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• Sleeping At Last - Uneven Odds •

Als ich am Morgen aufwache, erinnere ich mich nur langsam an die Geschehnisse der gestrigen Nacht. Es ist als wären die Erinnerungen ein riesengroßes Puzzle, das sich erst nach und nach wieder zusammenfügt. Leider hört sich das einfacher an, als es tatsächlich ist. Mein Kopf fühlt sich schrecklich an, als würden tausend kleine, nervige Männchen darauf herumlaufen. Nie wieder Alkohol, schwöre ich mir. Das geht einfach nie gut aus.

»Guten Morgen.«

Ich zucke erschrocken zusammen, als ich die Stimme höre. Bis jetzt habe ich geglaubt, dass ich alleine in meinem Zimmer bin, aber nachdem meine Augen panisch den Raum absuchen, sehe ich meine Mutter neben meinem Bett auf einem Stuhl sitzen, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie ist eigentlich nicht die Art von Mutter, die einfach so in das Zimmer ihrer Tochter gestürmt kommt, wenn sie denn Mal Zuhause ist, umso überraschender ist es, sie hier sitzen zu sehen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, dass sie hier schon lange sitzt und wartet. Nur worauf sie wartet, weiß ich nicht.

»Mum?«, stöhne ich, reibe mir dabei die müden Augen und hoffe, dass das hier nur ein böser Traum ist. Aber als ich die Augen wieder öffne, sitzt sie immer noch da und mustert mich. »Was machst du hier?«

Mein Körper tut schrecklich weh. Als wäre ich gestern einen Marathon gelaufen. Ich schaffe es nicht einmal, einen Finger zu heben. Jeder einzelne Knochen ist zum Zerreißen gespannt, selbst Knochen, von deren Existenz ich bis jetzt nichts wusste. Ich sollte wirklich nie wieder trinken, mich von keiner Loreen und keiner Nora zu irgendetwas überreden lassen.

»Alec hat dich gestern Nacht in dein Zimmer getragen«, sagt sie, ohne auf meine Frage einzugehen, und betont seinen Namen dabei extra. Sie schaut mich mit ihren grünen Augen so intensiv an, dass ich beinahe befürchte, dass sie jeden Augenblick meine Gedanken lesen wird. »Ich dachte, du wolltest nur mit Loreen ausgehen.«

Warum müssen Eltern nur so grausam sein? Sie gibt mir nicht einmal die Möglichkeit, mich erst einmal zu sammeln, stattdessen beginnt sie sofort mit ihrem Verhör. Mit ihren Fragen, die ich zu diesem Zeitpunkt selbst nicht wirklich beantworten kann. Ich kann mich nicht mehr an jedes klitzekleine Detail erinnern. Wenn ich versuche, an die gestrige Nacht zu denken und an das, was passiert ist, tut mein Kopf nur noch mehr weh.

Da sage ich einmal die Wahrheit und dann passiert so etwas. Na super. Ich habe sie ja nicht angelogen, als ich ihr erzählt habe, dass ich mit Loreen auf eine Party gehe. Aber als ich gestern Abend mit Loreen das Haus verlassen habe, hätte ich im Leben nicht damit gerechnet, dass ich Alec anrufen und er vorbeikommen würde. Ich hätte überhaupt nicht gedacht, dass der Tag so enden würde.

»Alec hat Ablenkung vom Lernen gebraucht, also ist er bei uns vorbeigekommen. Danach hat er mich nach Hause gefahren. Mehr ist nicht passiert. Ich bin wohl in seinem Auto eingeschlafen.«

»Soso«, meine Mutter nickt mit einem wissenden Blick im Gesicht, dabei weiß sie gar nichts. Sie glaubt bloß, sie wüsste, was los ist, aber wenn sie es wirklich wissen würde, würde sie mich vermutlich verurteilen. Wie kann ihre eigene Tochter nur so naiv und blind handeln? Niemand würde es verstehen, niemand der nicht in meiner Haut steckt. Ich verstehe es selbst kaum, aber sobald ich Alec auch nur sehe, ist es, als stecke ich in einem wunderschönen Traum. Ich kann nicht mehr denken, sagen oder tun, was ich möchte. Ich handle, bevor ich nachdenken kann.

Mum räuspert sich, schlägt die Beine übereinander und mustert mich kritisch. »Und ihr seid immer noch nur...Freunde?«

Ich massiere mir stöhnend die Schläfen. »Ja Mum, nur Freunde.«

BadassWhere stories live. Discover now