43 | Dunkelheit

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• Amber Run - Fickle Game •

Ich wache mitten in der Nacht auf. Mir ist auf einmal schrecklich kalt, als würde es irgendwo ziehen. Obwohl ich die Augen öffne, erkenne ich nichts. Es ist stockdunkel im Zimmer; zu dunkel, um richtig sehen zu können. Nur durch die Balkontür scheint ein wenig Licht von draußen herein.

Langsam schließe ich wieder die Augen und taste das Bett nach Alec ab, aber ich kann ihn nicht finden. Ich reiße die Augen auf und drehe mich um. Eigentlich müsste Alec hinter mir liegen, eigentlich müsste sein Körper meinem Wärme spenden, aber der Platz neben mir ist komplett leer. Ich liege alleine im Bett.

Ungläubig reibe ich mir über die müden Lider. Vielleicht spielen mir meine Augen nur einen fiesen Streich und ich schlafe eigentlich immer noch tief und fest? Aber auch nachdem ich die Augen ein dutzend Mal schließe, mir über die Lider reibe und sie wieder öffne, ist der Platz neben mir leer und irgendwann realisiere ich, dass er tatsächlich nicht mehr da ist.

»Alec?«, rufe ich leise. In der Hoffnung, dass er sich hier irgendwo im Zimmer befindet, auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass er mitten in der Nacht aufsteht und sich versteckt.

Mit einem Mal bin ich hellwach. Ich setze mich im Bett auf und schaue mich um. Nachdem meine Augen sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt haben, kann ich wage Umrisse wahrnehmen, Umrisse von einzelnen Möbelstücken, aber weit und breit ist kein Alec in Sicht. Bibbernd schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper.

Plötzlich nehme ich draußen eine Bewegung wahr. Jemand scheint auf dem Balkon zu sein und dann fällt mir auf, dass die Balkontür nur angelehnt ist. Vielleicht ist es deshalb auf einmal so kalt hier drinnen? Aber was treibt Alec mitten in der Nacht auf den Balkon? Noch dazu im Winter! Ist er lebensmüde?

Ich nehme die Decke und wickele mich darin ein, bevor ich in Richtung Balkon laufe und langsam die Tür öffne. Die kalte Nachtluft schlägt mir sofort entgegen. Wie eine riesige Hand scheint sie nach mir zu greifen.

Zitternd ziehe ich die Decke fester um mich. Es ist noch kälter, als ich befürchtet habe. Viel lieber würde ich jetzt im Bett liegen und an Alecs Seite weiter schlafen, aber leider scheint das nicht möglich zu sein.

Ich hebe den Blick und als ich ihn sehe, fällt meine Kinnlade beinahe auf dem Boden auf. Irgendwie habe ich wohl bis eben gehofft, dass das hier nur ein Traum ist.

»Alec? Was machst du hier draußen?« Ungläubig reibe ich mir über die Augen, aber er ist immer noch da, also kann das keine Einbildung sein. Ich ziehe die Decke enger um mich und trete nach draußen. Als ich plötzlich die Zigarette zwischen Alecs Finger bemerke, bleibe ich wie angewurzelt stehen. »Und seit wann rauchst du?«

Alec sitzt auf einem Stuhl, neben ihm ein Tisch, auf dem ein Aschenbecher liegt. Er trägt nichts bis auf ein T-Shirt und eine Jogginghose. Nicht einmal eine verdammte Decke hat dieser Vollidiot sich mitgenommen. Wie lange er wohl hier draußen schon sitzt? Wenn er nicht bald ins Warme geht, holt er sich noch den Tod.

Er sieht mich an, öffnet den Mund, sagt dann aber nichts. Sein Blick liegt auf mir, während er den Kopf schief legt, als müsste er erst einmal nachdenken und seine Worte mit Bedacht wählen.

»Ich wollte nur frische Luft schnappen«, meint er nach langem Schweigen und lächelt. Aus irgendeinem Grund glaube ich ihm nicht. Ob er nicht schlafen kann? Er sieht müde aus, so als könnte er jeden Moment zusammenbrechen, aber irgendetwas scheint ihm keine Ruhe zu lassen; wie Alpträume, die ihn wachhalten.

Mit ruhigen Schritten gehe ich auf ihn zu und lege meine Hand auf seinen Arm. Ich ziehe scharf die Luft ein. Sein Arm ist eiskalt. Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber auch seine Lippen scheinen mir leicht blau zu sein. Ich sehe ihm in die Augen. Alec weicht meinem Blick aus, aber das viel zu spät, denn ich habe sie schon gesehen. Seine Augen sind rot, fast als...als hätte er geweint.

BadassWhere stories live. Discover now