Kapitel 10

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Nervös sah ich unauffällig zwischen Raziel und Raphael hin und her, denn einer von beiden würde nun eine Antwort von sich geben. Raphael lehnte sich auf seinen Stuhl zurück und blickte Malia an. 

"Weil ich es so will", war seine Antwort. Nicht mehr und auch nicht weniger. Zugegeben, ich hatte eigentlich mit einer etwas ausführlichen Begründung gerechnet, doch wenn es nur das war, dann würde ich es auch akzeptieren. Das bedeutete schließlich, dass wir nichts falsch gemacht hatten. 

Malia sah ihn etwas ungläubig an und ihre perfekten Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. Sie verstand es nicht. Während sie zu grübeln schien, nahm Cora sich etwas zu Essen.

Hierbei beobachtete ich Raphaels Reaktion. Sollte er jetzt etwas zu ihr sagen, würde ich den Mund aufmachen, denn schließlich war er derjenige, der uns zu dem Essen hier eingeladen hatte. Doch er blieb still und begann nun selbst, etwas zu essen. 

Hungrig nahm auch ich mir schlussendlich etwas und beachtete die anderen gar nicht mehr weiter. Es tat gut, mal etwas anderes als belegtes Brot zu sich zu nehmen und im Hinterkopf fragte ich mich noch immer, weshalb er es tat. 

Nach einer Weile waren alle Teller leer. Auch der meine. Cora und ich sahen uns an, bevor wir aufstanden, denn nun war es Zeit, um den Tisch abzuräumen. Kurz überlegte ich, mich zu bedanken. Doch jetzt war es recht ungünstig und so entschied ich mich dafür, dies später zu erledigen. 

Die Teller räumte ich in den Geschirrspüler ein und dann half ich Cora dabei, den Rest mit der Hand abzuwaschen und abzutrocknen, bevor wir es in die davor vorgesehenen Schränke räumten. 

Sie wirkte glücklich, was selten geworden war. Da trifft das Sprichwort 'Du bist was du isst' wohl zu, dachte ich und musste leicht schmunzeln. Wir blieben noch etwas in der Küche und unterhielten uns über dieses und jenes. Zudem erzählte sie, dass der Rat der Engel morgen wieder zusammen treffen würde. Hier in Paris. 

Gerade wollte ich sie fragen, woher sie diese Information hatte, denn nirgendwo war ein Fernseher oder ähnliches zu sehen, wodurch sie es hätte erfahren können. Und Engel redeten mit Menschen normalerweise nicht über Engelspolitik. 

"Hat da etwa jemand geschnüffelt?", ertönte eine weibliche Stimme und Cora, die mich ansah, verdrehte entnervt die Augen. Wenigstens war ich nicht die einzige, die genug von Malia hatte. Im Grunde war es mir egal wie lange Raziel blieb, doch würde er gehen, dann war auch sie verschwunden. Wie konnte man das nicht wollen?

Cora und ich sahen zu ihr. Ihre Haare lagen offen und sie hatte die Arme verschränkt, während sie uns kritisch musterte. Das sorgte dafür, dass ich mich begann, unwohl zu fühlen. Engel waren wunderschön, auch Malia. Dagegen wirkten wir Menschen immer hässlich, egal was wir trugen oder wie wir aussahen. 

"Ihr wisst, dass dies eine Strafe mit sich zieht. Raphael mag einiges lockerer sehen, doch Schnüffelei?" Während sie das sagte grinste sie, als würde sie sich darüber freuen. Was hatten wir ihr getan? Oder hatte sie einfach nur das Bedürfnis, Personen, die niedriger gestellt waren, fertig zu machen? 

Cora machte einen Schritt nach vorn und hätte ich sie nicht festgehalten, dann wäre das bestimmt nicht gut ausgegangen. Für beide Seiten. Also hielt ich sie fest, musste aber selbst erst einmal innerlich bis zehn zählen, bevor ich antworten konnte. 

"Jeder weiß, wann der Rat der Engel tagt. Das ist ein offenes Geheimnis", sagte ich und ließ Cora wieder los. Es war gelogen, denn eigentlich hatte ich es nicht gewusst, doch irgendwie musste ich Cora schützen. So etwas taten beste Freundinnen nun einmal. 

Nun sah Malia nur noch mich an und in ihrem Blick konnte ich puren Hass erkennen. Sie war nun diejenige, die einen Schritt auf mich zu machte. Malia war größer als ich, was ich erst jetzt zu bemerken schien. 

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