079. Leben ... oder so ähnlich

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Leben ... oder so ähnlich

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Die Tage, nach Hermiones Besuch in Azkaban, waren für sie beinahe noch frustrierender, als die davor. Sie war wirklich so verpeilt, dass sie fast die ganzen zwei Stunden geschlafen hatte. Draco hatte sie auch nicht geweckt, sondern warm festgehalten. Genauso, wie sie es sich gewünscht hatte und das ärgerte sie. Sie ärgerte sich über sich selbst. Verdammt, sie wollte ihm ein bisschen helfen und ihn ablenken! Sie wollte ihm etwas Ruhe versprechen und ihn aufmuntern und dann schlief sie einfach ein!

Der Schlaf hatte ihr gutgetan. Keine Frage. Mehr als gut, denn ihre Dämonen waren geblieben, wo sie hingehörten. Nämlich weit und tief weggeschlossen. Dummerweise verpuffte dieser Effekt in der ersten Nacht bereits wieder im Nichts. Die Schatten waren zurückgekommen, um sie erneut zu quälen. Mit ihnen flammte der so egoistische Gedanke in ihr aufs Neue auf, sich von Draco halten und behüten zu lassen.

Es war verrückt und ein wenig seltsam, dass sie ausgerechnet bei ihm eine solche Ruhe fand. Ebenso, dass sie eine derartige Nähe brauchte. Im Grunde gab es dafür nur einen logischen Schluss. Der Krieg, und alles, was in ihm vorgefallen war, besonders für sie, hatte sehr viel mehr in ihr kaputtgemacht, als sie ursprünglich bereit war zu sehen. Daniel hatte es zu ihrer Entlassung aus dem Mungos auch noch gesagt. Dass sie psychisch stark angegriffen war. Nur wollte sie es nicht hören, am allerwenigsten wahrhaben.

Die Flucht von der Hochzeit, die Suche nach den Horcruxen, dass ständige leben in Angst als Gejagte. Dann die Belastung durch das Medaillon und zum Schluss die Tortur, der sie ausgesetzt war... Im Grunde war es abzusehen, dass all diese Dinge Narben hinterlassen würden. Und das leider nicht nur sichtbare, die einen zeichneten. Die unsichtbaren auf ihrer Seele waren um ein Vielfaches schlimmer, schmerzlicher und vor allem quälender. Es waren Narben, die sich mit der Zeit ihren Weg nach außen suchten und auf ihre Erscheinung legten.

Sie wurde kränklich blass, aufgrund der unruhigen, größtenteils schlaflosen Nächte, die ihr als Andenken dicke, dunkle Augenringe bescherten. Um diese zu kaschieren, besorgte sie sich in der Diagon Alley eine spezielle Tinktur, die vitalisierend und belebend wirken sollte. Darüber hinaus machte sie sich die Mühe, ein paar Rationen des Trankes der lebenden Toten zuzubereiten. Das Ergebnis dessen war relativ ernüchternd.

Sie schlief fast 24 Stunden durch, sah aber weiter wie ein Vampir auf Drogen aus. Das Zeug war demnach auch keine Lösung.

Es graute ihr davor, dennoch kam sie wohl nicht drum herum, Charlie nochmal um Tränke zu bitten, wollte sie nicht Gefahr laufen, zu einem Inferi zu mutieren, wie Draco im Mungos mal so charmant gemeint hatte.

Als sie wieder an den Blonden dachte, wurde ihr unweigerlich schwerer ums Herz. Dieses blöde Arschloch von einem Wärter hatte ihr zuletzt nicht mal Zeit gelassen, sich von ihm zu verabschieden. Stattdessen hatte er sie wutschnaubend von ihm weggezerrt, obwohl sie noch gar nicht richtig bei Sinnen war.

Dass es den Typen gewaltig gegen den Strich ging, dass regelmäßig jemand nach Draco sah und seine Freunde versuchten, ihn aufzumuntern, war offensichtlich. Die Sache jetzt schien dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt zu haben, denn der Kerl war auf ihrem Rückweg tatsächlich noch beleidigender und ausfallender geworden, als sonst.

Ob sie kein Quäntchen Stolz besäße? Wie sie sich derart dem Abschaum der Magischen Welt hingeben könne? Was für eine Schlampe sie wäre? Ob sie überhaupt noch in einen Spiegel blicken könne? Letzteres vermied sie zurzeit in der Tat, jedoch aus gänzlich anderen Gründen.

Hinzu kam, dass es sie maßlos frustrierte und allen voran wütend machte, wie widerlich sich manche Menschen verhielten. Zwar war während den vergangenen beiden Jahren viel passiert, dennoch konnte man doch nicht so stur in Schwarz und Weiß einteilen! Man konnte doch nicht wirklich so hart- und kaltherzig sein? So gefühllos?

Was im Verborgenen liegt (1/?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt