130. Bitterer Schmerz (2/2)

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Es war ein lautes Krachen, unter dem Draco zusammenschrak und damit endlich aus seinen dunklen Träumen gerissen wurde. Er saß von der einen Sekunde auf die andere aufrecht im Bett und sah sich keuchend, wie auch total desorientiert, im Raum um. Kurz darauf stöhnte fertig, als er erkannte, was er im Unterbewusstsein erneut fabriziert hatte. Sein Zimmer glich mal wieder einem Kriegsgebiet.

„Scheiße", keuchte er erschöpft, bevor er geschlagen in sein Kissen sank. Er griff nach dem Zweiten, zog es über das Gesicht und schrie hinein. Genau danach war ihm. Sich die Lunge aus dem Hals zu schreien, wenn er nicht so erledigt wäre. Er fühlte sich wie gerädert.

Er musste irgendwann gegen 4:00 Uhr eingeschlafen sein und so düster, wie es draußen war, konnte er nicht sonderlich lange geschlafen haben. Ein müder Blick auf seinen Wecker bestätigte ihm seine Ahnung. Es war noch nicht einmal 6:00 Uhr, worauf er erneut stöhnte und den schweren Kopf zurück ins Kissen fallen ließ. So beschissen der Tag gestern geendet hatte, so scheiße begann der Nächste.

Als er wieder bewusst an alles dachte, was gestern war, versank er augenblicklich in einen Zustand bitterer Depression, die einen quälenden Schmerz in seinem Innern zurückließ. Dieses war wie ausgebrannt und mit den Scherben seiner Wünsche und Hoffnungen gespickt, unter denen er drohte zu verbluten.

In dem Moment wurde ihm schmerzlich bewusst, dass Lucius mit einer Sache am Ende leider Recht behielt. Zu lieben war die größte Schwachstelle, die ein Mensch aufweisen konnte. Eine, die zerstörerisch sein konnte. Es war eine Schwachstelle, die ihn erneut in einem scheinbar unaufhörlichen Strudel immer tiefer in die Dunkelheit riss.

Es war ein Strudel, gegen den er machtlos war, wie er aus bitterer Erfahrung wusste. Er hatte oft genug versucht von ihr wegzukommen. Von ihrem stillen Sirenengesang. Ihrer Anziehung. Ihrem Wesen. Er hatte versucht dieses Gefühl zu ersticken. Auszuschalten, doch es hatte nur so lange geklappt, bis sie sich wieder gegenübergestanden hatten.

Irgendwann war es ihm einfach nicht mehr möglich sie zu hassen, da die Gründe dafür dumm und haltlos waren. Und er wollte sie auch nicht hassen. Aber eben auch nicht lieben!

,Man kann Gefühle nicht abstellen', echote ihm eine von Charlies Anmerkungen in den Ohren nach. Und es stimmte. Leider.

Diese Hexe war alles was er wollte, aber nie bekommen würde. Diese bittere Erkenntnis, mehr noch Gewissheit, fraß sich aufs neue tief in sein Innerstes. Sie legte sich wie ein dunkler, kalter Schatten aus Bitterkeit, dumpfer Verzweiflung und einen alles verzehrenden Schmerz, immer stärker um sein so arg gebeuteltes Herz. Mehr noch über die zerrissene, gequälte Seele und drohte diese zu verschlingen. Zu ersticken.

Noch als das der Fall war, rappelte er sich wie in Trance auf und schlich mit einer völligen Leere im Kopf ins Bad duschen. Doch weder Hitze noch Kälte schafften es irgendwie an seinem Bewusstsein zu kratzen, welches immer mehr in anderen Sphären versank. In so viel Dunkleren.

Am Ende verließ er sein Zimmer, ohne das Chaos um sich herum in irgendeiner Art und Weise wahrzunehmen. Da war nichts. Nur ein Gedanke. Nämlich raus. Er musste hier raus. Raus aus seinem Zimmer. Raus aus dem Schulsprecher-Turm, da er ihre Präsenz in jeder Ecke sah und spürte. Er ertrug das im Moment einfach nicht, denn es war ihm wie Messerstiche ins Herz.

So verschwand er in den noch verwaisten Gängen des Schlosses, ohne ein wirkliches Ziel vor Augen. Er lief einfach nur. Treppen runter. Treppen hoch. Rechts durch einen Gang. Links durch einen Gang, bis er irgendwann vor einer Tür ankam, die ihm sehr vertraut war. Eine Tür, vor der er im Sechsten, wie auch jetzt, so oft gelandet war, ohne zu wissen wie. Ohne, dass er diesen Weg bewusst eingeschlagen hatte. Und wie schon aberdutzende Male während des Sechsten, öffnete er die Tür und stieg gedankenverloren die Wendeltreppe hinauf. Diese führte ihn auf die freie Aussichtsplattform, auf der am Ende doch noch ein Mensch das Leben verloren hatte.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt