Kapitel 47

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Irgendwann weckten die Schmerzen mich dann auf. Wie ich es hasste. Nun würde ich nicht mehr schlafen können und ich versuchte mich daran zu erinnern, was für Tipps meine Mutter mir früher gegeben hatte. Bewegung und Kaffee. Ein Glück, dass ich nach Kaffee schlafen konnte. 

Leise und vorsichtig stand ich auf und blickte zu Raphael. Er schlief friedlich weiter. Auf Zehenspitzen verließ ich dann den Raum und ging genauso leise nach unten in die Küche. Dort setzte ich dann Kaffee an. Es war um vier. Eigentlich müsste ich mich danach gar nicht mehr hinlegen, dachte ich.

Während ich darauf wartete, dass der Kaffee durch ist, hockte ich mich hin. Dann ging das Licht im Flur an und Dave tauchte auf. Als er dann in der Küche den Lichtschalter betätigte, schien er genauso überrascht zu sein wie ich. Fragend sah ich ihn an. 

"Periode", antwortete ich knapp. Er nickte und öffnete den Kühlschrank. "Meine Wunde brennt. Wir haben vorhin den Verbannt gewechselt", erklärte er dann seinen Grund, weshalb er wach war. Keiner von uns beiden ging dann näher darauf ein. 

Stattdessen zeigte er auf die Kaffeemaschine. "Ich nehme auch ein", meinte er dann schmunzelnd. Ich sah zu ihm. "Und ich nehme ein Eis", entgegnete ich, bevor ich aufstand, um zwei Tassen heraus zu holen. Dann kippte ich den Kaffee ein und reichte ihm die Tasse. Er reichte mir dann das Eis. 

Zusammen gingen wir nach oben in mein Zimmer, wo ich mich auf mein Bett setzte, die Beine anzog und mein Eis verspeiste. Dieser Anblick musste Dave zum schmunzeln bringen. "Geht es dir jeden Monat so?", wollte er dann nach einiger Zeit wissen. Ich nickte. "Weißt du, meine Mutter-" Doch ich unterbrach ihn. 

"Dave stopp", sagte ich. "Ich werde mit dir ganz bestimmt nicht weiter darüber reden. Dafür habe ich Cora." Daraufhin musste er leicht lachen, nahm es aber hin und auch ich grinste, bevor ich ihm das Eis reichte. Doch er schüttelte den Kopf. Schulterzuckend aß ich es dann alleine auf. 

Das Gespräch mit Dave, so albern es auch war, lenkte mich dann etwas ab. Ich vergas sogar den Kaffee, während er seinen austrank. Irgendwann musste ich auf dem Bett eingenickt sein, denn als ich aufwachte, schlief Dave am Ende des Bettes ebenfalls. Kurz sah ich zu ihm. 

Sein blondes Haar war etwas länger. Und er hatte Bartstoppeln. Im allgemeinen wirkte er etwas älter, auch wenn ich wusste, dass das täuschte. Er verdiente diesen Schlaf. Vor allem, wenn er die ganze Nacht an dem Brennen gelitten hatte. 

Doch dann hörte ich ein Geräusch von unten. Es klang, als würde Glas zu Scherben zerfallen. Ein Fenster. Es wurde ein Fenster eingeschlagen. Leise, bedacht darauf, Dave nicht zu wecken, ging ich rüber zu Raphael und rüttelte ihn leicht. Er hatte länger geschlafen als Dave. Und es war sein Haus. 

Müde sah er zu mir hoch, verwundert darüber, dass ich nicht neben ihm lag. "Jemand ist hier", sagte ich leise. "Unten wurde ein Fenster eingeschlagen." Sofort wirkte er hellwach. Die Flügel waren verschwunden und er zog sich rasch eine Hose und ein Oberteil an. Dann sah er zu mir. 

"Vielleicht ist jemandem auch nur ein Glas runtergefallen", versuchte er mich zu beruhigen, auch wenn er selbst nicht daran zu glauben schien. Dann jedoch ertönte ein Schrei. Das klang nach Skylar. Sofort wollte ich zur Tür, doch Raphael hielt mich fest und schüttelte mit dem Kopf, bevor er sich das Schwert schnappte und nach unten ging. 

Verzweifelt sah ich ihm nach. Hoffentlich weckte er Raziel und nahm ihn mit. Doch ich konnte nicht einfach hier oben bleiben und nichts tun. Also ging ich in den Flur und sah die Treppe hinunter, in der Hoffnung, etwas erkennen zu können. Jemand stellte sich zu mir. 

