkt und schänkte mir ein Glas voll. Dann stellte er die Flasche auf dem Tisch ab und wandte sich wieder an Sawyer.
»Wenn sie irgendwelche Wünsche haben, wenden sie sich bitte sofort an mich. Ich stehe ihnen für alle Wünsche zur Verfügung.«
Er warf noch einen Blick in meine Richtung, bevor er uns ein ehrliches Lächeln schenkte und sich abwand.
»Ober!«, dröhnte die Stimme einer älteren Frau durch das Restaurant.
Franklin drehte sich um und huschte zu dem Tisch, an dem die Frau, die ihn auf argwöhnische Weise gerufen hatte, jetzt wütend beschimpfte. Mitleidig sah ich ihm hinterher und konnte mir ein Schmunzeln kaum mehr verkneifen, als er für einen Augenblick verzweifelt in meine Richtung starrte.
Noch verwunderte war ich allerdings über den Fakt, dass Sawyer sich gehoben verhalten konnte. Es handelte sich hier um Alec Sawyer, Playboy und Brecher aller weiblichen Herzen im Umkreis von vierzig Kilometern. Und trotzdem saß er gerade vor mir und benahm sich wie ein eleganter Geschäftsmann. Wie verrückt.
Ich drehte mich um und betrachtete meinen Teller. Es sah aus wie eine teuere Version gebratener Nudeln. Ich starrte ihn entgeistert an.
»Was genau hast du da bestellt?«, fragte ich Sawyer und er bestätigte meine Vermutung mit einem charmanten Grinsen.
»All der Trubel um eine Portion gebratene Nudeln mit Hühnerfleisch«, schmunzelte ich vergnügt und probierte eine Gabel. Es war die reinste Explosion an meinem Gaumen, aber ich war noch nicht bereit, ihm zu verraten, dass seine Welt so vielversprechend begann und ich schon jetzt begeistert war.
»Wie viel kostet es?«, summte ich nachdenklich und betrachtete die Karte. Als meine Augen die Karte hinab glitten, fand ich das Gericht kurze Zeit später. Beinahe hätte ich mich verschluckt. Das Essen war teuerer, als ich in zwei Monaten an Taschengeld erhielt, beziehungsweise mir von meiner Mutter klaute.

Angewidert schob ich den Teller von mir und erntete einen bitteren Blick. Mir war der Appetit gänzlich vergangen.
»Ich kann das unmöglich annehmen«, betonte ich ernst und zog ein paar Geldscheine aus meinem Portemonnaie. Ich wollte es ihm unter dem Tisch reichen, da ich dem Akt nicht viel Aufmerksamkeit zukommen lassen wollte, aber er knurrte mich beinahe an.
»Lass es stecken«, beharrte er und fixierte mich dabei mit einem intensiven Blick, dass ich kaum merklich zusammenzuckte.
»Dann lass mich den Wein übernehmen«, schlug ich vor, aber er winkte ab.
»Ich bin mir sicher, du findest eine andere Art dich zu revanchieren.«
Ich hob spöttisch die Augenbrauen und lachte leise. Dachte dieser Typ nur mit seinen Genitalien? Was stellte sich dieser Perversling schon wieder vor?
Ich verschränkte die Beine demonstrativ und begann wieder die Nudeln zu essen, allerdings mit deutlich weniger Genuss als zuvor. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, ich könnte Alec Sawyer etwas schulden, aber auf der anderen Seite war ich zu hungrig, um das Essen verkommen zu lassen.
Er griff nach meinen Glas, das ich bisher nicht angerührt hatte, setzte es an die Lippen und nahm einen winzigen Schluck, wobei ein Tropfen sein Kinn hinab zu seinem Adamsapfel glitt. Ich war wie gefesselt von seiner Darbietung, als mir mein Glas wieder reichte und sagte: »Nimm den Rest oder lass ihn stehen.«
Er hatte nur an meinem Glas genippt, aber selbst diese Aktion brachte mein Blut in Wallung. Mir wurde klar, dass er fahren würde. Wieso hatte er sich nicht gleich ein Glas bestellt? Wollte er unsere Sicherheit auf's Spiel setzen? Es war sowieso hirnrissig, in seinen Wagen zu steigen, aber alkoholisiert, sei es auch nur dieser winzige Schluck gewesen, fühlte es sich noch unbehaglicher an. 
Beinahe verärgert trank ich mein Glas in einem Zug leer und erhob mich entrüstet.
»Ich habe genug. Wo kann ich mich frischmachen?«
»Frischmachen?«, spottete er belustigt und verdrehte die Augen. Er verstand nicht, weshalb meine Stimmung so gekippt war. War es so übertrieben, dass ich verlangte, dass er kein Alkohok trank?
»Mutierst du jetzt zu einer piekfeinen Prinzessin?«
»Du kennst noch nicht einmal meinen Namen«, knurrte ich schroff und stellte das Glas so prompt ab, dass es klirrte. Aber es war offenbar nicht laut genug, um die Aufmerksamkeit der anderen zu erregen.
»Hillary Baskin. Ich weiß nicht, wie du deinen persönlichen Status einschätzt, aber ganz so unbekannt bist du nun auch wieder nicht.«
Ich stieß ein Lachen aus und setzte mich wieder. Meine Verärgerung war einem Gefühl gewichen, das ich selbst nicht ganz einschätzen konnte. War es Belustigung? Was drückte die Wärme aus?
»Hillary Baskin«, erwiderte ich und ließ mir meinen Namen auf den Lippen zergehen. Er aar ungreifbar und fremd. »So nennt mich niemand. Hills, wäre mir lieber.«

Days Of PleasureWhere stories live. Discover now