"Was ist los?" Es war Cora. Sie hatte wohl wieder bei Azzurra geschlafen. Ich erzählte ihr von dem Fenster und dem Schrei. Geschockt sah sie erst zu mir und dann nach unten. Bevor sie ins Zimmer zurück rannte. Vermutlich, um Azzurra zu wecken. Während sie das tat, ging ich leise nach unten, um zu sehen, was gerade geschah. 

Es war mutig und vielleicht dumm. Doch wenn Raphael in Gefahr war, musste jemand den anderen Bescheid geben können. An einer Ecke blieb ich stehen und da standen sie; Michael und Gabriel. Gegenüber standen ihnen Raziel und Raphael. Gott sei dank ist er nicht alleine herunter gegangen. 

Sie stritten. Gabriel spottete über Raphael und seine Politik. Er fand es albern, Menschen mehr Rechte zu geben. Wir sollten ja froh sein, überhaupt noch zu leben. Wenn ich ihn noch nicht gehasst habe, dann tat ich das jetzt. Was erlaubte er sich? Menschen waren nicht perfekt, aber es ist unser Planet gewesen, bevor die Engel kamen. Vielleicht hätten wir uns alle umgebracht. Oder eben nicht. Vielleicht wäre ein Frieden zustande gekommen. Wir werden es nie erfahren. 

Auf einmal spürte ich eine Klinge an meinem Hals. Scheiße, dachte ich. Natürlich waren Gabriel und Michael nicht alleine gekommen. Sie hatten Soldaten mitgebracht. Hinter mir ertönten weitere Schritte. "Lass mich los du Arschloch", ertönte Coras Stimme. Sie war mir hinunter gefolgt und wurde ebenfalls entdeckt. 

Wir beide wurden zu den vieren in den Raum gebracht. "Na wen haben wir denn da?", kam es von Gabriel. Er grinste. Es war ein siegessicheres Grinsen. Er hatte ja keine Ahnung. Ich wirkte vollkommen ruhig. Doch ich wusste, wie man sich aus einer solchen Situation befreite. Azzurra hatte es mir beigebracht. 

Gabriel drückte Raphael, der zu geschockt war, als er mich gesehen hat, zu Boden. "Ach Citiana. Du hättest so ein einfaches Leben haben können, aber du musstest dich ja auf Raphaels Seite stellen", sagte er. Michael stand nur stumm daneben. Einer der Soldaten trat Raziel in die Kniekehlen, damit auch er zu Boden ging. 

"Hättest du gewollt, dass ich mich gegen ihn stelle, hättest du mich an Michael verkaufen müssen", zischte ich wütend. Wütend darauf, dass man Menschen überhaupt hatte verkaufen können. Wütend darauf, dass er mich von meiner Familie trennte. Und wütend darauf, dass er uns jahrelang angelogen hatte, was Europa betraf. 

Jemand von dem ich nie erwartet hätte, dass sie auftauchen würde, schlich sich währenddessen an Michael heran und hielt ihm ein Schwert an die Kehle. Freya. Sie war in einem Nachthemd, doch wirkte kampfbereit. "Hallihallo Michaelangelo", sang sie leicht und grinste dabei. Es war nicht nur irgendein Schwert. Sondern das Schwert eines Erzengels. Woher hatte sie das? Raphael und Raziel hatten ihre. Genauso wie die anderen zwei.

"Schön dass nun so gut wie jeder bedroht wird, oder?", fuhr sie fort. Ein Soldat hatte Einwände. "Da liegst du falsch", sagte er. Doch Freyas Grinsen wurde breite. "Dreh dich um, Schnuckelchen", ertönte die Stimme von Dave. Sein Schwert, das erkannte ich, als ich mich umdrehte, hielt er gegen den Rücken des Soldaten. Malia tat es ihm gleich. 

Vorsichtig standen Cora und ich auf. Schließlich konnte uns jetzt niemand mehr etwas anhaben. Außer Gabriel. Nur er stand bedrohungslos herum. Doch das änderte sich schnell, denn Raziel richtete sein Schwert auf ihn. "Ich würde ja nicht behaupten, dass wir in der Überzahl sind, aber das sind wir nunmal", sagte Freya schulterzuckend. 

Gabriel öffnete seinen Mund, doch in dem Moment betraten Azzurra und Brooke den Raum. Beide bewaffnet. Plötzlich, wie aus dem nichts, zogen auch die anderen ihre Waffen. Nun bedrohte also jeder jeden. Na super. 

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